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vom 05.10.2022, aktuelle Version,

Jörg Rüdiger Siewert

Jörg Rüdiger Siewert (* 8. Februar 1940 in Berlin) ist ein deutscher Viszeralchirurg und emeritierter Hochschullehrer. Er förderte die strukturierte, interdisziplinäre Krebsdiagnostik und -therapie.

Leben

Nach seiner Ausbildung am Rudolf-Virchow-Krankenhaus ging Siewert 1969 nach Göttingen zu Hans-Jürgen Peiper. 1982 wurde er nach München berufen als Nachfolger von Georg Maurer. Dort fungierte er als Ärztlicher Direktor vom Klinikum rechts der Isar und lehrte als Ordinarius für Chirurgie Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie. Er brachte das Klinikum in die Spitzengruppe der deutschen Universitätsklinika.[1]

Nach seiner Emeritierung in München bekleidete Siewert vom 1. Juli 2007 bis November 2011 als Nachfolger von Eike Martin (* 1944) das Amt als Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikum Heidelberg.[2][3] Von März 2010 bis November 2011 war er zudem kommissarischer Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikum Freiburg. Im November 2011 wechselte er regulär nach Freiburg und bekleidete bis zum 31. Oktober 2018 das Amt des Leitenden Ärztlichen Direktors der Universitätsklinik Freiburg.[4]

2002/03 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 2002 wurde er durch den Senat von Berlin als einer von fünf externen Experten für die Kommission „Strukturreformen in der Berliner Hochschulmedizin“ berufen. 2003 wurde er zum Präsidenten der International Surgical Society (ISS/SIC) für die Jahre 2003 bis 2005 gewählt. Von 2006 bis 2012 war er Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD), einer Interessensvertretung aller 34 deutschen Unikliniken. Er ist seit 1993 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[5] und Senator der Sektion 17 (Chirurgie, Orthopädie und Anästhesiologie).

Wirken

Sein wissenschaftliches Spezialgebiet ist die Chirurgie des Magens und der Speiseröhre, insbesondere durch filmische Darstellung einer selbst entwickelten Operationstechnik zur Rekonstruktion nach totaler Magenresektion.

Siewert entwickelte unter anderem eine Operation zur Verbindung von Speiseröhre und Dünndarm (Ösophagojejunoplikatio nach Siewert/Peiper) nach einer operativen Totalentfernung des Magens. Außerdem stammt von ihm eine Einteilung des Adenokarzinoms der Speiseröhre:

  • AEG I distales Ösophagus-Ca
  • AEG II Cardia-Ca
  • AEG III subcardiales Magen-Ca

Siewert hat zahlreiche Publikationen, Monographien, Handbücher und Operationslehren veröffentlicht.

Rolle im Plagiatsverfahren gegen Hans-Hermann Dickhuth

Siewert nahm als Sachverständiger im Habilitationsausschuss der Universität Freiburg maßgeblich Einfluss darauf, dass dem ehemaligen Ärztlichen Direktor der Sportmedizin Hans-Hermann Dickhuth im Jahr 2013 aufgrund von unzitierten Übereinstimmungen seiner Habilitationsschrift mit mehreren Doktorarbeiten die Habilitation entzogen wurde.

Plagiatsvorwürfe

Im November 2014 wurde bekannt, dass Siewerts in Göttingen entstandene Habilitationsschrift unzitierte Übereinstimmungen mit der Doktorarbeit seines ehemaligen Mitarbeiters und heutigen Präsidenten des Verbandes der Leitenden Krankenhausärzte Hans-Fred Weiser aufweise.[6]

Ein vom Rektor der Universität Freiburg auf Bitten Siewerts eingesetztes Dreiergremium befand nach Überprüfung der Habilitationsschrift, es bestehe „kein Anfangsverdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens“.[7][8] Allerdings wurden Zweifel an der Neutralität des Dreiergremiums geäußert, da mit dem Rechtsmediziner Stefan Pollak eines der Mitglieder Siewert dienstrechtlich direkt unterstellt ist und mit Kerstin Krieglstein ein weiteres Mitglied auf Vorschlag Siewerts in das Amt der Dekanin gewählt wurde.[9]

Hingegen äußerte das Ombudsgremium der Universität Göttingen in einer Sitzung Mitte Januar 2015 „einen Anfangsverdacht wissenschaftlichen Fehlverhaltens“.[10] Die Ermittlungen wurden am 12. Juni 2015 eingestellt, Siewerts Schrift wurde nicht beanstandet. Kritiker bemängelten, es werde mit zweierlei Maß gemessen,[11] nach Recherchen des Handelsblatts beruht der Freispruch angeblich auf einer fragwürdigen Beweislage. Die Universität Göttingen weigert sich jedoch, das Gutachten zu veröffentlichen,[12] obwohl Heyo K. Kroemer, Dekan der Medizinischen Fakultät Göttingen, erklärt hatte, man wolle das Ergebnis der anstehenden Göttinger Klärung „transparent und nachvollziehbar kommunizieren“.[13]

Ehrungen

Veröffentlichungen (Auswahl)

Einzelnachweise

  1. Harter Hund in der Chirurgie (Memento vom 15. Mai 2007 im Internet Archive) (FTD vom 31. Juli 2006).
  2. Neue Führungsspitze am Universitätsklinikum Heidelberg (idw vom 3. Januar 2007).
  3. Universitätsklinikum Heidelberg: Professor Dr. Guido Adler wird neuer Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Heidelberg (Memento vom 21. Mai 2015 im Internet Archive). 23. Mai 2012.
  4. Der Chef der Uniklinik Freiburg spricht über die Zukunft des Krankenhauses (BZ vom 19. Januar 2012).
  5. Mitgliedseintrag von Jörg Rüdiger Siewert (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 22. Juli 2016.
  6. Sönke Iwersen, Jan Keuchel: Dr. med. Plagiat (Memento vom 3. Dezember 2014 im Webarchiv archive.today) (Handelsblatt vom 5. November 2014).
  7. Badische Zeitung "Klinikchefs wollen Klarheit" (Badische Zeitung online vom 8. November 2014).
  8. Universität Freiburg: Unbegründete Vorwürfe (Pressemitteilung der Universität Freiburg).
  9. Laborjournal: Aufarbeitung oder Augenwischerei? (Laborjournal vom 17. Februar 2015).
  10. Hermann Horstkotte: "Uni Göttingen lässt Hochschullehrerprüfung von Jörg Rüdiger Siewert prüfen" (Memento vom 22. März 2015 im Internet Archive) (Göttinger Tageblatt online vom 10. Februar 2015).
  11. Südwestrundfunk: "Freiburger Uniklinik-Chef Siewert entlastet" (SWR online vom 12. Juni 2015).
  12. Jan Keuchel: "Unter Verschluss" (Handelsblatt vom 29. Juli 2015).
  13. Hermann Horstkotte: "Uni Göttingen lässt Hochschullehrerprüfung von Jörg Rüdiger Siewert prüfen" (Memento vom 22. März 2015 im Internet Archive) (Göttinger Tageblatt online vom 10. Februar 2015).
  14. Archivierte Kopie (Memento vom 27. April 2017 im Internet Archive)

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