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Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – Eine
Lebensskizze30
er diesen Zugang aufgrund der geänderten politischen und persönlichen ver-
hältnisse nach 1849 schritt für schritt verlor.
darüber hinaus fehlten Andrian aber auch die mittel zur finanzierung
weiterer letztlich unverwirklicht gebliebener Projekte. Auf die fehlschläge
seiner versuche, ein publizistisches organ in die hand zu bekommen, wurde
bereits hingewiesen. Aber bereits 1843 scheiterte ein ehrgeiziger Plan, eine
längere reise nach südamerika zur erkundung der Perspektiven für den
österreichischen handel zu unternehmen, an den fehlenden eigenen mitteln
und der unmöglichkeit, fremde (staatliche und private) geldgeber von der
sinnhaftigkeit des unternehmens zu überzeugen. Besonders unangenehm
war Andrian die mangelnde finanzielle unabhängigkeit jedoch in Bezug auf
seine politische stellung. Wiederholt klagte er darüber, dass darunter seine
glaubwürdigkeit leiden könne. es wäre daher gerade deshalb notwendig,
seine angespannte materielle lage möglichst geheim zu halten, um sich
nicht dem vorwurf auszusetzen, sein Ziel sei letztlich der erwerb einer ho-
hen, auch finanziell gut dotierten stellung und damit die verbesserung der
eigenen situation, und die politische tätigkeit nur mittel zur erreichung
dieses Zwecks.
Andrians versuche zur Änderung seiner finanziellen lage waren im
besten fall halbherzig und kamen nie über einleitende schritte hinaus.
nachdem sich eine erhoffte große erbschaft nach einem kinderlosen onkel
zerschlug,1 dachte er mehrfach auch auf drängen seiner schwestern darü-
ber nach, durch eine heirat in den Besitz eines guts und der erwünschten
finanziellen Absicherung und unabhängigkeit zu kommen, „ich muß mich
irgendwo ansiedeln, d.i. heirathen, einen grundbesitz erwerben.“2 Bereits
am Beginn der erhaltenen tagebücher heißt es, dass er einmal „eine con-
venient-heirath machen“ müsse, wobei eine solche „brillante heirath“ aber
bereits dem 26jährigen Andrian lediglich als „ein mittel zur erreichung mei-
nes endlichen lebenszweckes“ erschien.3 nachdem er diesen lebenszweck
mehr und mehr in der politischen sphäre sah, zog Andrian auch eine ehe als
schritt in diese richtung in Betracht. „Jedes mittel wäre mir recht, um mir
eine stellung in jenem lande zu verschaffen, sogar eine heirath!“, schrieb
er 1846, als er kurzfristig überlegte, nach ungarn zu übersiedeln.4 eine ent-
sprechende ehe würde ihm die möglichkeit geben, seine „verwundbare seite,
1 Der Hinweis darauf findet sich im Tagebuch seiner Jugendliebe Augusta Horrocks v.
9.6.1836; vgl. Ingrid Horrocks, Travelling with Augusta. Preston – Gorizia – Venice –
masterton 1835 & 1999 (Wellington, neuseeland 2003) 255. es handelte sich um Andreas
friedrich graf hadik, der am 24.1.1839 starb.
2 tagebuch Andrian, eintrag v. 1.6.1850.
3 ebda, einträge v. vor 20.10., 29.11. und 6.12.1839.
4 ebda, eintrag v. 21.3.1846.
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien