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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band I
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68 Tagebücher ich will zeigen, wie unsere monarchie so auf gar keinem Princip, auf gar keinem dauerhaften sisteme beruhe, in der Anhänglichkeit gar kei- ner classe der nation einige Wurzeln habe, und wie wenig daher unsere staatsmänner ihren erborgten ruf verdienen, wie wenig chancen aber diese monarchie in solcher form hat noch lange fortzubestehen, da sie sich eigentlich blos durch die vis inertiae ein kümmerliches dasein friste, und wie es nothwendig sei, einmal geist in diese leblose maschine zu bringen, wenn sie nicht un beau matin zusammenfallen soll. ich verspreche mir hie- von nicht persönliche Berühmtheit, sondern Anregung eines so wichtigen gegenstandes und somit vielleicht nutzen und vortheil für mein land, darum habe ich bereits angefangen und will es in Pisino in meiner einsam- keit zu ende bringen. Wahrscheinlich wird mich nun, diesesfalls ich, wie es wohl zu vermuthen ist, später doch als verfasser bekannt würde, mit der staatsverwaltung, wie sie jetzt ist, brouilliren, ohnedieß aber werde ich wohl nicht lange mehr in meiner gegenwärtigen carrière bleiben, da sie mir jeden Zugang zu dem von mir gewünschten leben verschließt, nur ei- nes könnte mich vielleicht bewegen dabei auszuhalten, und das wäre, wenn ich binnen nicht gar zu langer Zeit zur kanzlei des vicekönigs nach italien käme. gabrielle wird daran arbeiten. geschähe das, so hätte ich eine bril- lante existenz und mehr Aussichten jeglicher Art, wo nicht, so quittire ich binnen kurzem und lasse jenem erstlinge meiner feder weitere Arbeiten folgen, das wäre die erfüllung meiner stolzesten träume. ich könnte zwar durchaus nicht sagen, daß mich die Beschäftigung in meiner jetzigen Bran- che aneckle, sie ist mir im gegentheile recht, oft sogar äußerst interessant, und ich sehe deren Wichtigkeit und resultate vollkommen ein, vielleicht mehr als die der diplomatie, wenigstens so lange man in derselben ma- chine ist, d.h. so lange man nicht ministre des affaires étrangéres ist, aber der gedanke ist mir unerträglich, daß mich diese Beschäftigung auf immer von aller theilnahme an den ereignissen unseres Jahrhunderts und von aller möglichkeit ausschließt, mir Berühmtheit, d.h. einen geachteten na- men durch ganz europa zu erwerben. ich muß z.B. gestehen, daß eben jetzt der gedanke, wieder einmal in thätigkeit und zwar jetzt als kreiscommis- sär in eine selbstständige thätigkeit zu kommen, mich ordentlich anlacht. nach Wilczeks und Pillerstorffs’ einstimmigen rath habe ich demnach an Weingarten geschrieben, ihm ganz offen gesagt, wie ich hoffnung hätte, zur diplomatie zu kommen, und ihn gebeten, mir noch bis 20. Jänner ur- laub zu geben, dieses habe ich mit einem ämtlichen gesuche begleitet. nun erwarte ich das resultat dieses schrittes und habe nun für meinen Aufent- halt in Wien keinen anderen Zweck, da ich mittlerweile meine diplomati- schen Pläne aufgeben mußte, als den, mich hier noch ein wenig zu amu- siren und den Zeitpunkt meines eintreffens in Pisino so sehr als möglich
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
I
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
744
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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