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Josef Strauss - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 20 tet wurden. Josef Strauss hingegen liegt die Einheit des Gesamtwerkes am Herzen, zwischen Introduk- tion und Walzerkette werden zahlreiche – offene wie versteckte – Querbeziehungen hergestellt. Einer in Harmonik wie Dynamik ausufernden Introduktion kann ein konventionell gehaltener erster Walzerteil folgen, einem romantisch verspielten Anheben der Musik stark akzentuierte und rhythmisch explosive Walzerthemen. Gerne führt Strauss ein Walzerthema (nicht immer das Hauptthema des ersten Wal- zers) bereits in der Introduktion ein, allerdings stark verfremdet, sodass sein Auftauchen im Hauptteil einerseits einen „Wiedererkennungseffekt“ hervorruft, andererseits des Komponisten Kompetenz in der Variierung einer Themengestaltung demonstriert. Dies kann bis zur rhythmischen Umgestaltung gehen, wenn ein geradtaktiges Thema der Introduktion sich in ein Walzerthema im 3/4-Takt verwandelt. In ei- nigen Walzern ist die Introduktion derart „symphonisch“ in Orchestrierung und Struktur, dass sie für die nachfolgende Druckausgabe der Klavierfassung gekürzt wurde.63 Auch auf den von den Straussbrüdern veranstalteten Bällen wurden die Introduktionen nicht immer in voller Länge (oder gar nicht) gespielt, wie Stimmenabschriften beweisen.64 Die Überleitung von der Introduktion zum ersten Walzer wird von Josef Strauss entweder als deutliches Absetzen (Kadenzierung zur Dominante des ersten Walzers, oft noch mit Fermate auf dem letzten Akkord) oder als nahtloses Hineingleiten („Delirienwalzer“) angelegt. Fast immer ist der Abschluss „offen“ mit spannungsgeladenem Blick auf das Kommende; chromatische Schär- fung, reduzierte Besetzung und zurückgenommene Dynamik sind Mittel dieser Überleitungsgestaltung. Zwischen Einleitung und erstem Walzer kann ein kurzer Teil eingeschoben werden, welcher das Tempo der kommenden Walzerpartie angibt. Dieser Abschnitt (selten mehr als vier Takte) ist mit „Tempo di Valse“ bezeichnet. Er exponiert in der Regel die Begleitstimmen, in Analogie zu Liedern, bei denen in der linken Hand des Klavierparts zunächst eine Begleitfigur eingeführt wird, ehe die rechte Hand (und/ oder die Singstimme) mit der Melodie einsetzt. Dieses Festlegen des Walzertempos hat pragmatische Gründe für den funktionellen Ablauf als Tanzwalzer: Die Paare erkennen an diesen Takten den Beginn des eigentlichen Tanzes, nachdem die einleitenden Takte zum Betreten des Tanzbodens, zum nachsinnen- den Zuhören, zum Einstimmen in den Charakter der Komposition einluden. Zeitweilig erlaubt Strauss sich eine ironische Note: Wenn in „Perlen der Liebe“ op. 39 die drei mit „Tempo di Valse“ bezeichneten Takte lediglich aus einem Liegeton der beiden Hörner bestehen (akustisch einem Einzelton mit Fermate entsprechend), so führt sich die Bezeichnung ad absurdum, da sie keinerlei Tempo angibt und mitnichten auf das Kommende vorbereitet. Erst durch den nachfolgenden – noch immer unbegleiteten – zögerlichen Melodieauftakt erschließt sich die Intention des Komponisten: Ein völliger Stillstand tritt ein, ehe die gewohnte Walzerstruktur sich nach und nach verfestigt. walZerKette – anZahl der einZelnen walZer, einleitungen, einheit durch fliessende übergänge Die auf die Introduktion folgenden fünf Einzelwalzer mit meist zwei zu wiederholenden Binnenteilen zeigen Josef Strauss als Meister, was den Erfindungsreichtum der Themen anlangt, und als überlegenen Strategen in der Disposition des Gesamtwerkes. Die Regel – von der Strauss in einigen Werken abweicht, dort jeweils im ersten Walzer – lautet, dass jeder Einzelwalzer aus zwei zu wiederholenden Teilen besteht. Diese Wiederholungen können (veränderte Dynamik, variierende Instrumentierung) ausgeschrieben sein. Am Ende eines Einzelwalzers kann ein Da Capo65 die Wiederholung des gesamten Teiles verlangen. Dreiteilige Formen (erstes und zweites Thema mit anschließendem, nicht ausgeschriebenem Da Capo des ersten Teiles) finden sich fallweise (z. B. „Delirienwalzer“), hier sind die einzelnen Themen eng ver- schränkt, eine Assoziation mit Wagners „ewiger Melodie“ erscheint nicht abwegig. Vom üblichen The- 63 Derlei Verballhornungen bedeuten einen groben Eingriff in den Aufbau: Im Walzer „Liebesgrüsse“ op. 56 wurden die einlei- tenden raschen Takte gestrichen. Ohne sie fehlt aber der Kontrast zu dem anschließend einsetzenden lyrischen Thema. 64 Autographe Stimmen zeigen, dass Lanner und Strauss Vater die Introduktion/Einleitung oft erst im Anschluss an die eigent- lichen Walzer notierten: Das kann sowohl ein Hinweis darauf sein, dass diese Teile erst nach der Konzeption der Walzerkette „erfunden“ wurden oder aber dass die Stimmen ganz praktisch für Aufführungen gedacht waren, bei denen ein umfangreicher Einleitungsabschnitt nicht erforderlich war. 65 Diese Wiederholungen des gesamten Walzerabschnittes wurden nur bei Tanzveranstaltungen, bei denen eine gewisse Länge erforderlich war, vorgenommen. In reinen Konzertaufführungen begnügte man sich mit den Wiederholungen der Einzelteile. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Josef Strauss Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Titel
Josef Strauss
Untertitel
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Autor
Wolfgang Dörner
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21404-5
Abmessungen
21.4 x 30.0 cm
Seiten
496

Inhaltsverzeichnis

  1. Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
  2. Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
  3. Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
  4. Werkverzeichnis
    1. I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
    2. II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
    3. III. Ungedruckte Werke 445
    4. IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
    5. IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
    6. V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
  5. Anhang
    1. Alphabetisches Gesamtregister der Werke von Josef Strauss 475
    2. Verzeichnis der Auftrittsorte von Josef Strauss (Auswahl) 485
    3. Kommissionäre 487
    4. Literatur 489
    5. Abkürzungsverzeichnis 491
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