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vom 27.08.2014, aktuelle Version,

Neutron

Neutron (n)

Klassifikation
Fermion

Hadron
Baryon
Nukleon

Eigenschaften [1]
Ladung neutral
Masse 1,008 664 916 00(43) u
1,674 927 351(74) · 10−27 kg
1838,683 6605(11) · me
939,565 379(21) MeV/c2
Compton-Wellenlänge 1,319 590 9068(11) · 10−15 m
magnetisches Moment −0,966 236 47(23) · 10−26 J / T
g-Faktor −3.826 085 45(90)
gyromagnetisches Verhältnis 1,832 471 79(43) · 108 1/(sT)
SpinParität 1/2+
Isospin 1/2 (z-Komponente −1/2)
mittlere Lebensdauer (frei)

880,0(9)[2] s

Wechselwirkungen stark
schwach
elektromagnetisch
Gravitation
Quark-Zusammensetzung 2 Down, 1 Up

Das Neutron [ˈnɔɪ̯trɔn] (Plural Neutronen [nɔɪ̯ˈtroːnən]) ist ein elektrisch neutrales Teilchen mit dem Formelzeichen n. Es ist, neben dem Proton, Bestandteil der meisten Atomkerne und somit aller uns vertrauten Materie. Beide gehören zu den Hadronen und Nukleonen.

Neutronen existieren auch ohne Einbindung in einen Atomkern. In diesem Zustand werden sie als freie Neutronen bezeichnet und sind instabil.

Physikalische Beschreibung

Elementare Eigenschaften

Das Neutron trägt keine elektrische Ladung (daher der Name); es hat aber ein magnetisches Moment von −1,91 Kernmagnetonen. Es gehört mit einer Masse von rund 1,675 · 10−27 kg (also etwa 1,008 665 u) zu den Baryonen und ist aus Quarks aufgebaut – zwei down-Quarks und einem up-Quark (Formel udd). Das Neutron hat den Spin 1/2 und ist damit ein Fermion. Als zusammengesetztes Teilchen ist es räumlich ausgedehnt und hat einen Durchmesser von circa 1,7 · 10−15 m, also 1,7 Femtometer (fm).

Das Antiteilchen zum Neutron ist das Antineutron, das erstmals 1956 von Bruce Cork am Bevatron bei Proton-Proton-Kollisionen nachgewiesen wurde.

Elementare Wechselwirkungen

Das Neutron unterliegt allen in der Physik bekannten vier Wechselwirkungen: der Gravitationskraft, der starken, der elektromagnetischen und der schwachen Wechselwirkung.

Die starke Wechselwirkung – genauer: die „Kernkraft“, eine Art Restwechselwirkung der zwischen den Quarks wirkenden starken Wechselwirkung – ist dafür verantwortlich, dass Neutronen in Kernen gebunden sind, und bestimmt auch das Verhalten von freien Neutronen bei Stößen mit Atomkernen.

Das Neutron ist zwar elektrisch neutral und unterliegt damit nicht der elektrostatischen Anziehung oder Abstoßung, aber aufgrund seines magnetischen Moments trotzdem der elektromagnetischen Wechselwirkung. Diese Tatsache sowie die räumliche Ausdehnung sind klare Indizien dafür, dass das Neutron ein zusammengesetztes Teilchen ist.

Die schwache Wechselwirkung ist verantwortlich für den Betazerfall des freien Neutrons in ein Proton, ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino.

Neutronen als Bestandteile von Atomkernen, Isotope

Mit Ausnahme des häufigsten Wasserstoffisotops (Protium, 1H), dessen Atomkern nur aus einem einzelnen Proton besteht und das den normalen Wasserstoff bildet, enthalten alle Atomkerne sowohl Protonen als auch Neutronen. Protonen und Neutronen werden zusammenfassend Nukleonen (von lateinisch nucleus, Kern) genannt.

Die Anzahl der Protonen im Atomkern bestimmt die Kernladung, und damit die Zahl der Elektronen, die im neutralen Atom gebunden sind. Die Elektronenhülle wiederum bestimmt die chemischen Eigenschaften des Atoms. Deswegen gehören sogenannte Isotope, also die Atomsorten mit gleicher Protonen-, aber unterschiedlicher Neutronenzahl, zum gleichen chemischen Element.

Ein Neutron und ein Proton haben jeweils fast die gleiche Masse, die allerdings um ein vielfaches höher als die Masse eines Elektrons ist. Die Nukleonenzahl, also die Summe aus der Zahl der Neutronen und der Protonen eines Atoms, wird deswegen auch als Massezahl bezeichnet. Sie stimmt in guter Näherung mit der Gesamtmasse des Atoms in u überein. Wenn einzelne Isotope unterschieden werden sollen, wird die Massezahl meist als Hochzahl vor oder mit einem Bindestrich hinter das Elementsymbol geschrieben, z. B. 60Co oder Co-60, 235U oder U-235. Um aus der Massezahl die Neutronenanzahl zu ermitteln, muss die Ordnungszahl (Protonenanzahl) des Elements abgezogen werden. Uran hat z. B. die Ordnungszahl 92; der Uran-235-Kern enthält also 235 minus 92 gleich 143 Neutronen.

Stabilität von Atomkernen

Das Neutron hat eine etwas höhere Masse als das Proton. Daher kann sich ein freies Neutron durch Beta-minus-Zerfall in ein Proton, ein Elektron und ein Elektron-Anti-Neutrino umwandeln. Die Differenz der Masse zwischen dem Neutron und den Zerfallsprodukten wird den Zerfallsprodukten als Bewegungsenergie mitgegeben.

In Atomkernen ist die Situation komplizierter: Für den Zusammenhalt des Kerns ist die Kernkraft, eine Art Restwechselwirkung der starken Wechselwirkung verantwortlich. Sie wirkt gleichermaßen auf Neutronen und Protonen anziehend, aber nur auf sehr kurze Distanz (quasi nur auf die unmittelbaren Nachbarn). Daher ist die Bindungsenergie pro Nukleon in allen Atomkernen ungefähr gleich. Die Bindung eines zusätzlichen Neutrons an einen Atomkern setzt einen Energiebetrag frei, der meist ca. einem Prozent der Neutronenmasse entspricht. Protonen werden von der Kernkraft etwa gleich stark gebunden wie Neutronen, jedoch muss hier zusätzlich die elektrische Abstoßung zwischen den positiv geladenen Protonen überwunden werden. Entsprechend geringer ist bei diesen die Energiefreisetzung bei der Bindung an einen Atomkern.

Es hängt damit von der Zusammensetzung eines Atomkerns ab, ob die Bindung eines zusätzlichen Neutrons oder eines zusätzlichen Protons zu einer geringeren Gesamtmasse des neuen Kerns führt. Ist der neue Kern mit dem zusätzlichen Neutron schwerer als der mit dem Proton, ist der mit dem zusätzlichen Neutron bestrebt, per Beta-minus-Zerfall ein Neutron in ein Proton zu verwandeln. Ist hingegen der Kern mit dem Proton schwerer, ist dieser bestrebt, per Beta-plus-Zerfall oder Elektroneneinfang ein Proton in ein Neutron umzuwandeln (siehe Mattauchsche Isobarenregel). Es gibt nur ein recht kleines „Fenster“ (fast) gleicher Masse, bei der weder der Beta-minus- noch der Beta-plus-Zerfall (wohl aber der Elektroneneinfang) möglich ist. Solche Nuklidpaare sind z. B. Eisen-55 und Mangan-55 oder Jod-125 und Tellur-125.

Es kommt vor, dass zwei Kerne gleicher Massenzahl, die sich in der Protonenzahl um zwei unterscheiden, beide stabil sind. Dies lässt sich dadurch erklären, dass gerade Neutronen- und Protonenzahlen energetisch günstiger sind als ungerade (siehe Paarenergie). Der Kern dazwischen kann dann meist auf zwei Wegen zerfallen: per Beta-minus-Zerfall zu dem Kern mit der nächsthöheren Ordnungszahl oder per Beta-plus-Zerfall oder Elektroneneinfang zu dem Kern mit der nächstniedrigeren Ordnungszahl. In der Regel überwiegt der Zerfallskanal mit der höheren Energiefreisetzung. Als Beispiel sei Arsen-74 angeführt (Ordnungszahl 33, also 33 Protonen und 41 Neutronen), das zu etwa einem Drittel zu Selen-74 (Ordnungszahl 34) und zu zwei Dritteln zu Germanium-74 (Ordnungszahl 32) zerfällt.

Von den meisten Elementen existieren nur ein oder wenige stabile Isotope. Kerne mit mehr Neutronen als ihre stabilen Isotope unterliegen meist dem Beta-minus-Zerfall, Kerne mit weniger Neutronen dem Beta-plus-Zerfall. Bei den Ordnungszahlen 43 (Technetium), 61 (Promethium) und allen oberhalb 82 (Blei) gibt es keine stabilen Isotope. Die Instabilität der schweren Kerne ergibt sich aber nicht aus dem Beta-Zerfall, sondern aus der ab dem Eisen abnehmenden Bindungsenergie pro zusätzlichem Nukleon, die zur Folge hat, dass sehr schwere Kerne sich durch Spontanspaltung oder durch Alpha-Zerfall in leichtere umwandeln.

Stabile leichte Kerne bestehen aus ungefähr gleich vielen Protonen und Neutronen. Mit steigender Massenzahl wächst die Neutronenzahl überproportional allmählich bis auf fast das Anderthalbfache der Protonenzahl an. Die Nuklidkarte in der üblichen Anordnung nach Segrè (Neutronenzahl nach rechts, Protonenzahl nach oben aufgetragen) macht dies dadurch augenfällig, dass der Streifen der stabilen Nuklide nicht gerade, sondern abwärts gekrümmt verläuft.

Freie Neutronen

Erzeugung und Nachweis

Es gibt viele verschiedene Arten von Neutronenquellen, in denen Neutronen aus Atomkernen freigesetzt werden. In der angewandten Forschung (Untersuchung der Struktur und Dynamik von Materie durch elastische und inelastische Neutronenstreuung) werden vor allem Neutronen aus Forschungsreaktoren genutzt. Dort werden die Neutronen bei der Kernspaltung frei. Diese schnellen Neutronen haben eine Energie im Bereich von einigen MeV und müssen erst auf rund ein Millionstel ihrer Bewegungsenergie abgebremst werden, um mit ihnen kondensierte Materie untersuchen zu können.

Thermische Neutronen

Die Abbremsung geschieht in einem den Reaktorkern umgebenden Wassertank (leichtes oder schweres Wasser als Moderator). Bei jedem Zusammenstoß eines schnellen Neutrons mit einem Atomkern des Wassers wird Energie an den getroffenen Kern abgegeben. Nach vielen solchen Stößen weisen die Neutronen ein der Wassertemperatur (etwa 300 K, „Zimmertemperatur“) entsprechendes Energiespektrum auf. Man spricht dann von thermischen Neutronen (siehe untenstehende Tabelle).

„Kalte“ und „heiße“ Neutronen

Durch das Einbringen von zusätzlichen Moderatoren kann das Energiespektrum der Neutronen auch zu höheren oder niedrigeren Energien verschoben werden. Diese zusätzlichen Moderatoren bezeichnet man auch als sekundäre Neutronenquellen. Zur Gewinnung von sogenannten kalten Neutronen kommt häufig flüssiges Deuterium mit einer Temperatur von etwa 20 K zum Einsatz. Sogenannte heiße Neutronen werden in der Regel mit Graphit-Moderatoren bei etwa 3000 K erzeugt. Kalte, thermische und heiße Neutronen weisen jeweils eine bestimmte, mehr oder weniger breite Energieverteilung und damit Wellenlängenverteilung auf.

In jedem Fall werden die Neutronen durch Strahlrohre (Neutronenleiter) aus dem Moderatortank oder den sekundären Neutronenquellen zu den Experimenten geleitet. Allerdings müssen noch genügend viele Neutronen im Reaktorkern verbleiben oder dorthin zurück reflektiert werden, um die Kettenreaktion aufrechtzuerhalten.

Monochromatische Neutronen

Für viele Experimente werden monochromatische oder monoenergetische Neutronen, also Neutronen einheitlicher Energie, benötigt. Diese erhält man an Reaktoren z. B. durch den Einsatz eines Monochromators. Dies ist ein Einkristall oder Mosaik-Kristall aus beispielsweise Silizium, Germanium, Kupfer oder Graphit; durch Nutzung bestimmter Bragg-Reflexe und Monochromatorwinkel können verschiedene Wellenlängen (Energien) aus der Wellenlängenverteilung ausgewählt werden (siehe auch Neutronensuperspiegel).

Monochromatische Neutronen höherer Energien können an Beschleunigern aus geeigneten Kernreaktionen gewonnen werden.

Klassifizierung

Die Wirkungen freier Neutronen auf Materie sind je nach dem Energiebereich der Neutronen ganz verschieden. Deshalb werden Klassen oder Bereiche der Neutronenenergie mit besonderen Bezeichnungen belegt. Folgende Einteilung hat sich herausgebildet:

Typ kinetische Energie Wellenlänge Geschwindigkeit (m/s)
ultrakalte Neutronen < 0,2 meV > 2 nm < 197
kalte Neutronen < 2 meV 2000…640 pm < 622
thermische Neutronen < 100 meV 640…90 pm < 4.400
epithermische Neutronen < 1 eV 90…28 pm < 13.900
mittelschnelle Neutronen 0,5 eV…10 keV   9.800…44.000
schnelle Neutronen 10 keV…20 MeV   44.000…62.000.000
relativistische Neutronen > 20 MeV   > 62.000.000
Beispiele
Neutronen bei 273,1 K (0 °C) 0,0353 eV   2.611
Neutronen aus der Kernspaltung (Mittelwert) 2 MeV   1.960.000
Neutronen aus der DT-Kernfusion 14,1 MeV   52.000.000

Nachweis

Da Neutronen keine elektrische Ladung tragen, können sie nicht direkt mit auf Ionisierung beruhenden Detektoren nachgewiesen werden. Der Nachweis von Neutronen geschieht mittels Neutronendetektoren. Bei niederen Neutronenenergien (unter etwa 100 keV) beruhen diese stets auf einer geeigneten Kernreaktion. Bei höheren Energien kann stattdessen auch der Rückstoß ausgenutzt werden, den ein geladenes Teilchen (meist Proton) bei der Streuung des Neutrons erfährt.

Zerfall des freien Neutrons

Ein freies (nicht in einem Atomkern gebundenes) Neutron hat eine mit 939,6 MeV um etwa 1,3 MeV (0,14 %) größere Ruheenergie als ein (freies) Proton. Das freie Neutron ist radioaktiv und zerfällt als Beta-Minus-Strahler-Strahler) in ein Proton, ein Elektron und ein Elektron-Antineutrino:

.

Die Lebensdauer beträgt ca. 887,7  Sekunden[3] (knapp 15 Minuten); dies entspricht einer Halbwertszeit von etwa 610 Sekunden. Das ist die mit Abstand größte Halbwertszeit aller instabilen Elementarteilchen. Sie ist schwierig zu messen, denn ein in normaler materieller Umgebung freigesetztes Neutron (auch in Luft) wird meist in Sekundenbruchteilen wieder von einem Atomkern absorbiert, „erlebt“ seinen Zerfall also nicht. Dementsprechend ist der Zerfall bei praktischen Anwendungen bedeutungslos, und das Neutron kann dafür als stabiles Teilchen angesehen werden.[4] Grundlagenphysikalisch ist der Zerfall jedoch interessant. In einer frühen Phase des Universums machten freie Neutronen einen bedeutenden Teil der Materie aus; man kann die Entstehung besonders der leichten Elemente (und deren Isotopenverteilung) besser nachvollziehen, wenn die Lebensdauer des Neutrons genau bekannt ist. Außerdem erhofft man sich ein besseres Verständnis der schwachen Wechselwirkung.

Proton und Elektron sind die Bausteine für ein Wasserstoffatom, so dass größere Mengen freier Neutronen im Weltall zu Wasserstoffgas werden, sobald die β-Strahlen ihre Energie verloren haben.

Die Umkehrung des Neutronenzerfalls tritt z. B. bei der Entstehung eines Neutronensterns auf:

.

Wirkung von Neutronenstrahlen

Typische von freien Neutronen ausgelöste Prozesse

Freie (also nicht in einem Kern gebundene) Neutronen können an Atomkernen gestreut werden, von ihnen absorbiert werden oder Kernreaktionen auslösen.

Die Streuung kann elastisch oder inelastisch sein. Bei inelastischer Streuung verbleibt der Atomkern in einem angeregten Zustand, der dann (meist) durch Emission von Gammastrahlung zum Grundzustand zurückkehrt.

Insbesondere thermische, d. h. langsame Neutronen werden von vielen Atomkernen absorbiert. Wird danach nur Gammastrahlung, aber kein anderes Teilchen emittiert, heißt der Vorgang Neutroneneinfang. Der entstandene neue Atomkern ist ein um eine Einheit schwereres Isotop des ursprünglichen Kerns. Er kann radioaktiv sein.

Einige wenige Nuklide spalten sich nach dem Absorbieren eines Neutrons. In Kernreaktoren wird dieser Prozess als Kettenreaktion zur Energiegewinnung genutzt.

Schnelle freie Neutronen lösen Kernreaktionen z. B. des Typs (n, p) oder (n, ) aus, wodurch ebenfalls in vielen Fällen ein Radionuklid-Kern entsteht.

Wirkungen auf Materie

Die Materialeigenschaften von Metallen und anderen Werkstoffen werden durch Neutronenbestrahlung verschlechtert. Dies begrenzt die Lebensdauer von Komponenten in z. B. Kernreaktoren. In Kernfusionsreaktoren mit ihrer höheren Energie der Neutronen tritt dieses Problem verstärkt auf.

Die Wirkung auf lebende Materie ist ebenfalls meist schädlich. Sie beruht bei schnellen Neutronen größtenteils auf von diesen angestoßenen Protonen, die einer stark ionisierenden Strahlung entsprechen.

Die Nutzung von schnellen Neutronen in der Strahlentherapie beschränkt sich auf wenige Sonderfälle. Thermische Neutronen erzeugen durch Neutroneneinfang in Wasserstoff, d. h. die Kernreaktion 1H(n, ) 2H, eine Gammastrahlung, die ihrerseits ionisiert.

Geschichte der Entdeckung und Erforschung

Die ersten Schritte zur Entdeckung des Neutrons wurden von Walther Bothe und seinem Studenten Herbert Becker getan. Sie beschrieben im Jahr 1930 einen ungewöhnlichen Typ von Strahlung, der entstand, wenn sie Beryllium mit Polonium-Alphateilchen beschossen. Ziel der Versuche war es, eine Theorie Ernest Rutherfords zu bestätigen, wonach bei diesem Vorgang sehr energiereiche Strahlung emittiert werden sollte. Dementsprechend hielten sie die durchdringende Strahlung, die sie bei diesen Versuchen mit Hilfe von elektrischen Zählmethoden feststellen konnten, anfänglich fälschlicherweise für Gammastrahlung. Die gleichen Versuche machten sie auch mit Lithium und Bor, und kamen schlussendlich zum Ergebnis, dass die beobachteten „Gammastrahlen“ mehr Energie besaßen als die Alphateilchen, mit denen sie die Atome beschossen hatten. Bei der Bestrahlung von Beryllium mit Alphateilchen entstand nicht – wie zuvor erwartet – Bor, sondern Kohlenstoff. In heutiger Schreibweise lautet die beobachtete Kernreaktion:

Die beobachtete, sehr energiereiche Strahlung hatte ein großes Durchdringungsvermögen durch Materie, zeigte jedoch sonst ein für Gammastrahlung sehr ungewöhnliches Verhalten. Die Strahlen waren zum Beispiel in der Lage, leichte Atome in schnelle Bewegung zu versetzen. Eine genauere Analyse zeigte, dass die Energie dieser „Gammastrahlung“ so groß hätte sein müssen, dass sie alles bis dahin Bekannte weit übertroffen hätte. So kamen mehr und mehr Zweifel auf, ob es sich bei der beobachteten Strahlung wirklich um Gammastrahlen handelte. Entsprechend dem durchgeführten Versuch nannte man die Strahlung inzwischen „Beryllium-Strahlung“.

Ein Jahr später, 1931, stellten Irène Joliot-Curie und ihr Ehemann Frédéric Joliot-Curie bei Experimenten mit der Beryllium-Strahlung folgende Tatsache fest: Lässt man die „Beryllium-Strahlung“ in eine Ionisationskammer treffen, so zeigt diese keinen nennenswerten Strom an. Bringt man jedoch vor die Ionisationskammer eine wasserstoffhaltige Materialschicht (zum Beispiel Paraffin), dann steigt der Strom in der Kammer stark an. Als Ursache für den Stromanstieg in der Ionisationskammer vermutete das Ehepaar Joliot-Curie, dass aus dem wasserstoffhaltigen Paraffin Protonen durch die „Beryllium-Strahlung“ herausgelöst werden, welche dann in der Ionisationskammer die notwendige Ionisierung bewirken. Sie konnten ihre Vermutung durch den Nachweis solcher Rückstoß-Protonen in der Wilsonschen Nebelkammer belegen. Als Mechanismus vermuteten Joliot-Curie einen dem Compton-Effekt verwandten Vorgang. Die harte Gammastrahlung sollte den Protonen den notwendigen Impuls übertragen. Abschätzungen zeigten jedoch, dass zur Erzeugung eines Rückstoßprotons, dessen Spurlänge in der Nebelkammer etwa 26 cm betrug, eine Gammaenergie von etwa 50 MeV notwendig wäre, was ziemlich unrealistisch erschien.

James Chadwick – ein Schüler Rutherfords – glaubte wie dieser nicht an einen „Compton-Effekt beim Proton“ und nahm an, dass die „Beryllium-Strahlung“ aus Teilchen bestehen müsse. Als Irène und Frédéric Joliot-Curie ihre Versuchsergebnisse veröffentlichten, in denen sie zeigten, dass Bothes „Beryllium-Strahlung“ in der Lage war, aus Paraffin Protonen mit hoher Energie herauszuschlagen, war für Chadwick klar, dass es sich nicht um Gammastrahlung, sondern nur um Teilchen mit einer dem Proton vergleichbaren Masse handeln konnte. In den zahlreichen Versuchen wiederholte er die Experimente des Ehepaares Joliot-Curie und bestätigte den Joliot-Curie’schen Kernschleuder-Effekt. Weiterhin konnte er 1932 experimentell nachweisen, dass es sich bei Bothes „Beryllium-Strahlung“ nicht um Gammastrahlen, sondern vielmehr um einen Geschossregen aus schnell bewegten Teilchen handelte, die ungefähr die Masse des Protons besitzen, jedoch elektrisch neutral sind. Er erkannte, dass die Eigenschaften dieses Typs Strahlung eher mit denen eines bereits zwölf Jahre zuvor von Ernest Rutherford als Kernbaustein vermuteten neutralen Teilchens in Einklang zu bringen waren. Da die nunmehr entdeckten Teilchen keine elektrische Ladung trugen, nannte er sie Neutronen. Für die Entdeckung des Neutrons erhielt er 1935 den Nobelpreis für Physik.

Mit dieser Entdeckung konnte die Beschreibung des Atomaufbaus vorerst vollendet werden: Der Atomkern, bestehend aus Protonen und Neutronen, wird von einer Hülle aus Elektronen umgeben. Bei einem elektrisch neutralen Atom entspricht die Anzahl der negativ geladenen Elektronen in der Atomhülle stets genau jener der positiv geladenen Protonen im Atomkern, wohingegen die Anzahl der Neutronen im Kern variieren kann.

Im gleichen Jahr 1932 stellte Werner Heisenberg seine Nukleonentheorie auf.

Um 1940 nahm man an, dass das Neutron eine Verbindung aus Proton und Elektron darstellt. So hätte man alle Atome auf diese zwei Bausteine zurückführen können. Erst mit der weiteren Entwicklung der Quantenmechanik und der Kernphysik wurde klar, dass es keine Elektronen als dauerhafte Bestandteile des Kerns geben kann.

Als Wolfgang Pauli 1930 das Auftreten eines (Anti-)Neutrinos beim Betazerfall postulierte, nannte er es noch „Neutron“. Erst später etablierte sich die Bezeichnung Neutrino auf Vorschlag von Enrico Fermi.

Siehe auch

Literatur

  • Dirk Dubbers, Reinhard Scherm: Neutronen-Forschung am Institut Laue-Langevin: Neutronen-Quelle und Experimente. In: Physik in unserer Zeit. Band 34, Nr. 3, 2003, S. 108–111, doi:10.1002/piuz.200390052.
  • Arno Hiess, Helmut Schober: Mit Neutronen auf der Spur der Elektronen: Neutronen-Spektroskopie an Festkörpern. In: Physik in unserer Zeit. Band 34, Nr. 3, 2003, S. 112–118, doi:10.1002/piuz.200390053.
  • Torsten Soldner: Das Neutron, der Kosmos und die Kräfte: Neutronen in der Teilchenphysik. In: Physik in unserer Zeit. Band 34, Nr. 3, 2003, S. 127–132, doi:10.1002/piuz.200390056.
  • Matthias Honal, Wolfgang Scherer, Götz Eckold: Wozu brauchen Chemiker Neutronen? In: Nachrichten aus der Chemie. Band 51, Nr. 11, 2003, S. 1133–1138 (PDF [abgerufen am 5. Mai 2008]).
  Wiktionary: Neutron  – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Die Angaben über die Teilcheneigenschaften (Infobox) sind, wenn nicht anders angegeben, entnommen aus der Veröffentlichung der CODATA Task Group on Fundamental Constants: CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology; abgerufen am 28. Februar 2014 (englisch).
  2. J. Beringer et al. (Particle Data Group): 2013 Review of Particle Physics. In: Physical Review D. Bd. 86, 2012, 010001 und 2013 partial update for the 2014 edition. Particle Data Group; abgerufen am 28. Februar 2014 (englisch)..
  3. A. T. Yue et al.: Improved Determination of the Neutron Lifetime. Physical Review Letters 111, 222501 (2013) [4 pages]
  4. K. Wirtz, K. H. Beckurts: Elementare Neutronenphysik. Springer, 1958, Seite 2