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Der Anfang der Wandlung Israels 319
umsteigen – Wagen wechseln nach Kairo. Lia bat Georges, ihr ein paar illustrierte Zei-
tungen am BĂĽcherstand zu kaufen. Als er zurĂĽckkehrte, setzte sich der Zug nach Kairo
gerade in Bewegung. Farughi sprang auf, ging zu seinem Abteil – aber Lia und ihr Ge-
päck waren verschwunden.
Lia hatte sich sanft und leise, wie es ihre Art war, verabschiedet. Sie fuhr nach Jeru-
salem zurĂĽck.
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Für Eldad ist das eine harte Zeit. Härter, als er gedacht hat. Keine Ruhe, um über
Hanna nachzudenken, keine Möglichkeit, sie wiederzusehen, wie er gewünscht
hatte. Einmal war er nach Jerusalem gekommen, seinen Koffer abzuholen, hatte nur die
Mutter getroffen. Die alte Frau Asriel hatte ihn bei der Hand genommen, zum Sitzen
gezwungen und lange betrachtet. Dann hatte sie aufgeseufzt : »Glaub’ mir, mein Sohn,
es ist besser so. Ein Mann wie du darf nicht heiraten. Du hast Anderes vor dir, Schwere-
res. Gott möge dir dabei helfen und dich segnen.«
Und dann hatte sie ihm die Hände auf die Stirn gelegt und geflüstert : »Gott segne
dich wie Ephraim und Manasse.«199 War aufgestanden und hatte ihn auf die Stirn ge-
kĂĽsst. »Mein lieber JungeÂ
– mein guter Junge ! Leb’ wohl.«
Und Hanna hatte er nicht wieder gesprochen. Nie wieder.
Es kamen immer schlimmere Nachrichten aus den Städten und Kolonien. Der
Alarm, den die Reden am Bahnhof beim Abschied Farughis machten, war nur das letzte
Warnsignal. Selbst die ältesten und vertrauensseligsten Bauern der großen Kolonien
am Meer nahmen verängstigt die wachsende Unruhe unter den arabischen Pflanzungs-
arbeitern wahr.
Eldad musste von Kolonie zu Kolonie reiten. Am schlimmsten stand es in Chedera,
der Waldkolonie, die der Pariser Rothschild Anfang der 1880-er Jahre auf halbem Weg
zwischen Haifa und Jaffa gegründet hatte. Die Kolonisten waren arme, verhärmte Men-
schen, ohne Hoffnung, ohne Glauben an eine Zukunft. Ihre Siedlung lag zwischen rie-
sigen SĂĽmpfen, war jahrzehntelang von schwerster Malaria verseucht gewesen. Keine
Familie gab es, die nicht zwei oder drei Kinder auf dem Friedhof liegen hatte. Malaria
ist oft noch schlimmer als die Pest. Der Weltkrieg hat zur einheimischen Malaria noch
die tropische gebracht ; von den neuen Arbeitern, die in Chefziba200 und anderen Dör-
fern arbeiteten, lagen oft 80Â % gleichzeitig fieberkrank im Zelt. Die groĂźen, schattigen
199 Ephraim und Manasse (Mose 1) : Brüder, Söhne von Josef und Enkel von Jakob, dem Stammvater
der Israeliten.
200 Chefziba : Siedlung am Fuß der Gilboa-Berge (Nordpalästina).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355