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20 A. Kontexte, Aspekte, Kommentare
einer seiner jungen Anhänger : »Er bringt das Glück, das Jesus nur versprach …« (E 119,
kursiv : D.G.).
Die schroffe Konfrontation zwischen Christen- und Judenheit erreicht im dritten
Akt des Dramas ihren Höhepunkt : auf der einen Seite der auftrumpfende, fanatische
und dämonische Barnabas, auf der andern die geheimnisvolle, anonym bleibende Ge-
stalt eines demütigen, universaler Nächstenliebe verpflichteten »fremden« Juden. Die
seitenlange, extrem zugespitzte polemische Auseinandersetzung der beiden ungleichen
Glaubensvertreter erinnert unverkennbar an die berühmte Disputation zwischen dem
Franziskanermönch José und dem Rabbiner Juda in einem der längsten Gedichte aus
den späten Hebräischen Melodien (1851) Heinrich Heines, der von Weisl mit Bewunde-
rung in seinen Memoiren häufiger zitiert wird (vgl. auch AWI 274). Und wie bei Heine
der Mönch, agiert auch bei Weisl der Bischof als weit widerwärtiger gezeichneter, in-
transigenter Streiter, der am Ende der Debatte über seinen, sich zurückziehenden jüdi-
schen Gegenspieler ebenso den rachsüchtigen Bannfluch verhängt wie über den »Frev-
ler« Bar Kochba, den »Feind des Heilands« und Inbegriff des »Satans« (E 121). Bar
Kochba werde, so warnt Barnabas die jüdischen Rebellen, eine noch weit barbarischere
Herrschaft ausüben als die besiegten Römer.
Die jüdische Religion verkommt in Barnabas’ Blick zur Ketzerei, der nur mehr eine
gezielte Teufelsaustreibung beizukommen vermöge. Während bei Heine beide Dispu-
tanten, der Rabbi wie der Mönch, gleichermaßen »stinken«, also ekelerregend und ab-
stoßend wirken, obsiegt bei Weisl der empathische, »fremde« Jude, der vor allem die
Jugend für Bar Kochbas Kampf gegen die Römer zu gewinnen vermag und zudem die
charismatische Ausstrahlungskraft besitzt, sie zum ursprünglichen jüdischen Glauben
heimzuführen.
Die brisante Sprengkraft, die Wolfgang von Weisl in seinem Schauspiel der Revolte
Bar Kochbas verleiht, richtet sich nicht nur gegen die imperialistischen Römer und die
abtrünnigen »Judenchristen«, sondern fördert auch auf mehreren Ebenen innerjüdische
Konflikte zutage : zwischen Arm und Reich, Herr und Knecht und – typisch expres-
sionistisch – zwischen den Generationen, der Väter und der Söhne. Als kompromiss-
loser Sozialrevolutionär tritt Bar Kochba für eine Umverteilung des Besitzes von Grund
und Boden ein und stellt – im erklärten Gegensatz zu Rabbi Josua als dem Reprä-
sentanten der alten, biblischen Gesetzgebung – die universale »Gerechtigkeit« für »alle
Menschen« über das herkömmliche, relativierende, abgestufte, nur einzelne Gruppen
privilegierende Recht. Mit solch verheißungsvoller Sozialutopie erhält das Drama eine
effektvolle Finalisierung (E 141) :
Rabbi Josua (tritt hart an Bar Kochba heran, stark) :
Recht und Pflicht und engende Satzung
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355