Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Der Weg ins Freie
Page - 294 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 294 - in Der Weg ins Freie

Image of the Page - 294 -

Image of the Page - 294 - in Der Weg ins Freie

Text of the Page - 294 -

Ausrede sein. Als er bei Rosners eintrat, saß die Mutter allein am Tische, sah von einem Buche auf und klappte es zu. Über den Tisch, gleichmäßig nach allen Seiten, glitt von oben der Schein einer leicht hin und her schwingenden Lampe. Josef erhob sich aus einer Divanecke. Anna trat eben aus ihrem Zimmer, strich mit beiden Händen über das hochgekämmte, gewellte Haar, begrüßte Georg mit leichtem Kopfneigen und hatte für ihn in diesem Augenblick mehr von einer Erscheinung als von einer wirklichen Gestalt. Georg reichte allen die Hand und erkundigte sich nach dem Befinden des Herrn Rosner. »Es geht ihm nicht grad schlecht«, sagte Frau Rosner. »Aber aufstehen kann er halt schwer.« Josef entschuldigte sich, daß er schlafend auf dem Divan betroffen worden war. Er mußte den Sonntag benutzen, um sich auszuruhen. Er bekleidete eine Stellung bei seiner Zeitung, die ihn nachts manchmal bis drei festhielt. »Er ist jetzt sehr fleißig«, bestätigte auch die Mutter. »Ja«, sagte Josef bescheiden, »wenn man gewissermaßen einen Wirkungskreis hat… « Er bemerkte weiter, daß der »Christliche Volksbote« sich einer immer größern Verbreitung erfreue, sogar draußen im Reich. Dann richtete er an Georg einige Fragen über dessen neuen Aufenthaltsort, interessierte sich lebhaft für Bevölkerungszahl, Zustand der Straßen, Verbreitung des Radfahrsports und Umgebung. Frau Rosner ihrerseits erkundigte sich höflich nach der Zusammenstellung des Repertoires, Georg gab Auskunft, bald war ein Gespräch im Gange, an dem sich auch Anna sachlich beteiligte, und Georg fand sich plötzlich zu Besuch in einer Bürgerfamilie von angenehmen Umgangsformen, in der die Tochter des Hauses musikalisch war. Die Unterhaltung gelangte endlich dahin, daß Georg sich zur Äußerung des Wunsches veranlaßt fand, die junge Dame wieder einmal singen zu hören – und er mußte sich gleichsam besinnen, daß es ja seine Anna war, deren Stimme zu vernehmen ihn verlangt hatte. Josef entschuldigte sich; ein Rendezvous im Kaffee mit Klubgenossen rief ihn ab… »Wissen sich Herr Baron noch zu erinnern… die flotte Gesellschaft auf der Sophienalpe?« »Gewiß«, sagte Georg lächelnd. Und er zitierte: »Der Gott, der Eisen wachsen ließ… « »Der wollte keine Knechte«, ergänzte Josef. »Aber das singen wir schon lange nicht mehr. Es ist zu verwandt mit der ›Wacht am Rhein«; und man soll uns nicht mehr nachsagen, daß wir über die Grenze schielen. Es hat große 294
back to the  book Der Weg ins Freie"
Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Weg ins Freie