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März 1841
Weiber; auch wir Österreicher waren ziemlich zahlreich representirt, Vin-
cenz Auersperg, toni Wenkheim, cebrian, ein Baron geimüller, ein graf ka-
raczonji, etc. litta stellte mich dem Botschafter, seiner frau und stieftochter
gräfin st laurent vor, dann einer engländerin mrs. Perceval, die mich zu
einem concert in dieser Woche bey ihr bath, etc. kurz es war ein rout wie
alle anderen, und ich blieb ziemlich lange, bis gegen 11 uhr.
[rom] 30. märz Abends
heute früh schrieb ich Briefe und ging dann gegen mittag in die galerie
Borghese, die zahlreichste aller Privat-Sammlungen in Rom; mir gefiel
hauptsächlich eine santa famiglia von titian, die 3 grazien von demselben,
die superbe kreutzabnahme von raffael, die berühmte sibylle von cuma
von dominichino, eine madonna von Andrea del sarto, eine santa famiglia
von demselben, eine fornarina von giulio romano, ein cesare Borgia von
raffael, die famose danae von correggio, etc., nebstdem gibt es eine menge
anderer curiosa, Antiquitäten, mosaiques, etc., die mich aber nicht sehr an-
zogen; überhaupt ist es ein großer Übelstand, daß die varietät der Gegen-
stände gar so gering ist, und sich daher dieselben sujets bis zum überdruß
wiederholen; dafür war durch die heidnische Götterlehre herzlich besser ge-
sorgt als durch die christliche religion.
hierauf ging ich in den Palazzo sciarra, dessen galerie viel kleiner ist,
aber in ihrem letzten saale eine collection von meisterwerken darbiethet,
die mir einen wahren genuß verschafften, von dem ich mich kaum losrei-
ßen konnte; dazu gehören vor Allem 2 Maddalene von Guido Reni, beyde
in lebensgröße, davon eine die madonna [sic] delle radici heißt, dann der
suonatore di violino von raffael, der heilige marcus, Johannes und Jacob,
sämmtlich von guercino, tizians maitresse von ihm selbst, etc.
nachdem ich dann ein kleines déjeuner à la fourchette zu mir genommen
hatte, wo ich mehrere Bekannte, cebrian, Wenkheim, karaczonji etc. getrof-
fen, ging ich über die promenade vom monte Pincio, bey der villa medici
(jetzt die Academie de france) vorbey, in den herrlichen garten der villa
Borghese, das hauptrendez-vous der Wägen, reiter und fußgänger, inso-
fern in rom, wo alle fremden mit dem Ansehen der merkwürdigkeiten be-
schäftigt sind, ein solches allgemeines rendez-vous bestehen kann, spatzie-
ren, und da der Tag sehr schön war, war es auch ziemlich belebt; ich kam
gerade dazu, wie ein alter Bekannter von mir aus der schweitz, ein Baron
lotzbeck aus Baiern, durch seine ungeschicklichkeit jämmerlich vom Pferde
fiel.
um 6 uhr speiste ich bey unserm Botschafter, der Alles was von öster-
reichern in rom ist, zusammen geladen hatte, coudenhove, louis Zichy,
Wenkheim, Auersperg, cebrian, karaczonji, durieux, Auerspergs Begleiter,
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien