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Der Anfang der Wandlung Israels 333
Harzwi hat übrigens geheiratet und wird sich auch dort niederlassen.« Eldad stimmt
lustlos zu. Ihm ist jeder Ort recht. Am Gilboa ist es gefährlicher, also besser. Der Gilboa
ist von Jerusalem, von Hanna weit entfernt.
Einige Wochen später verabschiedet sich Eldad am Grab von Beilinson und verlässt
Petah-Tikwa auf seinem dunkelgrauen Pferd, vorbei an den Häusern am Dorfrand, die
in Brand gesteckt wurden und deren zerstörte, verrußte Mauern zwischen dem wilden
Grün der kleinen Gärten hervorragen. Er reitet durch die weite Öde bis nach Tel Aviv.
Hier blickt er auf die neu erstehende Stadt. Die FlĂĽchtlinge aus Jaffa stehen mit Schub-
karren und Körben an den Straßenrändern. Sie bauen neue Wege, sie mischen Zement
und fahren Kies zu den Gebäuden. Häuser mit Wänden aus hellem Silikat211, Fabriken
der Bausteinindustrie schieĂźen wie Unkraut aus dem Erdboden. Kies und Wasser gibt
es genügend. Die Julisonne ersetzt den Zementmischer. Die Häuserbesitzer stellen mit
eigenen Händen die nötigen Bausteine her. Täglich produzieren sie einige hunderte
Bausteine, nachdem sie den ganzen Tag in der Stadt StraĂźen gebaut haben. Eldad sieht,
wie die junge Stadt anwächst. Vor seinen Augen weitet sie sich aus. An jeder Ecke ent-
steht neues Leben. Araber kommen singend und tanzend und bringen auf den RĂĽcken
ihrer Kamele Kies fĂĽr die Zubereitung von Zement. Jetzt helfen sie, die jĂĽdische Stadt
zu bauen, nachdem sie die Stadt erst gestern hatten angreifen wollen. Der Friede ist
wieder im Lande eingekehrt.
Tief in Gedanken reitet Eldad weiter in den Norden. Er sieht zerstörte Wälder, aus-
gerissene Pflanzungen, verbrannte Häuser. Gedankenvoll pfeift er und blickt zum Him-
mel hinauf, der sich über das ganze Land ausbreitet. »Nichts wird uns aufhalten können,
nichts wird uns stören«, lautet das Lied, das im Takt mit dem Trott seines Pferdes in sei-
nem Herzen ertönt : »Wir bauen neue Städte und pflanzen neue Obstplantagen. Bisher
sind die zerstörten Judendörfer noch nicht wieder aufgebaut worden. Und ich, Eldad
Schu’al, reite nach Norden, in Richtung Transjordanien, dahin, wo die Juden im Flusstal
bei Ein-Harod, der Quelle des Helden Gideon212, neuen Boden erworben haben und
neue Dörfer bauen. Ein neues Leben breitet sich im historischen Land aus, und ich reite
dahin, um die Menschen zu beschützen, ich, der Shomer Eldad Schu’al.«
211 Silikat : Salz auf Kieselsäure ; vgl. den Hinweis von WvW in seiner Autobiographie auf die Her-
stellung kostengünstiger »Silikatziegel« zum raschen Hausbau in »der Fabrik des Wieners Johann
Kremenetzky, eines Freundes meiner Familie« (LWV 284).
212 Gideon : Richter im Alten Testament.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Wolfgang von Weisl
Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
Erlöser - Der Anfang der Wandlung Israels
- Title
- Wolfgang von Weisl
- Subtitle
- Schauspiel und Roman im Zeichen des modernen politischen Zionismus
- Editor
- Dietmar Goltschnigg
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21056-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 362
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- AbkĂĽrzungen und Zitierweise 11
- A. Kontexte, Aspekte, Kommentare 13
- Erlöser 13
- EinbĂĽrgerung Wolfgang von Weisls in British Palestine 22
- Arnold Zweig: De Vriendt kehrt heim … 23
- Der Anfang der Wandlung Israels 28
- B. Wolfgang von Weisl 51
- Erlöser. Ein ernstes Spiel von letzten Dingen 51
- C. Wolfgang von Weisl 143
- Der Anfang der Wandlung Israels. Roman 143
- D. Anhang 335
- 1. Zeittafel 335
- 2. Biographische Daten 341
- 3. Sachen, Begriffe, Orte, Glossar 346
- 4. Bibliographie 353
- 5. Personenregister 355