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154 C. Wolfgang von Weisl
dimir Michailowitsch – slicha, Verzeihung«, verbesserte er sich –, »Eldad Schu’al hat
Recht gehabt, als er den Araber wegschickte. Die Leute sind keine Soldaten, sondern
Räuber. Sie hätten uns aus dem Dorf ziehen lassen, und auf offenem Feld hätten sie
uns niedergeschossen. Unsere Gewehre sind fĂĽr sie kostbar. Und noch eins : hier halten
sie uns für stärker, als wir sind. Wenn sie erst wissen, wir sind nur zehn …« Er stockte.
Blickte auf die Kolonistensöhne, die er nicht für voll nahm, und fügte zögernd hinzu :
»Und sechs. Also sechzehn Mann !« Er machte eine hoffnungslose Bewegung und sah
starr vor sich auf den festgestampften FuĂźboden, der mit Zigarettenstummeln, Streich-
hölzern, Papierfetzen besät war. »Das Beste ist : lasst sie nicht zu nahe herankommen.
300, 200 Schritte sind das Äußerste. Dann schießt !«
Eine drĂĽckende Pause entstand. Die jungen Arbeiter fĂĽhlten sich unbehaglich. Der
Advokat bemerkte es und begann wieder, diesmal an Eldad gewandt : »Aber du, Eldad,
du bist wie ein Goj20, wie ein Russe. Trumpeldor hat befohlen ! Wir haben zu sterben,
wir haben nicht zu ĂĽberlegen ! Was sind das fĂĽr Worte ? Wir sind Kameraden, wir haben
das Recht, uns zu beraten, ob etwas fĂĽr uns nĂĽtzlich ist oder nicht. Ich sage : Du hast
Recht gehabt, den Parlamentär mit deiner hochtrabenden, romantischen Antwort fort-
zuschicken. Auch wenn der Araber nur die Hälfte von deinem jammervollen Arabisch
verstanden hat, so mag das auf diese primitiven Menschen gewirkt haben. Aber trotz-
dem beantrage ich fĂĽr die Zukunft, dass man dir zwei Genossen zur Seite setzt, so dass
du nicht mehr allein so wichtige Entscheidungen treffen kannst.«
»Bist du fertig ?«, fragte Eldad, während die anderen Männer zu streiten began-
nen. »Ja ? Dann höre meine Antwort : Es gibt keine Abstimmung über die Wahl einer
Kommission, und wenn ihr auch noch so enttäuscht sein solltet. Es gibt nicht einmal
eine Diskussion über den Antrag Steinbergs.« Er hielt inne, sah die Kameraden an und
sprach leise, schneidend, weiter, mit einem herrischen Ton in der Stimme, der aufrei-
zend wirkte und aufreizend wirken sollte. Eldad liebte Widerspruch, um ihn nieder-
werfen zu können : »Trumpeldor gab mir das Kommando. Vielleicht, weil auch ich es
zum Leutnant der zaristischen Armee gebracht habe wie erÂ
– vielleicht auch nur, weil er
sah, dass ich gehorche, wo ihr diskutiert. Aber eines weiĂź ich : Trumpeldor dort unten
in Tel Chai ist verloren, und wir sind verloren. Trumpeldor weiß, dass hier die Hölle los
ist. Dass ein paar tausend Araber und Metualis durchs Jordantal streifen und dass wir
paar Dutzend Arbeiter mit ihnen nicht fertig werden können. Nur um eines geht es :
Wenn die arabischen Banden das Jordantal erobern, dann mĂĽssen hier so viele jĂĽdische
Leichen liegen, dass unser Blut unseren Brüdern Anspruch auf den Norden Palästinas
20 Vgl. unten AWI 299 und LWV 18, wo Weisl beklagte, dass er seinem eigenen Volk »ein Fremder
blieb«, das ihn gar »für einen ›Goj‹ hielt«.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355