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Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
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401 Tagebuch 1926 den Schlüssel hat, spazieren war, durften nicht in die Kirche, weil ich keine Mantilla hatte. Ich musste mir mein schwarzes Fransentuch um den Kopf drapieren  …23 In der Kathedrale haben sie nicht bis 10  – wie es der Baedeker in Aussicht ge- stellt  – sondern bis 11 Chor gesungen und auch nachher mussten wir die Bildbe- trachtung immer wieder unterbrechen u. vor irgendeinem pompös daherwehenden Preti oder Arzobispo die Reverenz machen. Ja, es ist ganz anders hier als in Italien  … Nach der Siesta waren wir im richtigen Museum, das z[um] T[eil] in Umstellung ist. Wir waren glücklich so den einen Teil der vorhandenen Gemälde vorenthalten bekommen zu haben, der Rest war fast durchaus unerfreulich : Goya ragte wundervoll aus der übrigen Gleichgültigkeit heraus. Die Galerie gehört zur Akademie u. da wa- ren auch die Konkurrenzstücke offenbar der letzten Klasse ausgestellt ; Thema : eine Kohlezeichnung nach der Venus v. Milo, ein modellierter sitzender Akt, eine Gruppe Ringer,  – also nach dem antiken Original, nach dem Lebend-Modell, eine freie Er- findung  – alles noch wie vor 300 Jahren. Beängstigende Fieberträume die „moderne Malerei“ darunter eine Kollektivsammlung von einem Valencianer. Hans meinte, so würde es ausgesehen haben, wenn der Casparides damals sein „Œuvre“ (d. h. seine Ladenhüter) dem Staat hätte schenken dürfen  …24 Abendausflug nach […], wo wir auch wegen der Schiffsverbindungen uns unter- richten wollten. Am Strand selbst war mir schon zu kalt, aber etwas weiter drin auf einem Stein am Weg setzte ich mich nieder und zeichnete, während Hans zu den Navigazionsagenzien ging. Ich hatte sicher 40 Personen um mich, so eng gedrängt, dass ich keine Bewegung machen konnte, ohne an einen begeisterten Zuschauer zu stoßen. Alle Altersstufen, vom Greis zum Säugling, Männer u. Frauen. Es war ein Höllenlärm. Eine Fliege saß auf der Stirn meines Modells. „Ja zeichnet die Fliege mit“, jubelten die Leute. Da kam ein großes Sacktuch von der hinteren Reihe nach vorn ausholend u. wehrte uns beiden die Fliegen ab. Die alte Maria schlug vor Freude die Hände über den Kopf, als sie sich fertig sah : „Es bonito !“ rief sie immer wieder und nach ihr drängten sich die Modelle vor. „Warum mich nicht ?“, schrien sie mich an, wenn ich abwinkte ; die Liebhaber wollten ihre Schönen empfehlen. Ich zeichnete noch ein Kind und inzwischen haben die Mütter ihre Kinder köstlich frisiert, damit sie schön wären, wenn die Reihe an sie käme. Aber ich schloß mit „mañana“ und ging mit Hans davon. Sonderbarer Weise hab ich keine Laus abgekriegt  – aber vom Hans eine feine rote Nelke, die mir in der Nase duftet, während ich hier schreibe. 29.IV.1926. Ich sitze schon im Zug in Murcia u. nütze die Zeit aus, bis er fährt. Es ist Abend, ¼ 8, aber man sieht noch ohne Licht. Den ganzen Tag war es kein anderes Licht. Ein bleischwerer Himmel wie bei uns im August, wenn die geteerten Straßen dampfen. Am Himmel die Sonnenscheibe bleich wie der Mond. Schon gestern Abend hat uns Murcia so unheimlich empfangen. Wir hatten den Tag zuerst mit dem erfolglosen
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Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
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