Wer schuf das Schoisswohlkreuz?#
von
Das „Schoisswohlkreuz“ in der Pfarrkirche von Windischgarsten zählt zu den schönsten barocken Schmiedeeisenkreuzen Österreichs. Es hat die Form einer Monstranz und wird von fünf Blechschnitten gekrönt, welche die Überlieferung des Lukas-Evangeliums (24) darstellen: Im Zentrum der auferstandene Heiland als Sieger über den Tod, zwei Engel sowie Maria von Magdala und Petrus. Die Spiralen des Kreuzes, aus denen Blätter entsprießen, sind Symbole für das ewige Leben, aus dem Kreuz entwachsen Blüten, die Farbe Grün symbolisiert die Hoffnung. Fratzen- und Fischköpfe sollen das Böse fernhalten, vier vergoldeten Engel erinnern an den Himmel.
In der Schmiedearbeit finden sich keinerlei Schmiedezeichen oder Initialen des Meisters. Otfried Kastner stellte 1954 im Buch „Eisenkunst im Lande ob der Enns“ fest: „Das Schoißwohl-Kreuz in Windischgarsten zeigt die heimische Grabkreuzschmiedekunst auf ihrer überragenden Höhe.“ Als Schöpfer des Kunstwerks nannte er Andreas Ferdinand Lindemayr, auch im „DEHIO“ wird das Kreuz demselben Meister um 1720 zugeschrieben.
Etwa um 1960 hat Kunstschmied Pöttinger in Grieskirchen das Kreuz restauriert, es wurde dann wieder im Freien aufgestellt. Leider sind damals die Blechschnitte entfernt worden. Im Jahr 1981 konnte ich Herrn Pfarrer Kierner davon überzeugen, dass das wertvolle Kreuz restauriert werden und einen sicheren Platz im Inneren der Pfarrkirche bekommen soll.
Mit der Restaurierung wurde Schmiedemeister Wolfgang Auer in Braunau beauftragt, der einige Jahre vorher das Abschlussgitter in der Spitaler Kirche restauriert hatte. Er stellte eindeutig fest, dass das Schoisswohlkreuz nicht von Lindemayr stammt, weil es andere Stilmerkmale aufweist. Ich habe die Blechschnitte nach einem alten Foto erneuert, Wolfgang Auer hat sie bemalt. 1982 war das Kreuz fertig und fand einen Platz in der Pfarrkirche. Schulrat Kusché schrieb damals in das Namenskästchen: „Das Schoiswohlkreuz gilt als das schönste Schmiedeeisenkreuz Österreichs. Eine Elisabeth Schoisswoll vom Kemmetmüllerhaus Nr. 47 bestimmte bei Lebzeiten 40 Gulden für ein eisernes Totenkreuz. Sie starb am 2. Jänner 1702. Meister noch unbekannt.“
Ich habe mich daher mit der Geschichte der Schmiedewerkstätten des Garstnertales beschäftigt und die Zunftbücher der Huf- und Hackenschmiede und Wagner, die Häuserchronik und die Pfarrmatrikeln von Windischgarsten durchforscht. Da das Kreuz wahrscheinlich schon sehr bald nach dem Tode von Elisabeth Schoisswohl hergestellt worden war, kann das im DEHIO angegebene Jahr um 1720 wohl nicht stimmen. Lindemayr (geb. 25.11.1686) war 1702 im 16. Lebensjahr und wurde laut Zunftbuch erst am 1. Juni 1705 als Meister in die Zunft aufgenommen. Die strengen Handwerksordnungen sahen außerdem auch einen Gebietsschutz für die Mitglieder ihrer Zunft vor, daher musste der Meister ein Mitglied der Windischgarstner Zunft gewesen sein.
Allmählich konnte ich ihn aus den genannten Unterlagen ermitteln, es war mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Schmiedemeister Veith Parteller. Erstmals scheint sein Name im Jahr 1675 im Zunftbuch auf, als er bei Salomon Villhaber, Schmied in der Salza (heute Windischgarsten, Schmiedegasse Nr. 4 „Schleiffer“) als Geselle aufgenommen worden war. Salomon Villhaber starb jedoch am 1. März 1679 und die Witwe schloss bald darauf mit Veith Parteller einen Ehevertrag.
Unter „Meisterwerden“ findet sich im Zunftbuch 2 die Eintragung: „28. Juny: Den heundt dato 1679. Jahr ist Veith Bardteller bey ainem ersamben Handtwer. fiehr ainen Huef und Hackhenschmidtmaister aufgenomen wordten.“ Die Hochzeit fand am 17. Juli 1679 in der Pfarrkirche Windischgarsten statt, im Ehebuch ist dokumentiert, dass Veith Parteller ein ehelicher Sohn des „Veithen Parteller in Lisn im Bistumb Brixen und Maria seiner Hauswirthin“ war.
Nach Auskunft von Frau Dr. Christine Roilo vom Südtiroler Landesarchiv in Bozen ist mit „Lissn“ der Ort Lüsen gemeint, der in einem Seitental des Eisacks oberhalb von Brixen liegt, der Name Parteller kommt in den dortigen Pfarrmatrikeln sehr häufig vor. Eine zweite Tatsache macht die Zuschreibung des Kreuzes an Parteller noch wahrscheinlicher: Als seine Frau Anna am 17. April 1690 gestorben war, heiratete er wenige Monate später die Kusine von Elisabeth Schoisswohl. Die aus heutiger Sicht eigenartig formulierte Eintragung im „Copulationsbuch“ lautet: „Den 7. August 1690 ist der erbar und beschaidene Veith Parteller, bürgerlicher Hueff- u. Hackhenschmidt in der Salza, ain Wittiber, mit der ehrn- und tugendsamen Jungfrau Sabina, des ehrenwerthen und vornehmben Herrn Andreas Schoißwoll des Rathsburger alhier, Maria, dessen Ehewirthin beede noch im Leben, ehelich erzeugte Tochter copuliert worden.“
Aus dieser Ehe gingen neun Kinder hervor, sechs davon starben schon in jungem Alter. Ein Sohn erlernte das Schmiedehandwerk bei seinem Vater und wurde nach 1729 Meister in Kalwang. Tragisch endete das Leben Veith Partellers: Er kam bei einem Hochwasser am 1. September 1707 ums Leben, sein Leichnam wurde erst mehrere Wochen später gefunden und am 11. Oktober 1707 begraben. Das höchstwahrscheinlich von ihm geschmiedete und nun schon über 300 Jahre alte Kreuz erinnert die Besucher der Pfarrkirche Windischgarsten daran, dass der Tod nicht Ende, sondern Beginn eines neuen Lebens bedeutet. Es spendet daher bis heute Trost und Hoffnung und ist Zeuge für die Kunstfertigkeit der alten Meister.
Andere interessante NID Beiträge