Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Der Weg ins Freie
Seite - 134 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 134 - in Der Weg ins Freie

Bild der Seite - 134 -

Bild der Seite - 134 - in Der Weg ins Freie

Text der Seite - 134 -

scharfen Umrissen, wie sie ihm erschienen, da er als Knabe mit dem Prinzen von Makedonien in die abendliche Stadt zurückgeritten war; die dämmrige Kirche tat sich auf, wo er seine erste Geliebte als Braut zum Altar hatte schreiten sehen; unter einem dunkeln Himmel zog ein Nachen mit seltsam schwefelgelben Segeln an der Küste hin… Er begann zu reden, sprach von den vielen Städten und Landschaften des Südens, die er als Knabe, als Jüngling gesehen, erzählte von der Sehnsucht nach diesen Orten, die ihn oft wie ein wahres Heimweh ergriff, von seiner Freude all das Ersehnte, Bewahrtes und Vergessenes, und vieles Neue, mit gereiftem Blick umfassen zu dürfen, und diesmal in Gesellschaft eines Wesens, das fähig, alles mit ihm zu verstehen und zu genießen, und das ihm teuer war. Doktor Stauber, der eben daran war, ein Buch in die Reihe zurückzustellen, wandte sich plötzlich nach Georg um, sah ihn mild an und sagte: »Das laß ich mir gefallen.« Da Georg seinen Blick ein wenig befremdet erwiderte, setzte er hinzu: »Es war nämlich das erste warme Wort über Ihre Beziehung zu Annerl, das ich im Laufe dieser Stunde von Ihnen vernommen habe. Ich weiß, ich weiß, es liegt nicht in Ihrer Art, sich einem beinahe fremden Menschen gegenüber aufzuschließen, aber gerade weil ichs eigentlich nicht erwarten durfte, hats mir wohlgetan. Es ist Ihnen wirklich aus dem Herzen gekommen, man hats gemerkt. Und es hätte mir leid getan um das Annerl – entschuldigen Sie, ich heiß sie halt noch immer so – wenn ich mir hätte denken müssen, Sie haben sie nicht so gern, wie sie es verdient.« »Ich weiß eigentlich nicht«, erwiderte Georg kühl, »was Sie veranlaßt, daran zu zweifeln, Herr Doktor.« »Hab’ ich etwas von Zweifeln gesagt?« erwiderte Stauber gutmütig. »Aber schließlich, es soll schon dagewesen sein, daß ein junger Mann, der allerlei erlebt hat, so ein Opfer nicht genügend würdigt. Es bleibt ja doch ein Opfer, lieber Baron. Wir können noch so erhaben sein über alle Vorurteile – eine Kleinigkeit ist es heutzutage noch immer nicht, wenn sich ein junges Mädel aus guter Familie zu so was entschließt. Und ich wills Ihnen nicht verhehlen – Annerl hab ichs natürlich nicht merken lassen – es hat mir doch einen leisen Ruck gegeben, wie sie neulich bei mir gewesen ist und mir die Sache erzählt hat.« »Entschuldigen Sie, Herr Doktor«, erwiderte Georg geärgert aber höflich, »wenn es Ihnen einen Ruck gegeben hat, so beweist das doch einiges gegen Ihr Erhabensein über Vorurteile… « »Da haben Sie recht«, sagte Stauber lächelnd. »Aber vielleicht sehen Sie mir diese Rückständigkeit nach, wenn Sie bedenken, daß ich etwas älter bin als Sie und aus einer andern Zeit herkomme. Und dem Einfluß seiner Epoche kann sich selbst ein ziemlich selbständig denkender Mensch… was zu sein 134
zurück zum  Buch Der Weg ins Freie"
Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Weg ins Freie