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vom 27.06.2022, aktuelle Version,

Ronacher

Ronacher

Das Ronacher, früher Etablissement Ronacher, ist ein Theater im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt, gelegen zwischen Himmelpfortgasse, Seilerstätte und Schellinggasse. Es bildet gemeinsam mit dem Raimund Theater und dem Theater an der Wien die Spielstätten der Vereinigte Bühnen Wien und ist über die Wien Holding zu 100 Prozent im Eigentum der Stadt Wien.

Geschichte

Das Wiener Stadttheater kurz nach der Erbauung
Der Brand des Theaters 1884.
Fassade des Ronachers (2008)
Ronacher Logo

Es wurde zunächst als Wiener Stadttheater von 1871 bis 1872 von den Architekten Ferdinand Fellner dem Älteren und Ferdinand Fellner dem Jüngeren für eine private AG des Journalisten Max Friedländer und des Theaterautors und -leiters Heinrich Laube erbaut. Die beiden wollten damit ein bürgerliches Theater errichten, das – ohne Zensur – den kaiserlichen Hoftheatern Konkurrenz machen sollte. Eröffnet wurde das Haus am 15. September 1872 mit Schillers Demetrius in einer Bearbeitung Laubes. Zwölf Jahre nach der Eröffnung brannte das Haus am 16. Mai 1884 nieder. Da das Gebäude nicht an allen vier Seiten freisteht, wurde nach den inzwischen gültigen Brandschutzbestimmungen ein Wiederaufbau als Schauspielhaus nicht zugelassen. 1886 kaufte Anton Ronacher die Brandruine und ließ wiederum von Ferdinand Fellner d. J. (der inzwischen das Büro Fellner & Helmer gegründet hatte) Mai 1887 bis April 1888 darauf ein Concert- und Ballhaus errichten. Die Wandgemälde stammen von Eduard Veith. Die Hauptstiege wurde mit Stufen aus Kaisersteinbruch errichtet. Dem neuen Varietétheater war ein großer Ballsaal und ein Hotel angeschlossen, daneben konnte es bereits elektrisches Licht einsetzen, enthielt Promenaden und einen Wintergarten.

Das neue Etablissement Ronacher war kein Schauspielhaus, sondern mit Tischen und Stühlen ausgestattet. Während der Vorstellung durfte getrunken, gegessen und geraucht werden. Durch die schlechte Wirtschaftslage musste Ronacher jedoch das Haus später aufgeben. Ab 1890 traten öfter Artisten auf, was vermehrt Vorstadtbevölkerung anlockte und die Aristokratie vertrieb. Später wurde das Programm durch Revuen, Operetten, Tanz- und Gesangsvorführungen ergänzt. Das Haus wurde dabei immer wieder umgebaut und den Bedürfnissen des modernen Varietébetriebs angepasst (1901, 1906 und laufend zwischen 1907 und 1916; jeweils durch Ferdinand Fellner d. J.), insbesondere um 1910 begleitet von der Diskussion, ob, dem Zug der Zeit folgend, das Haus die Wandlung zum klassischen Sprechtheater vollziehen solle.[1] Ab 1928 war der damalige österreichische Rundfunk, die RAVAG, für einige Jahre in Teile des Ronacher eingemietet und sendete von dort seine Musikprogramme: Zunächst baute man das sogenannte „Parisien“ in ein Studio um, das nebst Nebenräumen und dem gesamten dritten Stockwerk verwendet wurde. 1930 mietete die RAVAG dann noch weitere anderthalb Etagen und einige Einzelzimmer des Gebäudes.

Nach dem Anschluss im Jahr 1938 ging das Theater durch Arisierung von seinem bisherigen Miteigentümer Samuel Schöngut auf Bernhard Labriola über.[2][3] Schöngut wurde am 2. November 1941 ins Ghetto Litzmannstadt und am 16. August 1944 von dort ins KZ Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde.[4]

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Ronacher bis 1955 Ausweichbühne für das durch Bomben beschädigte Burgtheater. Anschließend traten wieder Varieté-Künstler auf, bevor ab 1960 das österreichische Fernsehen die Räumlichkeiten für TV-Produktionen nutzte. Nach einem zehnjährigen Leerstand erfolgte 1986 erstmals wieder die Aufführung einer Operette, diesmal Cagliostro in Wien von Johann Strauss (Sohn). 1987 kauften die Vereinigten Bühnen Wien das Haus und führten das Musical Cats und zwei Opern auf. Ein Architekturwettbewerb ergab 1987 als Siegerprojekt eine „dekonstruktivistische“ Aufstockung. Das Vorhaben von Coop Himmelblau wurde allerdings Ziel heftiger öffentlicher Kritik und wurde im August 1991 ad acta gelegt. 2003, 2004 und 2008 war das Ronacher Gastgeber der Verleihungsgala des Nestroy-Theaterpreises.

Nach einigen Jahren als Gastspielhaus für internationale Produktionen und Festveranstaltungen wurde das Ronacher um 46,9 Millionen Euro zu einer Musicalbühne ausgebaut. Bis Mitte 2008 wurde die Bühnentechnik modernisiert und der Boden der Bühne um zwei Meter abgesenkt, wodurch die Sicht auf die Bühne verbessert wurde.[5] Die Aufstockung des Gebäudes durch den Architekten Günther Domenig wurde trotz massiver politischer und stadtbildschützerischer Bedenken durchgeführt.[6]

Aufgrund der Covid-19-Pandemie mussten während der Spielzeit von Cats zahlreiche Vorstellungen abgesagt werden. Die verkaufbare Sitzplatzkapazität wurde in dieser Zeit erst auf 75 %, später auf 50 % reduziert. Seit September 2021 wird das Theater wieder mit voller Kapazität verkauft. Am Stück selbst wurden Änderungen vorgenommen, wie etwa, dass die Darsteller als Katzen nicht mehr den Zuschauerraum bespielen dürfen, um die Abstandsregeln einhalten zu können. Der Ablauf als auch die Choreographie mussten angepasst und/oder abgeändert werden – diese Änderungen dienten als Vorlage für alle weltweit gespielten Cats-Produktionen. Folgende Vorstellungen wurden aufgrund von Lockdowns abgesagt:

  • 11. März – 26. Juli 2020
  • 3. November 2020 – 24. Mai 2021
  • 22. November 2021 – 12. Dezember 2021

Das Ronacher verfügt über rund 1000 Sitzplätze und 40 Stehplätze. Die genaue Anzahl der Sitz- und Stehplätze variiert je nach Produktion (bei Cats aktuell 994 Sitz- und 30 Stehplätze).

Aufführungen

Musical Musik und Buch Premiere Dernière Vorstellungen / Besucher Zusätzliche Infos
Cats Andrew Lloyd Webber 1988 24. September 1990 über 2.000 Vorstellungen / 2,3 Mio. Besucher 1. Spielzeit im Theater an der Wien und Ronacher
20. September 2019 26. Juni 2022 454 Vorstellungen +6 Previews / 180.000 Besucher Wiederaufnahme
Chicago John Kander, Fred Ebb 21. April 1999 Zuvor im Theater an der Wien
Falco – A Cybershow Joshua Sobol und Paulus Manker 1. April 2000 26. November 2000
The Producers Mel Brooks 30. Juni 2008 22. Februar 2009 deutschsprachige Erstaufführung
Frühlings Erwachen Michael Mayer, Bill T. Jones 21. März 2009 30. Mai 2009 deutschsprachige Erstaufführung
Tanz der Vampire Michael Kunze, Jim Steinman 16. September 2009 25. Juni 2011 Weltpremiere 1997 im Raimund Theater
30. September 2017 27. Juni 2018 240 Vorstellungen +2 Previews / ca. 252.000 Besucher Wiederaufnahme
Sister Act Alan Menken, Glenn Slater 15. September 2011 31. Dezember 2012 basiert auf dem gleichnamigen Film mit Whoopi Goldberg
Natürlich Blond Laurence O’Keefe, Nell Benjamin 21. Februar 2013 20. Dezember 2013 basiert auf dem gleichnamigen Film mit Reese Witherspoon
Der Besuch der alten Dame Christian Struppeck, Moritz Schneider 19. Februar 2014 29. Juni 2014 120 Vorstellungen +5 Previews / ca. 114.000 Besucher Eigenproduktion / Koproduktion mit den Seefestspiele Thun
Mary Poppins Cameron Mackintosh, Disney 1. Oktober 2014 31. Januar 2016 371 Vorstellungen +10 Previews / ca. 366.000 Besucher deutschsprachige Erstaufführung
Evita Andrew Lloyd Webber, Tim Rice 9. März 2016 31. Dezember 2016 185 Vorstellungen +3 Previews / ca. 148.000 Besucher
Don Camillo und Peppone Michael Kunze, Dario Farino 27. Jänner 2017 25. Juni 2017 117 Vorstellungen +2 Previews Eigenproduktion / Koproduktion mit dem Theater St. Gallen
Bodyguard Alexander Dinelaris 27. September 2018 30. Juni 2019 273 Vorstellungen +5 Previews / ca. 260.000 Besucher basiert auf dem gleichnamigen Film mit Whitney Houston
Der Glöckner von Notre Dame (Musical) Alan Menken, James Lapine, Stephen Schwartz 8. Oktober 2022 offen österreichische Erstaufführung

Literatur

Commons: Etablissement Ronacher  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. st–g.: Kleine Chronik. (…) Der Kampf zwischen Varieté und Theater. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 16082/1909, 30. Mai 1909, S. 15, Mitte oben. (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp.
  2. Stephan Templ, Tina Walzer: Unser Wien. „Arisierung“ auf österreichisch. Aufbau Verlag, Berlin 2001, ISBN 3-351-02528-9. S. 212.
  3. Eva Offenthaler: Ein Mensch in seinem Widerspruch: der Meisterstemmer, Fabrikant und Varietébesitzer Bernhard Labriola. Österreichische Akademie der Wissenschaften, Institut für Neuzeit- und Zeitgeschichtsforschung (INZ), Biographie des Monats August 2015.
  4. Eidesstattliche Erklärung des Neffen Adolf Glücksmann in den Akten der Property Control Sub-Section der US-Militärregierung (Zugang nach kostenloser Registrierung)
  5. Ronacher mit neuem Innenleben Rathauskorrespondenz vom 27. Juni 2008 (Abgerufen am 17. Juni 2010).
  6. Funktionssanierung Ronacher.