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268 C. Wolfgang von Weisl
»Aber auch wenn die Juden noch mehr Geld hergeben, auch wenn wir in zwanzig
Jahren nicht 500.000 Dunam haben, sondern dreimal so viel, auch dann sind wir doch
Zwerge im Völkerleben. Auch mit 1500 Quadratkilometern jüdischen Bodens würden
wir im Jahre 1940 weniger Land besitzen als ein deutscher und ungarischer Aristokrat …
Mit noch so viel Schnorren und Spenden kann man kein Land befreien.«
»Aber Boden braucht man, nicht wahr ? Woher wollen Sie ihn denn dann nehmen ?
Wollen Sie ihn den Arabern rauben, he ?«
»Aber das alles habe ich doch hier geschrieben«, schrie Eldad verzweifelt und schlug
mit der Faust auf die Denkschrift. »Hier steht es ja klar und deutlich. Warum haben Sie
denn das alles nicht gelesen ?«
Kazprin murmelte etwas von »uninteressanten Details, die nichts mit den Grundfra-
gen zu tun hätten«, während Eldad auseinandersetzte, dass erstens die Regierungslän-
dereien erworben werden müssten, deren Urbarmachung noch immer billiger käme als
die Käufe von Privatland, das ja nachher auch noch urbar gemacht werden müsste, und
dass zweitens der Boden grundsätzlichÂ
– wenn auch billiger als der Einkaufspreis, unter
Hypothekisierung des RestsÂ
– an Privatleute verkauft werden müsse.
Ungeduldig winkte Kazprin ab. »Also auch das Prinzip der Nationalisierung des Bo-
dens geben Sie auf. Mein Sekretär ist gegen das Nationaleigentum am Boden und für
Privatbesitz. Unfassbar.«
»Nein, Herr Kazprin, ich bin für Nationalisierung des Bodens. Aber ich sehe, dass
auch heute Privatleute Boden in Palästina kaufen. Ich sehe, dass sie dadurch nicht nur
selbst teureren Boden erwerben, als nötig wäre, sondern dass sie die Preise verteuern,
die morgen der Nationalfonds bezahlen muss. Also ist es doch klüger, dass wir ihnen –
unter gewissen Einschränkungen – den Boden verkaufen, den der Fonds erwirbt, dass
wir ihnen diesen Boden billiger geben, als er je von arabischem Boden ĂĽbrig bleiben
wird, und dass wir ihnen unsere Preise diktieren, statt dass die Privatkäufer sie diktieren.
Mit dem Geld, das wir für unsere Böden erhalten, kaufen wir neues Land, und so ver-
vielfachen wir sofort unser Budget, so dass wir in der Lage sind, mehr Geld zu spenden.
Die Hypotheken, die wir auf den Böden lassen, tragen auch Geld, und so kommt immer
mehr Macht und Geld dem Nationalfonds zu, unabhängig von seinen Spendeneinnah-
men, die unterdessen natürlich weiter gehen.«
»Ja, und die Herren Privatleute, die auf dem Boden des Nationalfonds sitzen, werden
dann natürlich nicht selbst arbeiten, sondern jüdische Proletarier ausbeuten«, rief Kaz-
prin mit bitterem Lachen.
»Sollen sie, sollen sie«, eiferte Eldad. »Besser, jüdische Kapitalisten legen ihr Geld
in palästinensischen Boden an als in Deutschland oder Österreich oder Ungarn. Besser,
sie beuten jüdische Proletarier in Palästina aus, als dass diese Proletarier in der Ukraine
oder im Jemen von Verbrechern ausgebeutet oder erschlagen werden. Besser, ein jĂĽdi-
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355