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Tagebücher148
primo cifrista alla segretaria di stato, eine Art von unter-staats-secretär
des Auswärtigen mitgegeben, und nachdem ich es ihm zugesandt hatte,
wollte ich ihn kennen lernen; ich fand in ihm einen unendlich höflichen, gut-
müthigen, redseligen, alten herrn, der mir alle seine politischen fata der
letzten 50 Jahre erzählte, über den tod seines Jugendfreundes leo Xii.
thränen vergoß, dabey aber wirklich aus dem herzen zu sprechen schien,
so daß mich seine Conversation wahrhaft interessirte; ich fragte ihn bey die-
ser gelegenheit um den Weg, welcher einzuschlagen sey, um sich um den
gregors-orden zu bewerben.
[rom] 2. April Abends
von der dataria fuhr ich in den Palazzo Barberini, wo ich nicht viele, aber
einige magnifique gemälde sah, darunter verzüglich die fornarina von raf-
fael, eine sklavin von tizian, die magnifique Beatrice cenci (die als 16jäh-
riges mädchen ihren vater, der ihrer tugend nachstellte, ermordete, und
dafür enthauptet wurde, gegen das Ende des 16. Jahrhunderts; es gibt noch
cenci und einen Palazzo cenci) von guido reni, eine santa cecilia von lan-
franco, und eine frau des Putiphar von Biliverti.
dann fuhr ich nach der villa Albani, jetzt castelbarco, außerhalb der
Porta salara, es ist eine Profusion von marmor, Alterthümern, statuen, etc.,
worunter aber der einzige bas-reliefs des Antinous merkwürdig ist; die Aus-
sicht auf Rom so wie die Architektur des Gebäudes aber ist sehr schön; es
sind einige sehr schöne fresken von mengs und eine Bildergalerie, jedoch
nichts Besonderes, bis auf eine kleine transfigurazione von raffael, welche
einige für original halten.
von da fuhr ich zur kirche santa maria dei Angeli auf der piazza di ter-
mini, welche ganz in einen theil der thermae diocletiani hinein gebaut ist,
was man ihr auch gleich an ihrer Bauart ansieht, denn sie ist nichts als ein
eingedecktes, ungeheures Badezimmer; es sind darin die Gräber der Mah-
ler maratta und salvator rosa und 4 große schöne Bilder von dominichino,
maratta, Pomerancio etc. dann stieg ich ein bischen in den colossalen rui-
nen der thermen herum, welche einem einen Begriff der staunenswerthen
Bauten des Alterthums geben; die immense Kirche, das sehr ausgedehnte
karthäuserkloster (meistens von französischen mönchen bewohnt) daneben
der große 4eckige vorhof mit den superben, von michelangelo gebauten Ar-
caden, ringsherum, und der friedhof in seiner mitte, alles das und noch viele
andere gebäude bedecken kaum 1/10 des grundes jener thermen, welche
ganz diesen mönchen gehören und denselben blos an Wein jährlich 5–6000
scudi abwerfen.
dann besah ich die kirche santa maria maggiore, welche besonders durch
ihre größe, durch die höhe ihrer beyden kuppeln und dadurch merkwürdig
„Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
Tagebücher 1839–1858, Band I
- Titel
- „Österreich wird meine Stimme erkennen lernen wie die Stimme Gottes in der Wüste“
- Untertitel
- Tagebücher 1839–1858
- Band
- I
- Autor
- Viktor Franz Freiherr von Andrian-Werburg
- Herausgeber
- Franz Adlgasser
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-205-78612-2
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 744
- Schlagwörter
- Viktor Andrian-Werburg (1813 - 1858), Revolution 1848, Austrian Neoabsolutism, Austria future (1842), Late Vormärz, Reform and Repression
- Kategorie
- Biographien