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welcher er wolle. Dieser Imperativ mag der der Sittlichkeit heißen.
Das Wollen nach diesen dreierlei Prinzipien wird auch durch die
Ungleichheit der Nötigung des Willens deutlich unterschieden. Um diese nun
auch merklich zu machen, glaube ich, dass man sie in ihrer Ordnung am
angemessensten so benennen würde, wenn man sagte: sie wären entweder
Regeln der Geschicklichkeit, oder Rathschläge der Klugheit, oder Gebote
(Gesetze) der Sittlichkeit. Denn nur das Gesetz führt den Begriff einer
unbedingten und zwar Objektiven und mithin allgemein gültigen
Notwendigkeit bei sich, und Gebote sind Gesetze, denen gehorcht, d. i. auch
wider Neigung Folge geleistet, werden muss. Die Rathgebung enthält zwar
Notwendigkeit, die aber bloß unter subjektiver zufälliger Bedingung, ob
dieser oder jener Mensch dieses oder jenes zu seiner Glückseligkeit zähle,
gelten kann: dagegen der kategorische Imperativ durch keine Bedingung
eingeschränkt wird und als absolut, obgleich praktisch-notwendig ganz
eigentlich ein Gebot heißen kann. Man könnte die ersteren Imperative auch
technisch (zur Kunst gehörig), die zweiten pragmatisch, (zur Wohlfahrt), die
dritten moralisch (zum freien Verhalten überhaupt, d. i. zu den Sitten gehörig)
nennen.
Nun entsteht die Frage: wie sind alle diese Imperative möglich? Diese
Frage verlangt nicht zu wissen, wie die Vollziehung der Handlung, welche der
Imperativ gebietet, sondern wie bloß die Nötigung des Willens, die der
Imperativ in der Aufgabe ausdrückt, gedacht werden könne. Wie ein
Imperativ der Geschicklichkeit möglich sei, bedarf wohl keiner besondern
Erörterung. Wer den Zweck will, will (so fern die Vernunft auf seine
Handlungen entscheidenden Einfluss hat) auch das dazu unentbehrlich
notwendige Mittel, das in seiner Gewalt ist. Dieser Satz ist, was das Wollen
betrifft, analytisch; denn in dem Wollen eines Objekts als meiner Wirkung
wird schon meine Kausalität als handelnde Ursache, d. i. der Gebrauch der
Mittel, gedacht, und der Imperativ zieht den Begriff notwendiger Handlungen
zu diesem Zwecke schon aus dem Begriff eines Wollens dieses Zwecks
heraus (die Mittel selbst zu einer vorgesetzten Absicht zu bestimmen, dazu
gehören allerdings synthetische Sätze, die aber nicht den Grund betreffen, den
Aktus des Willens, sondern das Objekt wirklich zu machen). Dass, um eine
Linie nach einem sichern Prinzip in zwei gleiche Teile zu Teilen, ich aus den
Enden derselben zwei Kreuzbogen machen müsse, das lehrt die Mathematik
freilich nur durch synthetische Sätze; aber dass, wenn ich weiß, durch solche
Handlung allein könne die gedachte Wirkung geschehen, ich, wenn ich die
Wirkung vollständig will, auch die Handlung wolle, die dazu erforderlich ist,
ist ein analytischer Satz; denn etwas als eine auf gewisse Art durch mich
mögliche Wirkung und mich in Ansehung ihrer auf dieselbe Art handelnd
vorstellen, ist ganz einerlei.
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Titel
- Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Autor
- Immanuel Kant
- Datum
- 1785
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 70
- Schlagwörter
- Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorrede 4
- Erster Abschnitt 9
- Zweiter Abschnitt 20
- Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
- Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
- Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
- Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
- Dritter Abschnitt 54
- Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
- Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
- Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
- Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
- Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
- Schlussanmerkung 70