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Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – Eine Lebensskizze 29
finanzielle situation blieb auch nicht verborgen. so hatte etwa 1847 frh.
von kübeck in dem bereits zitierten schreiben an staatskanzler metternich
über zu ergreifende schritte gegen den Autor von Österreich und dessen
Zukunft gemeint, dieser sei „ein eitler, dabei ganz verschuldeter mensch.“1
Andrian selbst meinte dazu etwa im Winter 1851, falls sich an seiner ma-
teriellen lage nichts ändere, bleibe ihm „fast kein anderer Ausweg übrig,
als um jeden Preis ein Amt zu suchen oder mit Aufopferung meiner ganzen
bisherigen socialen und politischen stellung mich in neue Wege zu werfen.“2
dies hieß nun aber nicht, dass er tatsächlich in die gefahr geriet zu verar-
men, auch wenn er mehrfach über schulden und die schwierigkeit, seine
verbindlichkeiten gegenüber Banken und anderen gläubigern zu erfüllen,
klagte. er verfügte Zeit seines lebens über genügend einkünfte, um ein an-
genehmes leben zu führen, und konnte beinahe jederzeit ausgedehnte rei-
sen unternehmen, vor allem nach italien, aber auch nach frankreich, der
schweiz und deutschland oder eine halbjährige reise nach Ägypten 1853/54.
seine mittel reichten jedoch bei weitem nicht für eine von ihm – auch zur
erreichung seiner politischen Ziele – als notwendig erachteten standesge-
mäß aristokratischen lebensweise, wie etwa die führung eines großen hau-
ses mit einem damit verbundenen salon als gesellschaftlichem und politi-
schem treffpunkt. in Wien wie auch in seinen mailänder Jahren lebte er
in mietwohnungen, in Wien immer in der inneren stadt, am längsten von
november 1845 bis oktober 1853 im ehemaligen Palais liechtenstein in der
herrengasse (in diesem haus befand sich auch das Adelscasino mit ange-
schlossenem restaurant). über den Ablauf des Alltagslebens in den eigenen
vier Wänden bieten die tagebücher nur sehr wenig Aufschluss. Zwar gibt
Andrian gelegentliche hinweise auf seinen diener, doch wird etwa sicherlich
vorhandenes weiteres Personal wie Putzfrauen, Wäscherinnen oder köchin
nicht erwähnt. Auch über größe und gestaltung der Wohnungen finden sich
kaum Angaben. nur seinen umzug ende oktober 1856 in eine Wohnung
auf der Bastei begründet Andrian damit, dass für seinen Plan, „die bedeu-
tendsten wissenschaftlichen capacitäten der residenz nach und nach bey
mir zu versammeln,“ größere räumlichkeiten notwendig seien, ohne dies
näher auszuführen.3 die führung eines standesgemäßen lebens war für
Andrian auch deswegen so wichtig, weil er die notwendigkeit und den Wert
der informellen netzwerke kannte und nutzte, die ihm herkunft und ver-
wandtschaftliche Beziehungen beim Zugang zu den höchsten kreisen der
entscheidungsträger von Politik und verwaltung boten, besonders nachdem
1 vgl. s. 22 Anm. 1
2 tagebuch Andrian, eintrag v. 17.2.1851.
3 ebda, eintrag v. 4.5.1856.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien