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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band I
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92 Tagebücher lich nette häubchen, und männer und Weiber höchst ungeschickte hölzerne Sandalen; im Übrigen ziemlich wie die lombardische Volkstracht; der Can- ton scheint erzkatholisch trotz der vorjährigen Revolution; eine Unzahl Pfaf- fen mit dreieckigen Hüten vor den Caffeehäusern etc., kurz ganz italiänisch; die treuherzige Art der schweitzer, alle fremden zu grüßen, fängt hier schon an. seit der revolution vom december vorigen Jahres ist der kanton der fo- yer der revolutionären Propaganda für italien und in steter correspondenz mit dem Pariser Haupt Club; das war auch der Hauptgrund, weßhalb diese revolution gemacht wurde, mittelst schweren geldes, sie soll den urhebern 800.000 fr. gekostet haben; die Haupt-Moteurs waren die Brüder Ciani aus mailand, refugies und sehr reich, sie nahmen auch deßwegen die Amnestie nicht an, sondern begehrten und erhielten denn auch die förmliche entlas- sung aus der österreichischen staatsbürgerschaft und leben nun ganz im Kanton Tessin; dieses italiänische Gesindel ist dem Teufel zu schlecht; jede meinung, jede farbe kann durch wahre, innige überzeugung und reinere Absichten Achtung einflößen, aber solchen elenden miserablen dreckseelen, als es diese wälschen liberalen sind, gebührt nichts als ein strick und der galgen. die regierung ist abwechselnd durch 6 Jahre in Bellinzona, lu- gano und Locarno, wo sie jetzt ist; ein Consiglio di Stato (9 Räthe mit 80 louisd’ors Besoldung, wovon stets 5 anwesend sein müssen) und der gran consiglio. luzern 25. september hier bin ich endlich und unendlich froh, den gotthard hinter mir zu haben, denn die reise hieher war höchst lästig und beschwerlich, und ich gedenke, sie nicht so bald wieder zu machen; ich habe in meinem Leben keine so er- bärmlich organisirte Anstalt gesehen als diesen gottharder eilwagen, und dazu das infame Wetter, welches mich bis hieher begleitete, denn es regnete fast ununterbrochen, erst jetzt scheint es sich wieder aufheitern zu wollen, dabey ist es aber grimmig kalt. gestern um 6 uhr früh verließ ich Bellinzona in einem elenden karren von einem Beiwagen (denn der eilwagen war schon von mailand ganz voll), den wir noch dazu auf jeder station wechseln mußten. überhaupt seit gott in seinem Zorn die eilwägen erfunden, und ich sage mit dumas, daß es außer den galeerensclaven keine größere knechtschaft gibt als die eines Reisenden in der Diligence, mit mir fuhren 2 Kaufleute, ein Franzose und ein Piemontese, und von faido aus ein deutscher fußreisender. von Bellinzona aus fährt man längs dem ticino in einem ziemlich brei- ten Thale fort, welches sich jedoch allmählich verengt; es ist recht hübsch, jedoch nichts besonderes, außer den unzähligen mitunter magnifiquen Cas-
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
I
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
744
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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