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Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – Eine
Lebensskizze28
ner politischen Zeitschrift angedacht und auch 1849 und 1850 erwogen, eine
Zeitung in die hand zu bekommen, die dann unter seiner oberleitung „die
organischen, administrativen, inneren interessen der monarchie verstän-
dig bespricht, anstatt wie die hiesigen Blätter bloße caffehhauspolitik zu
treiben.“1 Besonders intensiv waren seine Aktivitäten in dieser hinsicht im
späten frühjahr und sommer 1850, als er nach der veröffentlichung seiner
Broschüre Centralisation und Decentralisation in Oesterreich (Wien: Jasper,
hügel & manz) und im hinblick auf die von ihm erwartete baldige Aus-
schreibung der landtagswahlen neuerlich wie schon vor 1848 versuchte,
eine ständisch-konservative gesamtösterreichische opposition ins leben
zu rufen. diese versuche waren jedoch ebenfalls an den fehlenden finan-
ziellen möglichkeiten gescheitert. Andrian verfügte weder selbst über aus-
reichende mittel, noch konnte er andere finanziers von der notwendigkeit
seines vorhabens überzeugen.
neben den möglichkeiten, dadurch im „öffentlichen Wohl“ zu wirken, wa-
ren es die damit verbundenen finanziellen mittel, die Andrian die Arbeit in
den eisenbahngesellschaften annehmen ließen. Bereits seine vergeblichen
Bemühungen, in den verwaltungsrat der credit-Anstalt gewählt zu werden,
hatte er dadurch motiviert, dass eine ernennung „mir nicht nur eine höchst
interessante, umfangreiche und auch lucrative Beschäftigung verspräche,
sondern mir auch in politischer Beziehung wünschenswerth wäre.“ die Be-
teiligung an dieser und ähnlichen gründungen würde daher für ihn – als
vertreter seines standes – neben der finanziellen eine starke politische Be-
deutung haben, an der „namentlich für den Adel und grundbesitz nebst dem
materiellen nutzen auch noch sein standesinteresse, ja seine standesehre“
hänge.2 mit diesen finanziellen Aspekten und den damit verbundenen mög-
lichkeiten tröstete sich Andrian auch über das immer wieder geäußerte des-
interesse an der alltäglichen Arbeit in den eisenbahngesellschaften hinweg,
„sie verschafft mir die materiellen mittel, andere dinge zu verfolgen, das ist
aber auch Alles“ und sichere ihm „eine behagliche materielle existenz (wel-
che auch ein Werkzeug und eine Waffe ist).“ dagegen bedauerte er bei seiner
Abberufung als vizepräsident der italienischen eisenbahngesellschaft ende
oktober 1857 ausschließlich den „pecuniären Ausfall in meinen revenueen,
welcher mir gerade jetzt sehr empfindlich ist.“3
hinweise auf die fehlende materielle unabhängigkeit ziehen sich wie
ein roter faden durch Andrians tagebücher, und seine zeitweise prekäre
1 ebda, eintrag v. 8.5.1849. Ziel seiner Ambitionen waren der Wiener Bote und die Presse
sowie bereits 1850 der Wanderer.
2 ebda, einträge v. 10. und 21.11.1855.
3 ebda, einträge v. 18.8.1856, 10.3. und 28.10.1857.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien