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Der Weg ins Freie
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gekränkt, geärgert oder auch nur unsicher gegenüberstände, eine solche Auffassung mit Entschiedenheit abzulehnen. Er selbst freute sich auf den Abend, der ihm bevorstand, nach den vielen Wochen, die er ausschließlich in Annas Gesellschaft verbracht hatte. Beinahe spürte er ein wenig Neid auf Demeter, der sich nun auf einer so sorgenlosen Vergnügungsreise befand, in der Art wie er selbst sie im vorigen Jahr mit Grace gemacht hatte. Dazu kam, daß ihm Therese besser gefallen hatte als je. So vielen schönen Frauen er im Laufe der letzten Monate begegnet war, noch niemals, trotzdem Anna an weiblicher Anmut immer mehr verlor, war er in ernste Versuchung geraten. Heute zum erstenmal wieder fühlte er Sehnsucht nach neuen Umarmungen. Bald sah er durch die Gitterstäbe des Balkons das hellblaue Morgenkleid Annas schimmern. Georg pfiff, nach gewohnter Art sich anzukündigen, die ersten Takte der Beethovenschen fünften Symphonie, und gleich erschien über dem Geländer das blasse, sanfte Gesicht der Geliebten, und ihre großen Augen begrüßten ihn lächelnd. Er hielt das Päckchen Briefe in die Höhe, sie nickte befriedigt, dann eilte er rasch hinauf in ihr Zimmer auf den Balkon. Sie lehnte in einem Strohsessel vor dem Tischchen mit der grünlichen Schutzdecke, auf dem sie eine Handarbeit liegen hatte, so wie es beinahe immer der Fall war, wenn Georg von seinem Morgenspaziergang nach Hause kam. Er küßte sie auf die Stirn und auf den Mund. »Also was glaubst du, wem ich begegnet bin?« fragte er hastig. »Else Ehrenberg«, antwortete Anna, ohne Besinnen. »Wie kommst du drauf? Wie sollte die hierher geraten?« »Nun«, sagte Anna pfiffig, »man könnte dir ja nachgereist sein.« »Man könnte, aber man ist es nicht. Also rat weiter. Dreimal darfst du.« »Heinrich Bermann.« »Aber keine Idee. Von dem ist übrigens ein Brief da. Also weiter.« Sie dachte nach. »Demeter Stanzides«, sagte sie dann. »Wie, weißt du am Ende etwas?« »Was soll ich denn wissen? Ist er wirklich da?« »Donnerwetter du wirst ja ganz rot, o!« Er kannte ihre Schwärmerei für Demeters melancholische Kavaliersschönheit, fühlte aber keine Spur von Eifersucht. »Also ist es Stanzides?« fragte sie. »Ja, allerdings ist es Stanzides.« »Daran kann ich aber mit dem besten Willen nichts Merkwürdiges finden.« 160
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Der Weg ins Freie
Titel
Der Weg ins Freie
Autor
Arthur Schnitzler
Datum
1908
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
306
Schlagwörter
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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