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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ - Tagebücher 1839–1858, Band I
Seite - 96 -
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96 Tagebücher felsbrücke gebaut, weil sie der teufel gegen dem gebaut haben soll, daß die Seele des ersten darüber Gehenden sein seyn sollte; doch prellte ihn der landammann von hier, indem er einen Pudel vorauslaufen ließ, worüber der teufel ergrimmt einen großen stein auf die Brücke schleuderte, um sie zu zerstören, jedoch gerade als der Pfarrer und clerus von Alt[d]orf sie einsegnete, so daß der Felsenblock machtlos daneben hinfiel und noch heute der stein des teufels heißt. die straße geht dann immer längs der reuß und 3 bis 4 mal auf beinahe ebenso schauerlich kühnen Brücken über dieselbe; das Ganze ist sublime und muß es noch mehr gewesen seyn, als noch der alte reitweg bestand, welcher noch acto sich in großen, gut erhal- tenen fragmenten unter und längs der jetzigen kunststraße hinzieht, denn dieser enge und kühn gebaute reitweg harmonierte besser mit der scene- rie; zu dieser gehörte auch jene noch vollkommen erhaltene Teufelsbrücke, denn die, worüber die Wägen passiren, ist erst vor 20 Jahren zugleich mit der straße gebaut, und es verlohren dabey allein 39 menschen ihr leben. So geht dieser magnifique Weg ein paar Stunden fort, ein Naturwun- der nach dem anderen; bald nach Wassen kommt der Pfaffensprung, eine stelle, wo die reuß so von den felsen verengt wird, daß die sage erzählt, ein von häschern verfolgter geistlicher sey, um sich zu retten, samt einem entführten mädchen darüber gesprungen. in Amsteg ist man ganz in der Ebene; dort hielten wir eine 1/2 Stunde an, und von da ging es über den hi- storisch-klassischen Boden der schweitz weiter, längs der (theilweise schon wieder ausgetrettenen) reuss an den ruinen des schlosses Attinghausen, nudenz [?] (bey Altorf) Zwing uri, Bürglen etc. nach Altorf, wo die gasse, in welcher tell schoß, noch steht, so wie die Plätze, wo er und sein knabe stand; wir fuhren durch dieselbe. Bald darauf waren wir in Fluelen und schifften uns auf dem Dampfboot ein; es regnete noch in einem fort, und ich brachte beinahe die ganze Zeit der Überfahrt unten in der Cajüte zu; im grund ewig schade, obwohl ich den see schon von früher her kenne, nur die tell’s kapelle, das grütli, Beckenried, Weggis, etc. sah ich bey meinen momentanen Erscheinungen am Verdeck; auch presentirte sich das Alles bey dem Wetter durchaus nicht schön; erst kurz vor Luzern, wo wir um 4 uhr ankamen, heiterte sich das Wetter auf. ich wollte wie im vorigen Jahr beym cygar wohnen, konnte aber den einladungen jener beyden herren nicht ausweichen, welche mich engagirten, mit ihnen zum cheval blanc zu gehen, wo man auch recht gut ist; doch war es mir unangenehm, weil ich für mein frank gegenüber angenommenes incognito fürchtete. schwytz, uri, unterwalden und glarus sind die einzigen 4 cantone, die noch nach alter sitte lands-gemeinden statt der großen räthe haben. nach einem sehr comfortablen diner und caffée im salon beym ka- minfeuer (denn es ist grimmig kalt) mit meinen 2 reisegefährten, ging ich
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„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“ Tagebücher 1839–1858, Band I
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Untertitel
Tagebücher 1839–1858
Band
I
Autor
Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
Herausgeber
Franz Adlgasser
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-205-78612-2
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
744
Schlagwörter
Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort (Ffritz Fellner) 9
  2. Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg (1813–1858) – eine Lebensskizze 11
  3. Überlieferung der tagebücher 37
  4. Editionsrichtlinien 41
  5. Tagebücher 1839–1847 43
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