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Die Wiener Stadthalle - Ein Bauwerk für das Comeback Wiens als Weltstadt#

Die von Roland Rainer 1953 entworfene und bis 1958 errichtete Wiener Stadthalle war von Anfang an viel mehr als nur Ort für Veranstaltungen. Sie galt als Symbol für den Wiederaufbau, den politischen Neuanfang und den wirtschaftlichen Aufschwung Wiens. Mit der Eröffnung der Stadthalle schaffte Wien das Comeback als Weltstadt und den Wiedereinstieg in die Weltkultur. Eine Stadt gewann mit einem Bauwerk wieder ihr Selbstbewusstsein zurück. Kaum jemand fällt die unscheinbare, frei stehende Betonwand auf, die am Rand des Roland-Rainer-Platzes, gleich in der Nähe des Haupteinganges, steht. Pro Jahr strömen mehr als eine Million Menschen über diesen Platz zu den Veranstaltungen in der Wiener Stadthalle. Zu oft ist man schon daran vorbei gegangen, oder man nimmt sich nicht die Zeit, die in Großbuchstaben eingravierte, kulturhistorisch interessante Inschrift zu lesen. Vielleicht auch, weil der Text viel zu salbungsvoll und nicht mehr „zeitgemäß“ klingt:

„Die Wiener Stadthalle, geplant nach Not und harter Kriegszeit als Zeugnis der ungebrochenen Kraft des arbeitenden Volkes von Wien, gebaut in der jungen Freiheit der Heimat als Versprechen für eine schönere Zukunft, gewidmet der Jugend Wiens, dem Volk der Republik Österreich und allen Gutgesinnten der Welt als Heimstätte des friedlichen Wettbewerbs der Kunst und des Sportes.“

Der in Betonbuchstaben gegossene Spruch sagt viel darüber aus, was die Menschen damals, als die Wiener Stadthalle erbaut und eröffnet wurde, empfanden. Wien stand in den 1950er-Jahren mitten im Wiederaufbau. Man hatte die Zeit des Nationalsozialismus und dessen Verbrechen noch lange nicht aufgearbeitet, aber zumindest im ersten Ansatz überwunden. Wien war dabei, sich wieder ein neues Image zu schaffen, langsam schöpften die Menschen wieder Hoffnung, man wollte konstruktives Können und Stärke signalisieren. Im Oktober 1952 beschlossen deshalb die Wiener Kommunalpolitiker, ein Bauwerk zu errichten, in dem unter einem riesigen Dach eine Vielzahl verschiedener kultureller und sportlicher Aktivitäten, die für eine moderne Großstadt unabdingbar sind, möglich wäre: die Wiener Stadthalle. Für die Errichtung einer großen Multifunktionshalle gab es aber auch noch einen ganz praktischen Hintergrund. Mit dem Brand der Rotunde im Jahr 1937 – eine der größten Versammlungshallen der damaligen Welt – hatte die Stadt ihre wichtigste Veranstaltungsstätte verloren.

Internationale Ausschreibung#

© Verlag Christian Brandstätter, Wien
© Verlag Christian Brandstätter, Wien
Im Oktober 1952 wurde für die Errichtung der Wiener Stadthalle ein internationaler Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Der Stadthallen-Wettbewerb war so etwas wie eine Nachkriegssensation. Denn bisher gab es in Wien nur zwei Architekturprojekte mit ausländischer Beteiligung, und zwar für die Ringstraße im Jahr 1859 und für das Praterstadion im Jahr 1928. Beide Wettbewerbe verhalfen der Stadt, wie man noch heute sehen kann, zu Bauwerken höchster architektonischer Qualität. Am Stadthallen-Wettbewerb hatten 16 internationale Planer und Planungsgemeinschaften teilgenommen. Im Sommer 1954 standen die Gewinner fest. Die beiden renommierten Architekten Roland Rainer und Alvar Aalto wurden bestgereiht, schließlich wurde Roland Rainer, später auch oberster Stadtplaner Wiens, mit der Umsetzung beauftragt.


Eines der spektakulärsten und zukunftsweisenden Hallenprojekte Europas sollte mit folgenden Auflagen umgesetzt werden: großer Fassungsraum, höchste Flexibilität für eine breite Palette von Sport-, Show- und Messeevents, hohe Funktionalität.

Die Show kann beginnen#

Halle D
Die große Halle D
Das Jahr 1958 war ein entscheidendes für die Neupositionierung Wiens als moderne Weltmetropole. Die eben erst gegründete AUA nahm im März ihren Flugbetrieb auf. Im Juni wurde anlässlich der Europagespräche im Rathaus, wo Staatssekretär Bruno Kreisky einen Vortrag über „Neutralität und Integration Europas“ hielt, der Platz vor dem Westbahnhof in Europaplatz umbenannt. Und am 21. Juni 1958 konnten dann am Vogelweidplatz Bundespräsident Adolf Schärf und Bürgermeister Franz Jonas die Wiener Stadthalle nach fünfjähriger Bauzeit offiziell eröffnen. 11.000 Menschen fasste der weite Raum der neuen Wiener Stadthalle – neuntausend Gäste und zweitausend Mitwirkende. Die große Halle D (13.000 Quadratmeter Nutzfläche, maximale Kapazität heute 16.000 Besucher) war an diesem Tag nicht zum letzten Mal bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt.

Der Eröffnungstag gehörte dem Sport: Stemmer, Boxer, Judoka und Fechter zeigten ihr Können, die neue Eishalle wurde beschnuppert. Und auch die legendären Harlem Globetrotters waren da. Wien inszenierte sich als offene Stadt: Von Mitgliedern des „Allgemeinen Sportverbandes“, des „ASKÖ“ und der „Union“ wurden Flaggenspiele gezeigt. Den Auftakt dazu bildete der Einzug der österreichischen Fahne und der Fahne der Stadt Wien, umgeben von den Fahnen der Bundesländer, die auf dem weiten Parkett ausgelegt wurden. Den feierlichen musikalischen Rahmen steuerten die zwei berühmtesten Orchester Wiens bei: Wiener Philharmoniker und Wiener Symphoniker bildeten zum ersten Mal in ihrer Geschichte ein gemeinsames Orchester. Die Wienerinnen und Wiener hatten ihre Halle allerdings schon vorher Schritt für Schritt in Besitz genommen.

Die Baugeschichte in Kürze #

Im Oktober 1953 erfolgte die Grundsteinlegung, im März 1954 wurde mit dem Bau begonnen. Bereits 1957 konnte der Betrieb in den Hallen A und B aufgenommen werden. Am 19. Oktober desselben Jahres fand die erste öffentliche Veranstaltung in der Halle A statt: Sechs Radballmannschaften traten zu einem internationalen Turnier an. Und bereits am 1. März 1958 ging die Eishalle in Betrieb. Bis auf den heutigen Tag bietet sie unabhängig von der Außentemperatur täglich für professionellen Eisläufern, Amateuren und Kindern die Möglichkeit zu Training und Spaß am Eis.

Eröffnungen gab es in der Folge noch einige. Der Stadthallenkomplex wurde in seiner fünfzigjährigen Geschichte mehrmals erweitert und adaptiert. Im Jahre 1974 öffnete das Stadthallenbad mit Trainings-, Sport- und Sprungbecken seine Pforten. Für internationale Meisterschaften stehen Tribünen für bis zu 800 ZuschauerInnen zur Verfügung.

1994 kam die Halle E hinzu, welche hauptsächlich für Ausstellungen, Messen und gesellschaftliche Empfänge bzw. Anlässe aller Art genutzt wird. Als bis dato letzte große Innovation wurde im Jänner 2006 die neue Halle F mit 2.036 Sitzplätzen für mittelgroße Veranstaltungen – vom Popkonzert bis zum Show- und Entertainmentprogramm eröffnet.

Architektur, die als Vorbild gilt#

Die Konstruktion der Wiener Stadthalle beeindruckt vor allem durch das 10.000 Quadratmeter große Stahldach über der Haupthalle. Dieses Dach ist das Kennzeichen des Baus und wurde später auch zum Firmenlogo der Stadthalle gemacht. Elektrisch ausziehbare Stahlblechtribünen sowie spezielle Vorhangsysteme ermöglichen es, die Halle für verschiedenste Veranstaltungen zu verwenden. Die Wiener Stadthalle – gigantisch in ihren Dimensionen und in der kulturpolitischen Bedeutung – ist heute aus Wien nicht mehr wegzudenken. Sie funktioniert auch nach 50 Jahren tadellos, lässt sich problemlos an die längst veränderten Ansprüchen anpassen. Auch durch die Großprojekte zur Erweiterung des Komplexes um das Stadthallenbad und die neue Halle F bleibt sie in ihrer Substanz unangetastet und architektonisch zeitgemäß.

Das alles zeigt, wie hervorragend die Arbeit Roland Rainers war. Ein Verdienst, der immer stärker gewürdigt wird. Die Stadthalle wird wieder entdeckt von immer mehr jungen Architektinnen und Architekten sowie Architekturexpertinnen und -experten, die erkennen, dass Rainers Hauptwerk eines der bedeutendsten Bauwerke der österreichischen Architektur ist. Ein prototypisches Frühwerk jener plastischexpressiven Architektur, die sich am Anfang des 21. Jahrhunderts weltweit zum Megatrend entwickelt hat.

Die Halle F - Mit einer neuen Arena in eine neue Ära #

Halle F
Die neue Halle F
Der Entertainment-Komplex am Vogelweidplatz wurde im Jahr 2006 um eine neue Halle erweitert. Die Wiener Stadthalle hat sozusagen eine junge, hübsche Tochter erhalten: die neue Halle F. Nicht nur die Shows, die in dieser Halle stattfinden, sind eine Attraktion, sondern die ganz in Rot gehaltene Arena an sich ist ein Erlebnis. Ansprechend modern, in elegantem Rot und Naturholz gehalten, mit einer Bühne, die sich wie ein Catwalk dem Publikum präsentiert. 2.000 Sitzplätze, perfekte Optik, Topdesign und eine Technik, die alle Stückerln spielt. Wer die Halle F betritt, stellt rasch fest, dass nicht nur das, was sich im Rampenlicht abspielt, eine Attraktion ist, sondern auch der Schauplatz an und für sich. Die Halle F begeistert das Publikum, aber auch die Veranstalter, deren Shows hier zu sehen sind. Zweifellos verfügt Wien mit der Halle F in der Wiener Stadthalle über eine der modernsten Showbühnen Mitteleuropas. Hier ermöglicht allein die Architektur außergewöhnliche Event-Erlebnisse. Konzipiert ist das Schmuckstück als Multifunktionsarena für unterschiedlichste Veranstaltungsformen wie Konzerte, Kabarett, Tanz, Musikshows und Festivals, aber auch zum Beispiel für Zirkus und Illusion, Modeschauen, Vorträge oder Tagungen.

Entertainment für alle Sinne#

Halle F
Die neue Halle F
Photo: Bildagentur Zolles
Staunend wanderten am 15. Februar 2006 die geladenen Gäste durch die neu eröffnete „Halle F“ der Wiener Stadthalle. Die Sitze in der Halle F sind wie in einer Arena treppenartig angeordnet, sodass von allen Plätzen optimale Sicht auf die Bühne gewährleistet ist. Die überdurchschnittliche Breite der Sitze zwischen 54 und 60 Zentimetern sorgt für optimalen Sitzkomfort. Dazu kommen noch drei VIP-Logen, ein großzügiges Foyer mit angeschlossener Gastronomie sowie Pausenfoyers auf Saalebene. Und der zentrale Kassensaal verfügt über einen direkten Zugang zur Tiefgarage.

Perfekte Technik für perfekte Shows #

Halle F
Die neue Halle F
Photo: Bildagentur Zolles
Die neue Halle F beeindruckt auch durch ihre perfekte Ausstattung. Mit 68,2 Meter Länge und
73,4 m Breite hat die Halle F eine Nutzfläche von rund 4.000 Quadratmetern. Den Besuchern stehen 2.036 gepolsterte Sitzplätze zur Verfügung. Damit ist diese Halle eines der größten Theater Wiens (Staatsoper: 1.700, Burgtheater: 1.175 Sitzplätze). Enorm sind auch die Maße der Bühne. Sie ist 27,2 Meter breit und 15,3 Meter tief und damit mehr als eineinhalb Mal so groß wie ein Tennisplatz. Der variable Bühnenboden besteht aus herausnehmbaren Kassetten, einzelne Bühnenteile sind versenkbar und es gibt sechs Bühnenzugänge. Zusätzlich steht eine Probebühne mit 420 Quadratmetern Fläche zur Verfügung. Bei den Events wird mit einer Beschallungsanlage, die eine Leistung von 60.000 Watt hat, ganz kräftig Gas gegeben. Ein variables Lichtpult sowie ein Schwerlastaufzug für 5,5 Tonnen komplettieren die technische Ausstattung. Insgesamt wurden 33 Millionen Euro in die Halle investiert.

Architekt Rainer neu interpretiert#

Das Vorarlberger Architektenduo Dietrich/Untertrifaller hat die Halle F geplant. Das Team ist als Sieger aus einem europaweiten Architekturwettbewerb hervorgegangen, bei dem insgesamt 47 Architekten ihre Visionen für eine neue Veranstaltungshalle am Vogelweidplatz einreichten. Das siegreiche Architektenteam gilt als international renommiert und hat seine Klasse bereits beim Erweiterungsbau des Bregenzer Festspielhauses eindrucksvoll bewiesen. Die Bregenzer Architekten haben bewusst die Formensprache des berühmten Baus von Roland Rainer übernommen und neu interpretiert. Die Glasfassade wurde als prägendes Stilelement übernommen, das Dach als Gegenpol und Abdruck des markanten Stadthallendachs inszeniert. „Wir wollten ein Gebäude schaffen, das mit der Idee von Roland Rainer harmoniert“, so Architekt Much Untertrifaller über die Stahlkonstruktion, die auf einem massiven Sockelbauwerk aus Stahlbeton mit 65 mal 85 Metern ruht. Ihr Entwurf der Halle F war der Zentralvereinigung der Architekten 2006 den Bauherrenpreis wert. Auch die Jury fand: „Der bauliche Beitrag passt sich perfekt an das architektonische Konzept des Stadthallenerbauers Prof. Dr. Roland Rainer an.“ Eine gelungene Reminiszenz an Tradition und Ursprung der Wiener Stadthalle und zugleich so modern.

Bestens gerüstet für die Zukunft#

Die neue Halle F ist Teil des größten Modernisierungsprogrammes, das der Entertainmenttempel am Vogelweidplatz bisher erlebt hat. Seit dem Jahr 2000 wurden insgesamt rund 70 Millionen Euro investiert, um die Wiener Stadthalle – als eine der besten fünf Großhallen in Europa – für die Zukunft zu rüsten. Weitere Schwerpunkte des Investprogrammes waren die komplette Modernisierung der Technik in den bestehenden Hallen, die Installierung neuer Brandschutzsysteme, der Bau einer neuen Tiefgarage sowie die Neugestaltung von Märzpark und Vogelweidplatz.

Text: Wiener Stadthalle/Wolfgang Gatschnegg
Bilder: Wiener Stadthalle - Bildagentur Zolles

Literatur#

  • F. Czeike, Rudolfsheim-Fünfhaus, Wiener Bezirkskulturführer, 1980

Weiterführendes#


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