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April 1841
auf dem Platze und der Basis des alten senats gebäudes erbaut ist, gibt es
auch manche schöne sachen, darunter die fresken des cavaliere d’Arpino,
die berühmte etruskische Wölfin von Bronze, welche romulus und remus
säugt, die bronzene statue des jungen menschen, der sich einen dorn aus
dem fuße zieht, die Buste des Junius Brutus, die michel-Angelo’s von ihm
selbst, deren kopf aus bronze, das übrige von marmor ist, etc.
nachher flanirte ich ein bischen herum, weil der tag gar so schön und
einladend war, und kam gerade beym hotel d’Allemagne vorbey, als hans
Kolowrat hinein fuhr, worüber ich eine große Freude hatte; ich sprach ihn
aber nur einen moment, wollte ihn nach tisch besuchen, da war er aber aus-
gegangen.
es ist unglaublich, wie viel fremde täglich und stündlich her gezogen
kommen; es sind wahre Wagenreihen und als wollte sich ganz Europa auf
rom entleeren, eine neue förmliche völkerwanderung. Abends war ich bey
Potemkin, wo ziemlich viel leute waren.
gräfin Buol, der lottum intime freundin, mit der sie voriges Jahr in Pisa
war, ist hier, lebt aber ganz zurück gezogen; man wollte mich dort auffüh-
ren, aber ich zog vor, ihre Bekanntschaft wie zufällig zu machen, was sich in
der charwoche wohl finden wird, denn sonst könnte es wieder zu tripotagen
Anlaß geben, welche von rom über die schweitz nach dem haag, Berlin und
bis Schweden reichen dürften; freuen aber würde es mich, aus erster Hand
lottumania zu erfahren.
[rom] 2. April früh
gestern ging ich schon gegen 11 uhr aus hans kolowrat zu besuchen, den
ich nach seiner gewohnheit unglücklich und verzweifelt fand, dießmal aber
nicht mit unrecht, denn er war in einem infamen loch logirt, und mit ihm
sein reisegefährte graf Berenji. ich blieb kurze Zeit bey ihm, da er eben im
Begriffe war auszugehn, und ging dann, um die Zeit zu tödten, weil ich erst
von 1/2 1 meinen Wagen hatte, zu louis Zichy, bey welchem coudenhove
wohnt; der zog sich gerade in seinem ungarischen costume an, um sich als
solcher von einer englischen Miss mahlen zu lassen; ich fand bey ihm ei-
nen m. de Bussières, der ehemals in Wien bey der Botschaft war, seit 1830
aber, als erzlegitimist, sich von Allem zurück gezogen hat und hier in stil-
lem royalismus lebt.
später ging ich auf unsere Ambassade, um herrn v. ohms einen Besuch
zu machen, und lernte dort Baron Binder, den österreichischen Agenten für
die geistlichen Angelegenheiten, einen langweiligen alten herrn, kennen.
von da fuhr ich auf monte cavallo, oder eigentlich in die dattaria neben
der päpstlichen Residenz, um einen Besuch zu machen; es hatte mir nähm-
lich der päpstliche consul in mailand ein Packet an den signor evengelisti,
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien