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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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22 „Der Wiener Vasari“ Entstehungsprozess von Kunstwerken („Nur aus der stärksten Teilnahme wächst das Verstehen“). Gegenüber seiner Megalomanie steckt sie wie selbstverständlich zurück („Wir haben über die Kunst und das Leben gesprochen, über seine Kunst, sein Leben und mein Leben“). Gelegentlich wird Ehrlich zu einer Art Ersatzpartner. Reisen und Urlaube werden gemeinsam unternommen. Diese freundschaftliche Nähe erkennt sie an, indem sie ihm, quasi als seine Agentin, das Arbeiten so leicht wie möglich macht. Der Auftrag, sich des Künstlers Ehrlich anzunehmen, sollte bis an ihr Lebensende bleiben. In ihrer Auseinandersetzung mit Kunst oszilliert Erica Tietze-Conrat zwi- schen dem eigenen schöpferischen Prozess, der empathischen Konfrontierung mit dem Schaffen anderer, der pragmatischen Einstellung einer Künstlermanagerin und der distanziert-historisierenden Betrachtung der Kunsthistorikerin. Wie Ehrlich wäre auch sie gerne ein „Künstler“, „der sich ausschöpft bis aufs letzte, der sich hingibt bis aufs letzte, der alles auslöscht, Willen und Körper, Erlebtes und Ersehntes, damit der Weg frei wird für die Empfängnis“.2 Oft frustriert, aber nie entmutigt, kämpft sie um künstlerische Anerkennung. Hat sie einmal keine ande- ren Verpflichtungen, beginnt es „in ihr“ zu dichten. Häufig passiert dies während der Fahrt mit der „Elektrischen“. In diesem Bemühen treibt sie sich bis an den Rand des „Kollaps“. „Nur aus dem Konflikt kann man schaffen. Dann bricht es heraus.“ Die Ärzte sind wegen ihres „Nervenzustands“ beunruhigt. Die „vielspaltige Beschäf- tigung“ schade ihr. Ob sie nicht das Dichten aufgeben wolle ? „Ich geh viel spazieren und arbeite immerfort an mir selbst. Die Tagträume schließe ich einfach aus, sodaß mein Bewußtsein immer klar bleibt, durch und durch, bis dorthin, wo die ixe sich so gern zu u’s machen lassen. Ob ich unter diesen Umständen noch werde dichten kön- nen ? Ich lasse es darauf ankommen. In der Zwischenzeit lese ich wissenschaftliche Bücher …“ Das Thema „Dichten“ scheint erst abgeschlossen, als ihr einziger Ge- dichtband, „Abschied“, illustriert mit Grafiken Ehrlichs, erscheint. Die Einbettung ihrer Lyrik in das Alltagssubstrat spiegelt sich in der chronologischen Abfolge der Gedichte im Band wider.3 Jede Minute wird dem Tag abgerungen, ein vielfältiges und umfangreiches Ta- gespensum realisiert, gegen alle Widrigkeiten. Erica Tietze-Conrat ist eine Frau mit beeindruckend vielen Ressourcen : Gelehrte, Dichterin, Kunstagentin, Ehefrau und vierfache Mutter  – das wären kurz gesagt die Eckpunkte, zwischen denen sich ihr Leben in jenen Jahren entfaltet. Eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit gibt es nicht. Aus der Arbeit, so wie über sie in den Tagebüchern berichtet wird, scheint das Repetitive, Geistlose, Teil jedes Schaffensprozesses, ausgespart. Und es ist das Schrei- ben, das alles zusammenhält. Dementsprechend gehen in den Notizen kunsthistori- sche und künstlerische Aktivitäten, Familienleben, Begegnungen mit Freunden und Bekannten, Ausflüge und Reisen ineinander über. Nie ist Erica Tietze-Conrat  – wie Arthur Schnitzler in seinen Tagebüchern  – nur trockene Chronistin der täglichen Verrichtungen.4
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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