Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Seite - 427 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 427 - in Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)

Bild der Seite - 427 -

Bild der Seite - 427 - in Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)

Text der Seite - 427 -

427 Tagebuch 1926 die Kinder wandern aus. In der Eisen- bahn hört man in ihren Gesprächen kein Wort öfter als America  – America. Ich hab zwei alte Frauen miteinander reden hören ; mit den leichten Tränen, wie sie Armut und Alter haben erzählte die eine, wie sie jetzt allein sei, seit dem der Mann gestorben, die cincos hijos alle in Ame- rika  … Gegen Abend kamen wir nach Santi- ago ; die einsame Fahrt vorher hatte uns das greifbare Bewußtsein gegeben : am Ende Europas zu sein, ganz weit weg von der übrigen Welt  – und doch mit einem Ziel. Es war wohl wie ein ganz schwacher Widerschein von dem, was die Tausende u. Tausende hier gefühlt haben, die am Ende ihrer monatelangen Pilgerfahrt hier ankamen. Die Stadt ist ernst und feierlich, dunkelgrauer nack- ter Granit vor dem tiefblauen Himmel (Die Regenmengen in Santiago sind unvergleichlich größer als im übrigen Spanien, aber da heuer alles verkehrt ist, hatten wir gerade hier das blaueste Wet- ter). Die Kirche nach außen kühn baro- ckisiert mit einer Freitreppe zwischen den gotischstreberischen Filigrantürmen. Der Eindruck innen ist das drohende Mysterium einer großartig verhaltenen romanischen Kraft. Das Detail spielt darin kaum eine Rolle. Einmal nur wie eine kleine kindliche Überraschung am Ende einer Stiege das romanische Pförtlein in einer Kapelle mit einer Anbetung der Könige wie als improviso hineingesetzt. Aber das stärkste u. künstlerisch vielleicht kostbarste Erlebnis von Spanien die Portíco de la Gloria ! Es ist der Skulpturenschmuck der Vorhalle mit den drei Portalen an der Westseite, deren Türen immer verschlossen sind ; die Skulpturen in wundervoller Polychromie die jede isoliert, daß sie beson- ders intensiv wird und sie dann doch einheitlich zum Gesamteindruck zusammen- schließt. Die Köpfe haben den Adel unseres Bamberger Reiters und hinreißende Bewegungsimpulse. Ein Engel mit einer Seele an den Leib gedrückt, der zu Christus hinüber lauscht  – die bartlosen Evangelistenhelden, die Paare der heiligen 24 Män- ner die im Bogen herum sitzen, ihre Instrumente stimmen  – unten am Fuß der Säu- Abb. 89 : Kathedrale von Santiago de Compostela.
zurück zum  Buch Erica Tietze-Conrat - Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)"
Erica Tietze-Conrat Tagebücher, Band I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
Titel
Erica Tietze-Conrat
Untertitel
Tagebücher
Band
I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Herausgeber
Alexandra Caruso
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79545-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
458
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Danksagung 9
  2. Alexandra Caruso : Zur Edition 11
  3. Edward Timms : Zum Geleit
  4. Die Aufzeichnungen einer „tiefverzweigten“ Frau 17
  5. Alexandra Caruso : „Der Wiener Vasari“ 21
  6. Tagebuch 1923 30
  7. Tagebuch 1924 186
  8. Tagebuch 1925 308
  9. Tagebuch 1926 384
  10. Alexandra Caruso : Zur Spanienreise 387
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Erica Tietze-Conrat