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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band I
Seite - 87 -
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8721. September 1840 zen Urlaubs; denn wenn ich während demselben mein längst in mir gereif- tes und beschlossenes Werk auch nicht zu ende bringen kann, wie ich An- fangs glaubte und hoffte, so will ich doch wenigstens den grundstein und die Hauptfondements zu demselben legen; fortbauen und ausschmücken läßt sich dann leichter selbst mitten unter den Zerstreuungen einer großen stadt und eines langweiligen Beruflebens. dieser entschluß, dieses Projeckt ist aber in mir nach und nach zur selbständigen Reife gediehen; vor einem Jahr in der freien, großartigen schweitz, in einer Zeit der crisis meines innern, zu meinem dunkeln Be- wußtseyn gekommen, habe ich dieselbe allmählich in mir herangebildet; meine reise, mein zerstreuungsvoller Aufenthalt in Wien und dann mein be- ständiges, angestrengtes geschäftsleben in istrien haben dessen reife viel- leicht verzögert, jetzt aber fühle ich den Augenblick gekommen, wo die idee zur Wirklichkeit werden oder aufgegeben werden muß; letzteres aber soll und darf nicht geschehen, denn sie ist das einzige glied in der kette, durch welche ich mit meinen uralten Wünschen und hoffnungen, die ich gottlob noch nicht aufgegeben habe, zusammenhänge; durch welche mir noch eine höhere, geistigere, ruhmvollere existenz zufallen kann, als die mir bisher beschieden war; deßhalb hänge ich mit Enthusiasmus an ihr als an dem ein- zigen übrig gebliebenen rettungs-Anker jener entwürfe, jener Wünsche, die mir theurer waren und noch sind als mein leben, denn welcher andere Weg ist mir sonst offen? die diplomatie ist mir durch fürst metternich’s ausge- sprochene persönliche Abneigung gegen mich verschlossen und liegt auch sonst nicht mehr so sehr in meinen Wünschen als sonst, seitdem ich erkannt habe, wie wenig ruhm dabei zu verdienen sey, ein gehorsames rad an ei- ner alten, geistlosen, dem Untergang nahen Maschine zu seyn; ein thätiges (i.e. thätliches) eingreifen in die Weltläufe ist bey dem jetzigen politischen Zustand der Erde nicht thunlich; so will ich denn geistig in dieselben ein- greifen, mir eine moralische macht formiren, überzeugt, daß der Augenblick kommen wird, wo sie zur phisischen Macht werden wird; Österreich wird meine stimme erkennen lernen wie die stimme gottes in der Wüste, es wird sie kennen, achten und lieben lernen, und die Zeit wird kommen, so hoffe ich, wo ich auf den schwingen der öffentlichen meinung auf den Platz gelan- gen werden werde, welcher mir gebührt, zu dem ich mich berufen fühle. [Arona] 21. september meine idee, gräfin lottum zu sehen, wird nun wohl zu Wasser werden, denn ich hatte sie gebeten, mir nach louèche zu schreiben, wo ich sie finden würde; nun aber ist es nicht mehr möglich; auch kann ich, solange ich nicht weiß, ob ich über den gotthard komme oder nicht, mir diesen Brief nirgends hin nachschicken lassen, so daß ich wohl erst dann ihren séjour erfahren
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
I
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
744
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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