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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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27 „Der Wiener Vasari“ im Rahmen des „Kunstschutzes im Krieg“, auch auf die Zusammensetzung von Erica Tietze-Conrats Freundes- und Bekanntenkreis Auswirkungen hat. Paul Clemen logierte im Haus ; die Freunde Guido Kaschnitz, Oswald Kutschera und Hermann Burg (TB Band II) hatten der „Kunstschutzgruppe“ [sic !] angehört. Die Aspirationen der Frauen, die Erica Tietze-Conrats Aufzeichnungen bevöl- kern, gehen weit über jene Beschränkung hinaus, die man aus heutiger Sicht einem weiblichen Schicksal zuzuschreiben geneigt ist  – ob sie nun als Vertreterinnen der älteren Generation, die noch gänzlich von jeder Erwerbstätigkeit ausgeschlossen ge- wesen waren, wie Erica Tietze-Conrats Mutter Ida Conrat oder Josefine von Winter, den privaten und familiären Rahmen aufbrechen, indem sie etwa zum „Mittagstisch“ (dieser bürgerlichen Variante des Salons) laden oder die Geschichte ihres weitver- zweigten Familienverbands niederschreiben, oder ob sie zu den ersten an der Uni- versität ausgebildeten Frauen gehören  – der Altersgruppe Erica Tietze-Conrats  –, die mit hoher fachlicher Kompetzenz besondere Vielseitigkeit an den Tag legen, um tatkräftig zu okkupieren, was ihnen zugänglich ist. Dabei bot die Kunstgeschichte in Forschung und Lehre, aber auch in geschäftlicher und sozialer Hinsicht nicht die schlechtesten Voraussetzungen. Selbst Alma Mahler, dem absolutistischen „im Bett Hof halten“ frönend, ist bei dieser Gelegenheit editorisch  – und damit ebenfalls qua- lifiziert  – tätig. Andere Frauen sind Unternehmerinnen (z. B. Hilda Lampl und ihre Schwester Fritzi Hohenberg, Lätti Gerstl), verfolgen eine künstlerische Laufbahn (Lilly Steiner, Frieda Salvendy usw.) oder organisieren Mädchenbildung und Volks- wohlfahrt (Eugenia Schwarzwald). Den Jüngeren, wie Gaby Ehrlich, Ditta Santifaller oder Liesbeth Askonas (TB Band II), die bereits mit größerer Selbstverständlichkeit eine akademische Laufbahn angetreten haben, stellen sich bereits neue, unüberwind- liche politische Hindernisse in den Weg. Im Umgang mit dem eigenen „Jüdischsein“  – oder dem ihrer Angehörigen  – gibt sich Erica Tietze-Conrat vorsichtig zurückhaltend, gelegentlich subtil ironisch („ein christlicher Herr“). Ausgeklammert wird das Thema aber nicht. Durch gemeinsame Lektüre, etwa der „Judenbuche“ von Annette Droste-Hülshoff, werden die Kinder behutsam in die heikle Problematik eingeführt. Vielleicht lässt sich auch hier am lei- sen Umgang mit der Frage ihr eigentlicher Stellenwert erkennen. Liest man genau, so sieht man, dass sie die kolportierten Stereotypen auch bei sich selbst und den ihr Na- hestehenden sucht. Auch sie, die Selbstbewusste, hat Angst vor den „verräterischen“ Zügen und geht streng ins Gericht mit jedem, der es nicht versteht, den Rahmen zu wahren („dieser immerhin doch intellektuelle Jude, der sollte die Gedanken [die na- türlich jeder Künstler von sich haben muß] besser im Zaum halten …“). Selbstüber- schätzung, provokante Exaltiertheit („Berliner Jüdinnen“), provinzielles Verhaftetsein in alten Bräuchen („Mann mit Hut“)  – alles unnötige Auffälligkeiten … Das Ambiente, das mit der Republiksgründung noch Anlass zu Hoffnungen gege- ben hatte, entwickelte sich schnell hoffnungslos konservativ. Der Kunst das Leben zu
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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