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zu denken, den absoluten Wert des Menschen allein ausmacht, darnach muss
er auch, von wem es auch sei, selbst vom höchsten Wesen beurteilt werden.
Moralität ist also das Verhältnis der Handlungen zur Autonomie des Willens,
das ist zur möglichen allgemeinen Gesetzgebung durch die Maximen
desselben. Die Handlung, die mit der Autonomie des Willens zusammen
bestehen kann, ist erlaubt; die nicht damit stimmt, ist unerlaubt. Der Wille,
dessen Maximen notwendig mit den Gesetzen der Autonomie
zusammenstimmen, ist ein heiliger, schlechterdings guter Wille. Die
Abhängigkeit eines nicht schlechterdings guten Willens vom Prinzip der
Autonomie (die moralische Nötigung) ist Verbindlichkeit. Diese kann also auf
ein heiliges Wesen nicht gezogen werden. Die Objektive Notwendigkeit einer
Handlung aus Verbindlichkeit heißt Pflicht.
Man kann aus dem kurz vorhergehenden sich es jetzt leicht erklären, wie es
zugehe: dass, ob wir gleich unter dem Begriffe von Pflicht uns eine
Unterwürfigkeit unter dem Gesetze denken, wir uns dadurch doch zugleich
eine gewisse Erhabenheit und Würde an derjenigen Person vorstellen, die alle
ihre Pflichten erfüllt. Denn so fern ist zwar keine Erhabenheit an ihr, als sie
dem moralischen Gesetze unterworfen ist, wohl aber so fern sie in Ansehung
eben desselben zugleich gesetzgebend und nur darum ihm untergeordnet ist.
Auch haben wir oben gezeigt, wie weder Furcht, noch Neigung, sondern
lediglich Achtung fürs Gesetz diejenige Triebfeder sei, die der Handlung
einen moralischen Wert geben kann. Unser eigener Wille, so fern er nur unter
der Bedingung einer durch seine Maximen möglichen allgemeinen
Gesetzgebung handeln würde, dieser uns mögliche Wille in der Idee ist der
eigentliche Gegenstand der Achtung, und die Würde der Menschheit besteht
eben in dieser Fähigkeit, allgemein gesetzgebend, obgleich mit dem Beding,
eben dieser Gesetzgebung zugleich selbst unterworfen zu sein.
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Buch Grundlegung zur Metaphysik der Sitten"
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Titel
- Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
- Autor
- Immanuel Kant
- Datum
- 1785
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 70
- Schlagwörter
- Philosophie, Vernunft, Aufklärung, Ethik, Kritik
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorrede 4
- Erster Abschnitt 9
- Zweiter Abschnitt 20
- Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
- Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
- Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
- Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
- Dritter Abschnitt 54
- Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens 54
- Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernünftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
- Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhängt 57
- Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
- Von der äußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
- Schlussanmerkung 70