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Tagebuch 1923
u. s. f. Ich sagte ihm nicht, von wem d. Brief sei
– aber Lia Rosen erkannte die Schrift
sofort und sympathisierte mit jeder Alma deprezierenden Analyse. Sie muß ein un-
angenehmes Erlebnis mit Alma gehabt haben. Hans war bei Bach wegen d. Theater-
ausstellung, jetzt werden wir sehen wie d. Sache weitergeht. Meinen „Todessprung“
hat Bach dem Bernau (Raimundtheater) gegeben – aber trotz dieser Protektion
scheint Bernau es nicht aufführen zu wollen. Warum ich ihm nicht wieder etwas
schicke ? !
20.XI.
Im Bett. Viel telephoniert – u. a. Kiesler für
Montag bei Alma angesagt. Von der Arbei-
terzeitung kamen 160.000 K[ronen], woraus
ich entnehme, daß alle Gedichte, die ich ihm
gegeben habe, erschienen sind. Wenn ich nur
wüßte, welche es waren
…
Alma sagt mir, Lia Rosen sei eine Mau-
erassel u. sie habe ihr vor Jahren einmal
wegen Intrigierereien bei Lili Luser (gegen
Alma) in einem Brief das Haus verboten.
Mein Gott, sie ist mir ja auch sehr unsympa-
thisch
– aber sie tut mir sehr sehr leid.
21.XI.1923
Verzweifelter Brief von Kaschnitz ; d. Geld, das wir ihm geschickt haben, will er zur
Rückreise nach Wien verwenden. Hans wird gleich einen von den deutschen Kunst-
händlern bei der Albertinaauktion (Gilhofer) ansprechen, der ihm noch Geld über-
bringen kann.141
22.[XI.]
Nachmittag bei Stefferl, der sehr gern an einer solchen Gemeinschaft teilnehmen
möchte. Dann bei Ehrlich die Mizzi Berl eingeführt
– mit dieser endlich in d. Urania,
wo eine Hamburger Vaganten (?) truppe ein Paradiesspiel des 14. Jhs. sehr eindrucks-
voll aufführte.
23.XI.
Den gestern angefangenen Sketch heut früh fortgeführt
– dann Führung im Museum
bei Rembrandt. Der Sketch macht mir wenig Freude – Problem : einen leichten Di-
alog zu schreiben. Auf der Elektr[ischen] nach langjähriger Pause wieder einmal Pan
von Hamsun durchgejubelt – durchgelitten. Ein beängstigendes Buch. Abends mit
Hans im Akademietheater Thad[däus] Rittner Wölfe in d. Nacht. Ein unmögliches,
Abb. 30 : Alma Mahlers Schriftbild – „Kiesler sollte die Schrift
von Alma ,graphologisieren‘.“
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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- Titel
- Erica Tietze-Conrat
- Untertitel
- Tagebücher
- Band
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Herausgeber
- Alexandra Caruso
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 458
- Kategorie
- Biographien