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Der Anfang der Wandlung Israels 287
und regelmäßig, wie er wild und asymmetrisch erschien, mit einer Haut, die ebenso zart
und weiĂź war wie die seine sonnenverbrannt, und beinahe zierlich wanderte sie wie eine
goldene Statue neben dem breitschultrigen, sporenklirrenden Reiteroffizier.
UnwillkĂĽrlich wendeten sich alle Augen diesem Paar zu, das so ungleich war und
so gut zusammenpasste. Ein paar junge Burschen klatschten nach arabischer Sitte in
die Hände, um die neuen Gäste zu begrüßen, und da – eine Stimme schrillte aus der
Menge : »Hineh180 Eldad Schu’al ! Der tapfere Mann von Metulla ! Jechi ! Hoch !« Und
die Hunderten, die hier Purim feierten, schlugen die Hände zusammen und jauchzten :
»Jechi ! Schual ! Hedad !« Sie jubelten weniger aus Begeisterung für den Genossen, des-
sen Namen neun Zehntel derer, die ihm applaudierten, zum ersten Mal hörten, als aus
Freude über die Abwechslung und weil sie froh waren, dass ein Junge, der so schön aus-
sah und der ein so schönes Mädchen bei sich hatte, auch eine schöne Tat irgendwann,
irgendwo vollbracht hatte.
Eldad lachte vor VergnĂĽgen. So gleichgĂĽltig er gegenĂĽber den Komplimenten des
Doktor Hamber geblieben war, so empfindsam war er fĂĽr den Beifall, der ihm aus den
Reihen dieser Jugend entgegenschlug und den er für Liebe und Verständnis nahm.
Hanna hatte beinahe Tränen der Freude in den Augen. Sie liebte es, auf Eldad stolz sein
zu können ; ihr Stolz war die Hälfte ihrer Liebe und vielleicht mehr als die Hälfte.
Durch die Menge drängte sich ein Mann in buntem, seidenem Kaftan ; vom Kinn
hing ihm ein hässlicher, roter Bart herab, eine große Brille saß auf seiner langen, spitzen
Papiernase, und ein meterhoher Turban krönte seinen Kopf. Er fasste Schu’als Hand
und schĂĽttelte sie kräftig : »Fein, heute, he ? Vor einem Jahr warst du anders verkleidetÂ
–
viel einfacher. Dafür war es auch finsterer auf dem Weg nach Banias.«
Die Stimme der Maske dröhnte dumpf hinter dem Wergbart181 hervor. Schu’al ver-
suchte, sich zu erinnern, wo er sie gehört hatte. Der »Haman«, den die Maske offenbar
darstellte, lachte schmetternd : »Erkennst du mich nicht mehr ? Soll ich dir eine Hand-
granate unter die Füße werfen, um deinem Gedächtnis nachzuhelfen ?«
»Danon, Kamerad !«, schrie Eldad froh, »Hanna, das ist Elieser Danon, der tapferste
Bursch, den ich je gesehen habe, Spaniole wie du ! Danon, das ist Hanna, meine Braut !
Das ist für mich die schönste Purimfreude, dich wiederzusehen ! Wo hast du gesteckt ?«
Er packte Danon am Arm und zog ihn auf die Seite. Harzwi war lange schon mit
Hella in den Reigen getreten ; die Musik schmetterte dröhnend, die Füße stampften
den Takt der »Horah«, des neuen Nationaltanzes des jungen Palästina, der übrigens
aus Rumänien importiert ist, wenn die Überlieferung stimmt. Den rechten Arm um
die Schultern Hellas, seinen linken um die eines schmalen, kleinen polnischen Jungen
180 Hineh (hebr.) : »hier ist, sieh da !«
181 Werg : Fasern von Hanf oder Flachs.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355