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„Ausdehnungen und Fortschritte“ bei Johann (Sohn) und Josef Strauss
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Instrumenten sowohl mit > als auch mit ^ bezeichnet werden, ohne dass eine musikalische Logik
ableitbar wäre.
b. Triller und Mordent werden ebenfalls nicht immer eindeutig bezeichnet, was ein Vergleich etwa von
Abschriften und Drucken zeigt.
c. Artikulationen werden bei erstmaligem Auftauchen eines Themas bezeichnet, nicht aber bei der
Wiederholung. Insbesondere bei Staccatopunkten darf davon ausgegangen werden, dass sinngemäß
zu ergänzen ist.
b) Phrasierungsbögen stellen Herausgeber wie Interpreten vor nahezu unlösbare Probleme, die Setzung er-
scheint oft willkürlich. In Partiturabschriften werden Bögen in unterschiedlichen Instrumentengruppen
abweichend voneinander notiert. Bögen enden auf einer ersten Note eines neuen Taktes, obwohl der
melodische Duktus eindeutig ein Schließen auf der letzten Note des davor liegenden Taktes erfordern
würde. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass beim Schreiben oder beim Notenstich die Bogenset-
zung „verrutschte“.
c) wird ein Thema in der Introduktion vorgestellt/angedeutet und in einem der anschließenden Walzer-
teile eingesetzt, so können unterschiedliche Phrasierungen notiert werden. Hier vorschnell anzugleichen
hieße, die bewusste Differenzierung zu zerstören. Ein in der Introduktion lyrisch gebundenes Thema
kann in ein mit rhythmischer Energie aufgeladenes (und somit nicht legato zu spielendes) verwandelt
werden (siehe z. B. der Walzer „Wiener Stimmen“ op. 239).
Generell muss festgehalten werden, dass Stilbewusstsein und Geschmack ebenso wie Wissen um Traditi-
onen Orientierungshilfen bei der Klärung zweifelhafter Stellen sein sollten. Weder Vereinheitlichungen
nach einem rein formalen Schema noch unkritisch hinterfragtes Übernehmen von Lesarten sind einem
verantwortungsvollen Umgang mit dieser Musik adäquat.
Dynamik: So wie bei Artikulation und Phrasierung Ergänzungen und Angleichungen unerlässlich sind,
so verlangen auch die Angaben der Dynamik eine sorgfältige Prüfung:
a) dynamische Exzesse kommen bei Josef Strauss nicht vor, er begnügt sich grosso modo mit dem Rahmen
von pp bis ff, mit kleinen Abschattierungen bis hin zu einem dreifachen piano. Hingegen geht er selten
über das doppelte f hinaus.
b) Crescendo und diminuendo – sei es als in Worten ausgeschrieben oder durch Gabeln angezeigt – sind
häufig uneinheitlich gesetzt. Verschobene Zeichen dürften eher aus Platzgründen76 scheinbar willkür-
lich so notiert werden.
c) Eine Besonderheit sind überlappende Themeneinsätze etwa in der Walzerkette: Umfasst ein Thema
mehrere auftaktige Noten, so wird die Dynamik erst im ersten vollständigen Takt des Themas notiert.
Allerdings erscheint es mehr als unwahrscheinlich, dass nicht bereits die auftaktigen Noten, wenn sie
eindeutig zum nachfolgenden Thema gehören, bereits in dieser Dynamik auszuführen wären.
Ausdrucksbezeichnungen: Im Gegensatz zu späteren Romantikern, die ihre Partituren mit Angaben von
„espressivo“ bis „wild!“ übersäten, verzichtet Strauss auf überbordende Hinweise zur Interpretation. Seine
Melodien sind „selbsterklärend“, tragen ihren Charakter in sich, ohne Zusatzanweisungen zu benötigen.
Sporadisch fügt er einer Melodie „dolce“ oder „cantabile“ bei, um den Kontrast zu einer vorangegangenen
forte-Passage zu verdeutlichen.
begleitung
Die Weiterentwicklung der Harmonie, u. a. durch vermehrten Einsatz von Chromatik, Sept- und No-
nenakkorden, wie sie von Wagner energisch vorangetrieben wurde, ließ Josef Strauss nicht unberührt. Im
Walzer nutzte er die neugewonnenen Freiheiten in erster Linie in der Introduktion und im Finale, für
76 Nicht nachdrücklich genug kann darauf hingewiesen werden, dass viele scheinbar unlogische oder sogar falsche Bezeichnungen
sich schlicht aus den Umständen und Zwängen der Niederschrift und des Druckes ergeben: Zu wenig Platz zwischen Syste-
men, bei Wiederholungsklammern etc. führt dazu, dass Zeichen nicht genau dort hingeschrieben bzw. gedruckt werden, wo
sie musikalisch hingehören. Ein Blick auf die Quellen genügt meist, um eine unlogische Stelle zu klären.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Josef Strauss
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Josef Strauss
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21404-5
- Abmessungen
- 21.4 x 30.0 cm
- Seiten
- 496
Inhaltsverzeichnis
- Gebrauchsmusik im 19. Jahrhundert 9
- Von der funktionalen Tanzmusik zur autonomen Komposition 17
- Aufbau und Systematik des Werkverzeichnisses 37
- Werkverzeichnis
- I. Gedruckte Werke mit Opuszahl 45
- II. Gedruckte Werke ohne Opuszahl 431
- III. Ungedruckte Werke 445
- IVa. Ungedruckte Werke, in Autographen bzw. Abschriften erhalten 459
- IVb. Ungedruckte Werke, Autographe in Antiquariatskatalogen erwähnt 465
- V. Bearbeitungen – Aufführungen von Werken anderer Komponisten (Auswahl) 467
- Anhang