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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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18 Zum Geleit „Wir gehen nebeneinander her Und tragen jeder unsere Last  – Die Last ist ungleich schwer  – Dich quält ein Leid  – Und mich das Nimmermehr.“ Durch solche Gedichte erhalten die Tagebücher tiefere Resonanz. Gedichtet hat sie vor allem in der Straßenbahn, während sie zwischen der Wohnung in Döbling und der Inneren Stadt pendelte, wo sie in der Albertina mit der Aussortierung von staat- lichen Kunstsammlungen beschäftigt war. Die Zeitkapsel voll faszinierender Bemer- kungen über den Kulturbetrieb beleuchtet nicht nur die Sozialgeschichte der Ersten Republik. Darüber hinaus gibt sie die emotionalen Empfindungen einer Frau von 40 Jahren wieder, deren Reflexionen  – etwa zu den Themen Altern, Weiblichkeit, Mut- terschaft  – den Aufzeichnungen einen eigentümlichen Reiz verleihen. Wer einen Überblick über das Feld der kulturellen Produktion in der Ersten Ös- terreichischen Republik gewinnen möchte, kommt bei fast jeder Seite auf seine Kos- ten. Aufgezeichnet werden Alltagsgespräche, Ferienaufenthalte und Reiseerlebnisse, Frauenschicksale, Familienfeste und der Rhythmus der Jahreszeiten, Entwicklungen in der österreichischen Kulturpolitik und der internationalen Kunstgeschichte, der anschwellende Kulturkampf zwischen ideologischen Gegnern und nicht zuletzt das Dilemma der deutsch-jüdischen Akkulturation. Die von konsensualen Geistern wie Hans Tietze und Erica Tietze-Conrat ver- folgte Versöhnungsstrategie im kulturellen Bereich wurde nicht nur durch Über- empfindlichkeiten in der Judenfrage durchkreuzt, sondern auch durch eine betont politische Instrumentalisierung der österreichischen Kultur. Ein Beispiel aus den Jahren 1924/25 dürfte hier als Nachweis für die Hindernisse genügen, die die Hoff- nungen dieser vielversprechenden Kulturpolitik schließlich vereitelten. Es war nach der Stabilisierung des Staatshaushaltes eine Zeit der Hoffnung, symbolisiert durch die Einführung der Schilling-Währung. Den kulturellen Höhepunkt des Herbstes stellte das von David Bach geleitete Musik- und Theaterfest der Stadt Wien dar. In der antisemitischen Presse wurde das Ereignis als ein weiterer Beweis der „Verjudung“ Wiens abgelehnt. Dies war eine boshafte Verdrehung der Tatsachen, denn die erste Anregung zu dem Fest war von Bundespräsident Michael Hainisch ausgegangen, und an der Programmgestaltung und Finanzplanung waren nicht nur Größen der Sozi- aldemokratie wie Karl Seitz, sondern auch Vertreter der bürgerlichen Kulturszene aktiv beteiligt. An der Oper sollte die neue Saison mit Karl Goldmarks „Die Kö- nigin von Saba“ eröffnet werden, ein am Hofe König Salomons sich abspielendes orientalisches Liebesdrama, das seit seiner Wiener Uraufführung im März 1875 zu einem beliebten Teil des Repertoires zählte. Nun wurde der Leiter der Bundesthe- ater auf einmal von der Angst befallen, die Wahl dieser „jüdischen Oper“ könnte
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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