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152 C. Wolfgang von Weisl
Ibrahim Beg sprach mit dem Verwundeten, während der H’san-Beduine aus dem
Schatten des Karubbaumes ins Freie trat und hinüber nach Metulla sah, unbekümmert
um die Schüsse, die rasch nacheinander, Dutzende von Metern von ihm entfernt, in den
Boden klatschten. Er lachte. »Die Juden schießen schon wieder. In ein paar Tagen haben
sie keine Patronen mehr. Dann werden wir angreifen. Bis dahin, Ibrahim Beg, gehen wir
zu den christlichen Dörfern im Mardsch-Uyun. Dort wohnen Verräter, die es mit den
Franzosen halten … und die Christen haben ihr Vieh nicht weggeschafft.«
Ibrahim Beg verstand, dass die Verwundung Schükri Effendis den Kriegsrat beendet
hatte. Er nickte daher freundlich.
»Nach deinem Willen, ya Scheich ! Lassen wir die Juden für später und gehen wir
jetzt nach dem Mardsch. Du aber und die Deinen, Ihr werdet hier bleiben und Metulla
einschließen. Im Mardsch werden wir anderen kämpfen.«
Die Drusen lachten. Der Scheich sah den Atrasch böse an, wandte ihm den Rücken
zu und ging zu seinem Pferd, das ein paar hundert Schritte hinter dem Hügel angebun-
den war, außerhalb des Feuerbereiches. Ein richtiger Beduine nimmt sein Pferd nicht in
die Gefahr mit, wenn er es vermeiden kann.
»Der Teufel fresse dich und deinen Glauben«, schimpfte der Araber, während er sein
Tier losmachte. »Es ist eine Schande, dass ein gläubiger Araber mit einem Drusen ge-
gen die Juden kämpfen muss. Die Juden sind mir lieber als du.«
Ähnliches versicherte unterdessen Ibrahim Beg seinen drusischen Begleitern : »Die
Juden haben wenigstens Mut. Aber diese Araber – tausend sind sie und wagen sich
nicht an dreißig heran ! Die Franzosen werden mit ihnen fertig werden, und wir Drusen
werden dann Blutgeld für diese Feiglinge zahlen müssen. Der Teufel soll sie holen !«
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Vom »Berg des Alten«, der schneegekrönten mächtigen Pyramide des Hermon, wehte
der Abendwind, peitschte regennasse Eukalyptusbäume, pfiff durch die schmale Jor-
danschlucht und tanzte auf den rasend dahinschnellenden Wellen. Die Oleanderbüsche
neigten und beugten sich, tauchten ihre Spitzen in das weißliche Wasser, schlugen ihre
Gerten gegen das zweimannshohe Schilf, das aufgeregt rauschte. Tiefe regenschwarze
Wolken krochen über die Sonne. Die letzten Tage des Frühjahrsregens waren gekommen.
»Kein Licht mehr zum Schießen«, ärgerte sich der Jude mit dem langen, blauschwarzen
Haar, der vorhin mit dem arabischen Parlamentär verhandelt hatte und der jetzt aus einer
Schießscharte im verrammelten Fenster des Eckhauses von Metulla nach dem wolken-
beschatteten Hügel mit der Scherifenfahne vor dem Karubbaum äugte.
»Vorhin habe ich den Mann mit der weißen Keffiye erwischt, weil die Sonne auf
ihn fiel – jetzt ist es Schluss für heute. Vor Mitternacht greifen die Araber nicht an.«
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Abkürzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- Einbürgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355