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Nachfolge: Johann (Sohn) und Josef Strauss – biographische Eckdaten
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feste Anstellung hatte, die seinen Wunsch auf Gründung einer eigenen Familie erlaubt hätte –, an den
musikalischen Aktivitäten seines Bruders hatte er wenig Anteil.
Dies änderte sich schlagartig am 23. Juli 1853: In Vertretung seines erkrankten Bruders Johann dirigier-
te er die Soirée im Sperl (mit einer einzigen Verständigungsprobe am Nachmittag). „Das unvermeidliche
ist geschehen, ich spiele heute zum ersten Male beym Sperl“, schrieb er in einem Brief an seine Verlobte
und spätere Gattin Caroline. Lakonisch, nahezu resignativ avisierte Josef Strauss sein Debüt, das den
Auftakt zu einer zwar nur kurzen, dafĂĽr umso intensiveren Laufbahn als Dirigent und Komponist bilden
sollte. Keine Rede von einer bewusst geplanten Karriere, vom zielstrebigen Erklimmen der jeweils nächs-
ten Stufe: Reserviert, nahezu ängstlich steigt Josef in einen Beruf ein, auf den er nur wenig vorbereitet
ist (sieht man von der ĂĽblichen musikalischen Vorbildung ab, die er innerhalb der Familie erfuhr), den
er nie angestrebt hat und zu dem er Zeit seines Lebens ein ambivalentes Verhältnis haben wird. Sich der
eigenen Qualitäten durchaus bewusst, genoß er still seine Erfolge, suchte nie das Rampenlicht, blieb ein
unermĂĽdlicher Arbeiter, der sein Genie zwar nicht versteckte, es aber als gegeben nahm, ohne sich da-
durch zu einer auĂźerordentlichen Weltkarriere verpflichtet zu fĂĽhlen.
Die kommenden Wochen teilten sich Johann und Josef in der Leitung der diversen Auftritte der
Strausskapelle. Ende August debĂĽtierte Josef auch als Komponist: Sein Opus 1 trug den beziehungsvollen
Titel „Die Ersten und Letzten“. Sein Erstlingswerk wurde in der Kritik positiv aufgenommen.33
der dirigent Josef strauss
Innerhalb der Familie hatte Josef noch fĂĽr mehrere Jahre die undankbare Aufgabe, als Platzhalter fĂĽr sei-
nen Bruder Johann zu fungieren, wenn dieser entweder krankheitsbedingt seinen Verpflichtungen nicht
nachkommen konnte oder durch die vermehrten Auslandsengagements über längere Zeitspannen nicht
in Wien war.
In den Ankündigungen hieß es daher weiterhin „Konzert des Johann Strauss“, mit dem Zusatz „in
seiner Vertretung leitet sein Bruder Josef das Orchester“ oder ähnlich.34 Das hinderte zwar Josef nicht
daran, das Repertoire zu erweitern und als Komponist diverse Novitäten – häufig als Widmungswerke für
bestimmte Anlässe – zu schaffen, von einer eigenständigen Laufbahn war er noch weit entfernt.
die erweiterung des repertoires der straussKapelle ab 1850
Die Ă–ffnung des Repertoires hin zu sinfonischen Werken war das Verdienst von Johann Strauss Sohn,
mit feinem Gespür erkannte er die Vorlieben des Publikums für die neuen Strömungen, die durch Liszt
und Wagner im Konzertsaal wie im Opernhaus Einzug hielten. Lange bevor die Hofoper Werke von
Wagner in ihr Repertoire nahm, präsentierte Johann erste Fragmente: am 28. März 1853 veranstaltete
er im k. k. Volksgarten eine „Musikalische Nachmittags-Unterhaltung“, in welcher er Ausschnitte aus
„Lohengrin“35 und „Der Tannhäuser“36 spielte. Josef setzte in seinen eigenen Konzerten37 regelmäßig
Nummern aus Wagner-Opern an, er war es, der erstmals Szenen aus „Tristan und Isolde“38 in Wien
(konzertant) spielte. Verdi und Meyerbeer waren in seinen Programmen ebenso vertreten wie die wich-
tigsten französischen Opernkomponisten. Die Strausskapelle spielte unter seiner Leitung Tondichtungen
von Liszt und Kompositionen von Schubert, Mendelssohn und Schumann. OuvertĂĽren und Opernaus-
schnitte dürften in ihrer Originalgestalt oder – bedingt durch die kleinere Besetzung der Kapelle – in
33 Rezensionen in: „Der Wanderer“ 30.8.1853, „Theater-Zeitung“ 31.8.1853.
34 Wenn in den Zeitungen „Concert des J. Strauss“ angekündigt wurde, kann angenommen werden, dass damit die „Marke“
Johann Strauss gemeint war, auch wenn das Konzert von Josef Strauss geleitet wurde. Dass die Vornamen der beiden BrĂĽder
mit „J“ beginnen, erschwert zusätzlich die Klärung, wer nun tatsächlich zum Einsatz kam.
35 „Lohengrin“, Oper in drei Akten von Richard Wagner, UA 28.8.1850, Weimar; Wiener Erstaufführung 19.8.1858.
36 „Der Tannhäuser“, Handlung in drei Akten von Richard Wagner, UA 19.10.1845, Dresden; Wiener Erstaufführung 28.8.1857.
37 Eine Ăśbersicht bietet der letzte Teil des Werkverzeichnisses.
38 Legendär ist die Uraufführungsgeschichte dieser komplexen „Handlung in drei Aufzügen“: Zunächst hatte Wagner die Erst-
auffĂĽhrung Wien angeboten, 1862 begann die Einstudierung an der Hofoper. 1863, nach 77 Proben wurde die Produktion
abgebrochen. Die UrauffĂĽhrung fand erst 1865 am MĂĽnchner Hof- und Nationaltheater statt.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Josef Strauss
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Josef Strauss
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21404-5
- Abmessungen
- 21.4 x 30.0 cm
- Seiten
- 496
Inhaltsverzeichnis
- Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
- Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
- Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
- Werkverzeichnis
- I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
- II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
- III. Ungedruckte Werke 445
- IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
- IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
- V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
- Anhang