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vom 01.04.2020, aktuelle Version,

Hans Hermann Groër

Hans Hermann Groër im Jahr 1975

Hans Hermann Kardinal Groër OSB (* 13. Oktober 1919 in Wien; † 24. März 2003 in St. Pölten) war von 1986 bis 1995 Erzbischof von Wien.

Leben

Jugendzeit

Hans Groër entstammte einer k. u. k. Offiziersfamilie. Er besuchte zunächst das Gymnasium Fichtnergasse, trat 1933 in das Knabenseminar Hollabrunn ein und besuchte das Bundesgymnasium Hollabrunn, wo er am 2. Juni 1937 maturierte. Danach trat er in das Wiener Priesterseminar ein, wo er vom damaligen Spiritual Friedrich Wessely geprägt wurde. Er wurde 1941 als Luftwaffensanitäter zum Militärdienst einberufen.

Priester

Während eines Fronturlaubes empfing er am 12. April 1942 durch Theodor Kardinal Innitzer das Sakrament der Priesterweihe. Wegen eines Herzklappenfehlers wurde Groër am 11. März 1943 aus dem Militärdienst entlassen und war zunächst Kaplan in Petronell und ab 15. August in Bad Vöslau. 1944 trat er dem von Friedrich Wessely gegründeten Oratorium Sanctissimae Trinitatis bei. Ab 1946 war er Studienpräfekt am Knabenseminar Hollabrunn. 1947 wurde er zum Doktor der Theologie promoviert. Von 1952 bis 1976 war er Religionslehrer und Studentenseelsorger am Bundesgymnasium Hollabrunn, Niederösterreich. Von 1959 bis 1963 war er auch Kaplan der Pfarre Hollabrunn.

Er gründete Pfadfindergruppen und wurde 1963 Landeskurat der Niederösterreichischen Pfadfinder und Pfadfinderinnen. Er war geistlicher Leiter der Laienbewegung Legio Mariae. Ab 1962 war er für den Bereich Hollabrunn, ab 1970 für ganz Österreich verantwortlich. Von 1974 bis 1986 war er Direktor des von Rektor Johann Kurz und ihm gegründeten Aufbaugymnasiums Hollabrunn.

Sein Wirken bestimmte schließlich der bei Hollabrunn gelegene alte Marienwallfahrtsort Roggendorf. Die Wallfahrt war – wie viele andere – 1785 dem Josephinismus zum Opfer gefallen und in Vergessenheit geraten. Nach Restaurierung des aus dem 15. Jahrhundert stammenden, auf Leder gemalten Gnadenbildes der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Geburt wurde dieses am 14. September 1969, dem Fest der Kreuzerhöhung, neu geweiht. Dabei schlug Groër den Gläubigen vor, eine Wallfahrt neuen Typs zu beginnen: An jedem Dreizehnten sollten die Pilger – in Erinnerung an die von 13. Mai bis 13. Oktober 1917 erfolgten Marienerscheinungen im portugiesischen Fátima – nach Roggendorf kommen, um für Festigung im Glauben, für die Erneuerung der Kirche, für Priester- und Ordensberufe und den Frieden in der Welt zu beten. Diese Monatswallfahrt wurde zu einer festen Einrichtung. Groër wollte sie von Anfang an als „Wallfahrt für die Kirche“ verstanden wissen, die von Kardinälen, Bischöfen, Äbten etc. aus Österreich und aller Welt geleitet wird. Seit 1971 trägt die kleine Katastralgemeinde den Namen Maria Roggendorf. Am 6. August 1988 wurde die Pfarr- und Wallfahrtskirche Maria Roggendorf vom Papst in den Rang einer Basilica minor erhoben.

1974 trat er in das Benediktinerstift Göttweig ein und bekam den Ordensnamen Hermann. Am 8. September 1977 legte er die Ewigen Gelübde ab. Er gründete das Zisterzienserinnenkloster Marienfeld bei Maria Roggendorf, das am 14. November 1982 von Franz Kardinal König geweiht wurde.

Bischof und Kardinal

Wappen von Kardinal Groër

Am 15. Juli 1986 wurde Hans Hermann Groër von Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Wien ernannt und empfing am 14. September 1986, dem Fest der Kreuzerhöhung, im Wiener Stephansdom durch Franz Kardinal König die Bischofsweihe; Mitkonsekratoren waren Karl Berg, Erzbischof von Salzburg, und Stephan László, Bischof von Eisenstadt.

Am 29. Juli 1987 erhielt er von Papst Johannes Paul II. das Pallium als Zeichen seiner Stellung als Metropolit der Wiener Kirchenprovinz. Am 28. Juni 1988 nahm ihn der Papst in Rom als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santi Gioacchino ed Anna al Tuscolano in das Kardinalskollegium auf. Die österreichischen Bischöfe wählten ihn am 13. Mai 1989 zum Vorsitzenden der Österreichischen Bischofskonferenz.

Wappen und Wahlspruch

Der Wappenschild von Kardinal Groër war geviert: Feld 1 und 4 auf rotem Grund ein griechisches Kreuz auf weißem Balken (= Wappen des Erzbistums Wien); Feld 2 und 3 gespalten, vorne viermal schräglinks von Gold und Blau geteilt, hinten Silber ohne Bild (= Wappen des ausgestorbenen Adelsgeschlechtes der Ruckhendorffer, einstige Inhaber der Herrschaft Ruckhendorff).

Hinter dem Schild stehend das Doppelkreuz (Patriarchenkreuz), darüber der rote Galero (Kardinalshut) mit den jeweils fünfzehn herunterhängenden roten Quasten (fiocchi).

Sein Wahlspruch lautete In verbo autem tuo („Aber auf Dein Wort hin“) und wurde dem Lukasevangelium (Lk 5,1-11 EU) entnommen.

Missbrauchsaffäre und Rücktritt

Am 27. März 1995 erhob im Nachrichtenmagazin „profil“ (Ausgabe 13/95) ein ehemaliger Schüler Groërs schwere Vorwürfe wegen seinerzeitigen sexuellen Missbrauchs gegen den Kardinal. Daraufhin meldeten sich weitere Exschüler des Knabenseminars Hollabrunn, die von sexueller Belästigung beziehungsweise Missbrauch berichteten. Groër hüllte sich zunächst in Schweigen und trat am 6. April 1995 als Vorsitzender der Bischofskonferenz zurück. In einer Erklärung vom 7. April 1995 wies Groër „Inhalt und Gestalt der gegen mich getätigten Diffamierung und vernichtenden Kritik“ ausdrücklich zurück.[1] In einer weiteren Erklärung vom 15. Mai 1995 erneuerte Groër die Zurückweisung der Kritik und begründete sein sonstiges Schweigen in dieser Sache.[1] Der Vatikan reagierte „diplomatisch“: Groër wurde am 13. April 1995 Christoph Schönborn als Koadjutor-Erzbischof mit dem Recht auf Nachfolge beigestellt und mit Wirkung per 14. September 1995 sein schon am 13. Oktober 1994 – vor der „Affäre Groër“ – aus Altersgründen eingebrachtes Rücktrittsgesuch angenommen.

Nach dem Rücktritt zog sich Groër in das von ihm gegründete Zisterzienserinnenkloster Marienfeld zurück. Am 1. September 1996 übertrug man ihm wieder ein kirchliches Amt als Prior des Hauses St. Josef in Maria Roggendorf, einem Ableger des Stiftes Göttweig. Dieses Amt musste er nach anhaltenden Vorwürfen am 5. Jänner 1998 ebenfalls aufgeben.

Nachdem die Bischöfe Christoph Schönborn, Johann Weber, Georg Eder und Egon Kapellari in einer Stellungnahme erklärt hatten, dass sie zur „moralischen Gewissheit“ gelangt seien, dass die Vorwürfe gegen Groër „im Wesentlichen zutreffen“, und nach einer vom Vatikan verordneten Visitation im Stift Göttweig bat Groër 1998 in einer Erklärung „Gott und die Menschen“ um Vergebung, „wenn ich Schuld auf mich geladen habe“. Kardinal Groër zog dann in ein Nonnenkloster der Nazarethschwestern in Goppeln in Deutschland, ab Oktober 1998 lebte er zurückgezogen in Marienfeld.

Tod

Kardinal Groërs Grab vor dem Kloster Marienfeld in Niederösterreich. Links und rechts mit Votivtafeln.

Seine Beisetzung auf dem Gelände des Klosters Marienfeld am 5. April 2003 wurde von den Medien wenig beachtet. Joachim Kardinal Meisner, der damalige Erzbischof von Köln, hielt die Predigt.[2]

Auszeichnungen

Folgen der Missbrauchsaffäre

Die Affäre Groër führte in Österreich im März 1995 zu einem Kirchenvolksbegehren. Die Initiative Wir sind Kirche sammelte mehr als 500.000 Unterschriften für eine „grundlegende Erneuerung der Kirche Jesu“. Reformen seien notwendig, um der katholischen Kirche „wieder zu mehr Ansehen und Akzeptanz zu verhelfen“.

Werke

  • Die Kontroverse der nachtridentinischen Theologen über die Gegenwart Gottes im Gerechten auf Grund der Sendungen. (Dissertation) Wien 1947.[3]
  • Hundert Jahre Knabenseminar der Erzdiözese Wien 1856–1956. Hollabrunn 1956.
  • Maria in der Offenbarung. Salterrae, Maria Roggendorf 1987.
  • Die Rufe von Loreto. Herold, 1987; Salterrae, Maria Roggendorf 1991
  • Vor dem Herz-Jesu-Bild: Triduum im Stephansdom – Wien; drei Predigten zur Vorbereitung auf das Herz-Jesu-Fest 1991 (4. bis 6. Juni 1991). Salterrae, Maria Roggendorf 1991.
  • Rosenkranz-Sühnekreuzzug Österreichs für den Frieden (Hrsg.): Dieses Land, inmitten der Welt, braucht deinen Schutz: Maria-Namen-Feier, 11. und 12. September 1993: Predigten von Kardinal Hans-Hermann Groer. Wien 1993.
  • Maria im Geheimnis Jesu Christi. EOS Verlag, Erzabtei St. Ottilien 1999.
  • Weihnachts- und Silvesteransprachen in Rundfunk und Fernsehen. Hrsg. von Ildefons Manfred Fux OSB. Gottgeweiht Beiheft 12, Wien 2007.

Literatur

  • Gerhard Heger: Hans Hermann Groër. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 26, Bautz, Nordhausen 2006, ISBN 3-88309-354-8, Sp. 529–534.
  • Hellmut Butterweck: Österreichs Kardinäle: von Anton Gruscha bis Christoph Schönborn. Ueberreuter, Wien 2000. ISBN 3-8000-3764-5.
  • Anna Coreth und Ildefons Fux: Servitium pietatis: Festschrift für Hans Hermann Kardinal Groër zum 70. Geburtstag. Salterrae, Maria Roggendorf 1989. ISBN 3-900978-01-8
  • Hubertus Czernin: Das Buch Groër: Eine Kirchenchronik. Wieser, Klagenfurt 1998. ISBN 3-85129-255-3
  • Sebastian Fels: Groer, Ringel, Krenn: Dramolett in einem Zug für zwei Bischöfe, einen Psychoanalytiker und dreizehn Wachsstockmadonnen. KrenFleischPress, Heimsotten 1993.
  • Ildefons M. Fux: Zum Altare Gottes will ich treten. Hans Groërs Weg zum Priestertum. Gottgeweiht Beiheft 15, Wien 2011.
  • Ildefons M. Fux: Die Hollabrunner Jahre. Hans Groër als Professor, Jugendseelsorger und Pfarrprovisor. Gottgeweiht Beiheft 16, Wien 2011.
  • Ildefons M. Fux: Maria am Werk. Die Monatswallfahrt. Groër und die Legion Mariens. Marienfeld. Das Kloster „St. Josef“. Das Aufbaugymnasium. Gottgeweiht Beiheft 17, Wien 2011.
  • Ildefons M. Fux: Der unerwartete Erzbischof. Groërs Ernennung und Weihe. Gottgeweiht Beiheft 19/20, Wien 2012.
  • Ildefons M. Fux: Aufbau im Widerstand. Groërs erste Bischofsjahre 1987–1989. Gottgeweiht Beiheft 21–23, Wien 2013.
  • Ildefons M. Fux: Victor qvia victima – Wie man einen Bischof zu Fall bringt I, Patrimonium-Verlag, Aachen 2015, ISBN 978-3-86417-040-9.
  • Ildefons M. Fux: Des Pilgers Heimkehr – Wie man einen Bischof zu Fall bringt II, Patrimonium-Verlag, Aachen 2017, ISBN 978-3-86417-071-3.
  • Peter Paul Kaspar: Das Schweigen des Kardinals und das Begehren des Kirchenvolks. Kulturverlag, Wien 1995. ISBN 3-85400-001-4
  • Alfred Stirnemann: In verbo autem tuo: die Ökumene unter Kardinal Groër; Festschrift zum 75. Geburtstag von Kardinal Groër. Tyrolia, Innsbruck/Wien 1994, ISBN 3-7022-1963-3.
  • Gabriele Waste: Hans Hermann Kardinal Groër: Realität und Mythos. Verlag Kardinal-von-Galen-Kreis e.V., Münster 2013. ISBN 3-9812187-8-7
  • Alfred Worm: Das gescheiterte Kirchenexperiment. Eine Analyse aus journalistischer Sicht, in: Robert Kriechbaumer (Hrsg.): Österreichische Nationalgeschichte nach 1945, Bd. 1: Die Spiegel der Erinnerung. Die Sicht von innen. Wien u. a. 1998, S. 709–723.
Commons: Hans Hermann Groër  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Erklärungen von Kardinal Hans Hermann Groër vom 7. April 1995 und 15. Mai 1995. Abgerufen am 20. August 2018.
  2. Predigt von Erzbischof Joachim Kardinal Meisner beim Requiem von Hans Hermann Kardinal Groër in Maria Roggendorf am 5. April 2003 (Memento vom 6. Februar 2010 im Internet Archive) auf stjosef.at
  3. Katalogzettel Österreichische Nationalbibliothek
Vorgänger Amt Nachfolger
Franz Kardinal König Erzbischof von Wien
1986–1995
Christoph Kardinal Schönborn OP
Karl Berg Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz
1989–1995
Johann Weber

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Kardinalswappen von Hans Hermann Groër - Geviert: Feld 1 und 4 auf rotem Grund ein griechisches Kreuz auf weißem Balken (= Wappen des Erzbistums Wien); Feld 2 und 3 gespalten, vorne viermal schräglinks von Gold und Blau geteilt, hinten Silber ohne Bild (= Wappen des ausgestorbenen Adelsgeschlechtes der Ruckhendorffer , einstige Inhaber der Herrschaft Ruckhendorff ). Der Wahlspruch In verbo autem tuo („Aber auf Dein Wort hin“) wurde dem Lukasevangelium (5,1-11) entnommen. Eigenes Werk SajoR
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Hans Hermann Groër in Maria Roggendorf (Österreich) Eigenes Werk Herwig Reidlinger
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Das Grab von Kardinal Hans Hermann Groër beim Kloster Marienfeld in Maria Roggendorf , ein Ortsteil der niederösterreichischen Marktgemeinde Wullersdorf . Eigenes Werk C.Stadler/Bwag
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