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Wirtschaftswissenschaften#

Die Bedeutung der Wirtschaftswissenschaften#


Von

Univ.-Prof. Dr. R. Haberfellner, TU Graz, März 2917


1. Was ist Wirtschaftswissenschaft?#

Symbolbild Wirtschaft
Foto: pixabay.com

Zur Beantwortung dieser Frage muss grob differenziert werden zwischen Volkswirtschaft, die sich mit der Summe von wirtschaftlichen Aktivitäten eines Landes und deren Steuerung beschäftigt und der Betriebswirtschaft, die spezielle Funktionen und Entscheidungen innerhalb einer Unternehmung im Auge hat.

2. Was ist Volkswirtschaft?#

Volkswirtschaft bzw. Volkswirtschaftslehre (VWL) beschäftigt sich mit dem gesamten Markt eines Landes (oder eines Wirtschaftsraums) und wird auch Nationalökonomie oder Sozialökonomie genannt. VWL sucht nach Gesetzmäßigkeiten und Handlungsempfehlungen für die Wirtschaftspolitik. Zentrale Punkte bei der Betrachtung der Volkswirtschaft eines Landes sind die Fragen nach ihrer Leistung (Bruttoinlandsprodukt, Volkseinkommen) und Verteilung (Einkommensverteilung: wer, welche Gruppe/Kategorie erhält/erwirtschaftet wieviel), ihrer Preisentwicklung, ihrer Struktur (Sektoren, Branchen und deren Anteile), dem Grad der Beschäftigung (Arbeitslosigkeit, Voll-, Teilzeit, Männer/Frauen, Pensionsalter etc.) und ihrer Offenheit (Außenhandel). Darüber hinaus können Veränderung dieser Größen mit der Konjunktur und ihren Zyklen in Verbindung gebracht und betrachtet werden. Im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften kann auch der Grad der Entwicklung anhand sozio-ökonomischer Faktoren verglichen werden. Die zahlenmäßige Darstellung der Transaktionsgrößen erfolgt in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

Die VWL betrachtet einzelwirtschaftliche Vorgänge im Rahmen der Mikroökonomie und gesamtwirtschaftliche im Rahmen der Makroökonomie.

Die Mikroökonomie beschäftigt sich mit den Beziehungen von Haushalten und Unternehmen. Wichtige Teilgebiete sind: i) Die Haushaltstheorie, die sich überwiegend mit der Nachfrage beschäftigt (Güter-, Leistungs-, Geld-, Verkehrsnachfrage u.a.), während die ii) Produktionstheorie, sich der Angebotsseite zuwendet. Dabei geht es darum, die Produktionsfaktoren, wie Arbeit, Kapital, Boden, Energie, Wissen u.ä. in Einklang zu bringen mit der Nachfragefunktion; also eine Beziehung herzustellen zwischen dem Preis eines Gutes, der maßgeblich vom Markt bestimmt wird und der unter Kostenbedingungen hergestellten und angebotenen Gütermenge. iii) Die Preistheorie analysiert den Einfluss unterschiedlicher Marktformen (Monopol, Oligopol u.a.) und deren Auswirkung auf die Preisbildung und untersucht auch Fragen, wie sich Preisänderungen auf Angebot und Nachfrage auswirken. iv) Die Wohlfahrtsökonomie oder Allokationstheorie beschäftigt sich mit der Beeinflussung der ökonomischen Wohlfahrt durch die Zuordnung (Allokation) von Ressourcen finanzieller und anderer Art zu einzelnen Gruppen oder Wirtschaftssektoren. Es ist klar, dass alle diese Fragen mit Werten versehen werden können und in der Regel auch werden. Verschiedene Gruppen der Bevölkerung beurteilen die einzelnen Faktoren hinsichtlich ihrer Wichtigkeit und Bedeutung ganz unterschiedlich, was auf soziale, politische und ideologische Standpunkte zurückzuführen ist. Die Makroökonomie versucht, die wesentlichen Bestimmungsgründe, die internationalen Unterschiede und die zeitliche Entwicklung gesamtwirtschaftlicher Schlüsselvariablen, wie zum Beispiel gesamtwirtschaftliche Produktion von Gütern und Dienstleistungen, Gesamteinkommen, Arbeitslosigkeit, Inflation und Zahlungsbilanz, zu erklären.

3. Welche Bedeutung kann der Volkswirtschaftslehre zukommen?#

Die Analyse der geschilderten Themengebiete im Mikro- und Makrobereich, die Untersuchung ihrer Wirkzusammenhänge (durch logische Argumentation, durch Bildung von volkswirtschaftlichen Modellen und deren Simulation) können helfen, geeignete Maßnahmen zur Beeinflussung der wirtschaftlichen Situation eines Landes zu erkennen und der Politik zu Verfügung zu stellen. Ein praktisches Problem besteht dabei einerseits in der Komplexität des Themas, der Einflussfaktoren und der Zusammenhänge und andererseits in der Tatsache, dass viele komplexe Themen in ihrer Komplexität nicht erkannt bzw. akzeptiert, sondern durch ideologische Interpretation vereinfacht werden. Damit degenerieren sie eigentlich zu Primitivmodellen, mit denen man zwar Anhänger begeistern, politische Gegner diskreditieren bzw. bekämpfen kann, aber meist Probleme nicht wirklich löst. Wenn der oder die politischen Gegner unterschiedliche Ideologien vertreten, was in der Regel der Fall ist, ist kaum eine vernünftige Vorgehensweise zu erreichen, die eine Gesamtlinie erkennen lässt. Ein gegenseitiges Aushandeln von Teilkompromissen auf eigentlich nebensächlichen Schauplätzen, die in der politischen Diskussion zur Befriedigung der jeweiligen Anhänger aufgebauscht werden, ist das einzig erreichbare Ziel. Eine sinnvolle Alternative dazu wäre das gemeinsame Bemühen um eine seriöse Sachpolitik, die akzeptiert, dass jede Art von Ressourcen begrenzt ist, und deshalb verschiedene Varianten ihres Einsatzes bzw. ihrer Zuordnung möglich und nach einsichtigen Kriterien hins. ihrer Wirkmächtigkeit zu verteilen sind. Auch die Steuerungsmechanismen sind natürlich wertbehaftet, das sie unterschiedliche Ergebnisse erbringen können, die von den jeweiligen Gruppen mehr oder weniger wünschenswert eingestuft werden.

4. Was ist Betriebswirtschaft?#

Bei der Betriebswirtschaftslehre BWL kann man unterscheiden zwischen einer Allgemeinen BWL und einer Vielzahl von Speziellen BWLs.

Die Allgemeine BWL beschäftigt sich mit Funktionen und Prozessen, die in ähnlicher Form in vielen verschiedenen Unternehmungen vorkommen.

Die Spezielle BWL geht auf konkrete Verhältnisse ein, die typisch für besondere Branchen sind. Demzufolge sind im Laufe der Zeit verschiedenen Spezielle Betriebswirtschaftslehren entstanden, wie z.B.: Industriebetriebslehre, Bankbetriebslehre, Verwaltungswirtschaftslehre, Handelsbetriebslehre, Baubetriebslehre, Landwirtschaftliche Betriebslehre, Immobilienwirtschaft und andere mehr.

Daneben gibt es vermehrt Randgebiete der BWL, die weder zur Allgemeinen BWL im herkömmlichen Sinn, noch zu den nach Branchengesichtspunkten gebildeten speziellen Betriebswirtschaftslehren zählen. Beispiele sind: Die Unternehmungsführung bzw. die Führungslehre allgemein, Strategieentwicklung und Strategisches Management, die Personalwirtschaft (Human Ressource Management), Betriebs- und Wirtschaftsinformatik, Innovationslehre und –management u.a.m. Aber auch Teilgebiete der Allgemeinen BWL haben sich im Laufe der Zeit zu eigenen wirtschaftswissenschaftlichen Schwerpunkten entwickelt: Marketing, Rechnungswesen etc.

Übliche Themen der Allgemeinen BWL sind: Aufbau des Betriebes, Unternehmensführung, Unternehmensziele, Planung und Entscheidung, Rechtsformen von Unternehmungen, Zusammenschluss von Unternehmen, Liquidation, Standort, Ressourcen-Management, Produktions- und Kostentheorie, Produktionsplanung und –steuerung, Personalwirtschaft, Informationswirtschaft. Controlling. Marketing und Marketinginstrumente, Produktpolitik Preispolitik, Kommunikationspolitik, Distributionspolitik. Investition und Finanzierung Investitionsplanung und Investitionsrechnung Unternehmensbewertung Finanzplanung Finanzierung (Aussen- und Innen-F.), Rechnungswesen und Rechnungslegung, Kostenrechnung und Kostenrechnungssysteme, Erfolgsrechnung, Jahresabschluss, Buchführung und Bilanzierung u.a.m. Von den speziellen Betriebswirtschaftslehren sollen nur einige beispielhaft genannt werden:

In der Industriebetriebslehre sind Entscheidungen in folgenden Bereichen besonders wichtig: Produktplanung, Produktprogrammplanung, Kapazität der Anlagen, Gestaltung der Produktionsprozesse, Arbeitsgestaltung und Lohnformen, Materialwirtschaft (Bedarfsermittlung, Materialdisposition und Lagerhaltung), Kapazitäts- und Zeitwirtschaft, (Produktionsplanung und –steuerung), Informationswirtschaft bzgl. Auftragsabwicklung und –abrechnung, Kosten- und Investitionsrechnung etc.

Die Bankbetriebslehre hat sich entwickelt, weil weder die übliche Einteilung der Produktionsfaktoren (Werkstoffe, Betriebsmittel etc.), noch die Gliederung der betrieblichen Funktionsbereiche (Beschaffung, Produktion und Absatz) auf den Bankbetrieb übertragen werden konnten. Sie beschäftigt sich demzufolge mit der Struktur und den Prozessen des Bankgeschäfts und behandelt die besonderen Aspekte der Bankorganisation.

Die Verwaltungswirtschaftslehre bzw. Öffentliche BWL bezieht die Zusammenhänge der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre auf die besonderen Anforderungen und Bedürfnisse der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe. Man unterscheidet aus institutioneller Sicht zwischen der BWL der öffentlichen Verwaltungen, der BWL der öffentlichen Unternehmen und der BWL der Non-Profit-Organisationen.

Die Inhalte und Schwerpunkte der anderen speziellen Betriebswirtschaftslehren lassen sich aus deren Bezeichnungen analog zu den genannten Beispielen erkennen bzw. ableiten.

5. Welche Bedeutung kann der Betriebswirtschaftslehre zukommen?#

Ein klassisches Beispiel dazu ist das sog. Wirtschaftsingenieurwesen, das durch die Ergänzung einer Maschinenbau-Ausbildung durch eine solche in Wirtschaftswissenschaften entstanden ist. Diese Kombination hat sich seit vielen Jahren bewährt und existiert mittlerweile auch im Bauingenieurwesen, in der Elektrotechnik und der Informatik. Eine gute Wirtschaftsingenieurausbildung legt aber Wert darauf, dass die Ausbildung im jeweiligen technischen Schwerpunktfach nicht unter 75% des Gesamtvolumens sinkt und die Absolventen sich deshalb noch guten Gewissens als Ingenieure bezeichnen können. Ein Verhältnis von 50:50 hins. technischer und wirtschaftlicher Ausbildung wird zwar vereinzelt angeboten, obwohl mehr Argumente dagegen als dafür sprechen. Zwei Argumente sprechen dagegen: i) Wenn die klassische technische Ausbildung darin besteht, dass im 1. Studienabschnitt vor allem theoretische technische Grundlagenfächer vermittelt werden und die anwendungsorientierten technischen Fächer erst im 2. Studienabschnitt gebracht werden, sollen die Studierenden nicht vorzeitig von der Technik zu den Wirtschaftsfächern geleitet werden. Eine Kombination von theoretischen technischen Grundlagenfächern mit Wirtschaftsfächern gibt wenig Sinn. Der Prozess der Produktentwicklung soll beispielhaft erlebt werden, nur dann kann Wirtschaftswissen sinnvoll angewendet werden. Und ii) sind anwendungsorientierte Wirtschaftsfächer in der Praxis ohne Zweifel leichter nachzulernen sind, als die technisch-naturwissenschaftlichen Grundlagenfächer

Quellen#

  • https://de.wikipedia.org/wiki/Volkswirtschaftslehre
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Makro%C3%B6konomie
  • Mankiw, N.G.; Taylor, M.P. (2016): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. 6. Aufl., Schäffer Poeschel
  • Samuelson, P.A.; Nordhaus, W.D. (2016): Volkswirtschaftslehre: Das internationale Standardwerk der Makro- und Mikroökonomie. FinanzBuch Verlag
  • Krugman, P.; Wells, R. (2010): Volkswirtschaftslehre. Schäffer Poeschel
  • Wöhe, G.; Döring, U. (2013): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 25. Aufl. Vahlen
  • Egger A.; Egger W., Schauer, R. (2016): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. 27. Aufl., Linde Verlag
  • Literaturangaben zu den jeweiligen speziellen Betriebswirtschaftslehren sind unter der Angabe ihrer Bezeichnung im Internet zu finden.