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vom 13.05.2022, aktuelle Version,

Tungsram

Ungarisches Werbeplakat für Tungsram-Glühlampen, um 1910

Tungsram ist eine Handelsmarke für Leuchtmittel, unter der früher Glühlampen und Elektronenröhren, später auch Unterhaltungselektronik und ganze Fertigungslinien vertrieben wurden. Seit 1984 ist Tungsram zugleich der Unternehmensname des Herstellerbetriebs mit mehreren Produktionsstandorten in Ungarn. Das Unternehmen wurde 1989 von General Electric (GE) übernommen und 2018 durch ein Management-Buy-out selbstständig.[1] Es werden weiterhin Leuchtmittel und Ausrüstungen in den ungarischen Fertigungsstätten erzeugt.

Geschichte

Vorgeschichte

1862 gründete Béla Egger in Wien sein Unternehmen Mechanische Werkstätte und Telegraphenbauanstalt B. Egger, welches vornehmlich Telefon- und Telegrafenzubehör herstellte. Kurz nachdem Thomas Alva Edison im Jahre 1879 ersten Erfolg mit seiner Kohlefaden-Glühlampe hatte, ließ Egger solche Glühlampen produzieren und eröffnete zusätzlich in Budapest eine Filiale. Gleichzeitig betrieb er die Weiterentwicklung seiner Produkte.

Erste Glühlampenfabrikation in Budapest

1896 eröffnete Egger in Budapest zwei Fabriken zur Lampenproduktion, in der auch Lipót Aschner arbeitete. Wenige Jahre später erfanden hier Franjo Hanaman und (Sándor) Alexander Just einen Glühfaden, bei dem der Naturkohlefaden mit einer Suspension aus Wolfram (englisch Tungsten) bedeckt wird. Nachdem sich das Wolfram der Form des Fadens angepasst hatte, wird der Kohlenstoff durch Erhitzen beseitigt. Am 13. Dezember 1904 erhielten sie darauf ein Patent. (Diese Methode wurde später durch William D. Coolidges metallurgischen Prozess ersetzt.) 1909 wurde der Markenname Tungsram (ein Kofferwort aus den beiden für Wolfram gebräuchlichen Wörtern TUNGSten + wolfRAM) eingetragen. Die unter diesem Namen produzierten neuartigen Glühlampen hatten eine höhere Lichtausbeute und eine längere Lebensdauer als die ursprünglichen Kohlefadenlampen. Die Glühlampenfabriken in Österreich-Ungarn werden jetzt auch einfach als Tungsram bezeichnet.

Tungsram-Industrieforschungsinstitut und erweiterte Lampenproduktion

Nach dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise eröffnete die Firma Egger in Budapest ein eigenes Forschungsinstitut, welches die Weiterentwicklung der Herstellungstechnik von Leuchtmitteln betrieb. Erfolgreiche Ingenieure und Techniker waren hier tätig, darunter Ignác Pfeifer (der in den 1950er-Jahren den Lehrstuhl für Kernphysik an der Budapester Technischen Universität etablieren sollte), des Weiteren Pál Selényi (1884–1954), „Vater“ der Xerografie, Pál Túry und Tivadar Millner.[2] 1923 trat Imre Bródy in die Fabrik ein, und erfand hier im Jahre 1930 die Krypton-Lampe. Diese war den bisherigen Lampen in der Lebensdauer deutlich überlegen und wurde erfolgreich verkauft. Der österreichische Teil des Unternehmens – welcher im Einflussbereich von Johann Kremenetzky stand – erhielt im Jahr 1932 die Staatliche Auszeichnung und durfte das Bundeswappen Österreichs im Geschäftsverkehr verwenden. Zu dieser Zeit war Dr. Walter Levy (gest. 1938 in Genf), vormals Direktor des deutschen Glühlampenproduzenten Osram, Eigentümer von Tungsram.

Logo aus den 1930er Jahren

Die ungarischen Teile der Tungsramfabrik wurden in den 1930er Jahren erweitert, um die gefragten Lampen in noch größerer Stückzahl zu produzieren.[2]

Seit 1938 ist das Signet des Herstellers ein Buchstabe "T" in einem Kreis.[3] In diesen Jahren entwickelten und produzierten die Ingenieure von Tungsram auch erste Elektronenröhren für den Einsatz in Radiogeräten.[4] Große Teile der Röhrenfabrikation werden noch vor 1940 vom niederländischen Unternehmen Philips aufgekauft.[5] Das Unternehmen gehörte im Zeitraum 1924–1941 wie andere bekannte Leuchtmittel-Produzenten zum Phoebuskartell internationaler Glühlampenhersteller.

In den 1940er Jahren verfügte Tungsram auch über eine Radioröhren- und Leuchtmittelfabrik in Frankreich, und zwar in Gennevilliers, wenige Kilometer nordwestlich von Paris.[6]

Tungsram-Erzeugnisse ab 1945

Tungsram-Doppeltriode ECC83

In der Zeit der kommunistischen Herrschaft in Ungarn wurde das Privatunternehmen in einen Staatskonzern umgewandelt. Die Eigenproduktion von Elektronenröhren wurde wieder aufgenommen, hinzu kamen ab den 1960er-Jahren auch erste eigene Bildröhren für Fernsehgeräte sowie Spezialglühlampen für die Autoindustrie. Die Entwicklung und Produktion neuer Erzeugnisse setzte sich fort: Spezialröhren für die Medizin, Halbleitererzeugnisse, Haushaltsgeräte und sogar komplette Produktionslinien wurden erzeugt.[2]

Am 10. August 1946 wurde Tungsram Bratislava, der slowakische Teil des Konzerns, in das Nationalunternehmen TESLA übernommen.

In den 1970er Jahre war die Vereinigte Glühlampen- und Elektrizitäts AG Tungsram der größte ungarische Industriebetrieb, 75 % der Produktion wurden exportiert. Die Belegschaft betrug im Jahr 1977 an die 32.000 Mitarbeiter.[7]

Diversifikation

Am 1. Januar 1984 wurde zur Sicherung der Außenhandelsbeziehungen der Markenname Tungsram als offizieller Unternehmensname eingetragen. Die ständige Weiterentwicklung und Anpassung an die Technik führt in den 1980er-Jahren zu einem Diversifizierungsprozess, an dessen Ende folgende große Produktlinien stehen:[2]

  • Glühlampen, Leuchtstoffröhren, Autoscheinwerfer
  • Halbleiterbauelemente
  • Steuerelektronik für Industrieroboter
  • Autoelektronik
  • Haushaltsgeräte
  • CO2-Laser für industrielle und medizinische Anwendung
  • Röntgendosimeter
  • Computerzubehör wie Disketten
  • Maschinenaggregate.
Tungsram-Fabrik in Ujpest

Hauptabnehmer der Erzeugnisse war die Sowjetunion mit rund 70 Prozent. Der Rest wurde in die übrigen sozialistischen Staaten, in Entwicklungsländer und in kleinen Teilen auch nach Westeuropa exportiert. Tungsram besaß 1989 folgende Standorte in Ungarn:[2]

Tungsram heute

Nach der Auflösung des Ostblocks brach der Markt für die Erzeugnisse von Tungsram fast vollständig zusammen. Für eine Neuausrichtung und Modernisierung sowohl der Maschinen und Anlagen als auch des Produktionssortiments war unbedingt frisches Kapital erforderlich. Die Unternehmensleitung nahm hierzu Verhandlungen mit der ungarischen Kredit-(Hitel)-Bank und mit dem österreichischen Bankenkonsortium Girozentrale auf. Die angestrebte Partnerschaft kam jedoch nicht zustande, stattdessen erfolgte ein Zusammenschluss von Tungsram mit General Electric (GE). Am 15. November 1989 wurde die Kaufurkunde durch GE simultan in Cleveland und Budapest unterzeichnet, mit der 50 % plus eine Aktie von Tungsram an GE gingen. Der neue Haupteigentümer gewann damit ein Absatzgebiet in den früheren Ostblockländern hinzu, für Tungsram eröffneten sich neue Absatzmärkte in Westeuropa.

In den 1990er-Jahren investierte GE an ausgewählten früheren Standorten von Tungsram in Ungarn rund 600 Mio. US-Dollar für die Erneuerung von Produktionsanlagen, die Einführung neuer Technologien und den Umweltschutz. In ehemaligen Tungsramfabriken, auch in Nachbarländern wie Bosnien-Herzegowina oder Slowenien, werden von rund 11.000 Beschäftigten seitdem folgende GE-Erzeugnisse (Kennzeichnung GE Lighting Tungsram) aus der Lichtsparte hergestellt:

  • Glühlampen[8][9]
  • kompakte Leuchtstofflampen[10]
  • Energiesparlampen mit besonders langer Lebensdauer (Genura), mit denen beispielsweise das Parlamentsgebäude in Budapest angestrahlt wird[11]
  • Natriumdampfhochdrucklampen (Lucalox, die bereits auf der Industriemesse Hannover einen „Grand Prix“ erhielten)[12]
  • kompakte Fluoreszenzlampen mit stark gewendelten Röhren (Heliax)
  • Autobeleuchtung[13]
  • Halogen- und LED-Lampen[14] sowie Glimmlampen[15]

An weiteren ehemaligen Tungsram-Standorten werden Plastikerzeugnisse, Medizinausrüstungen, Transportsysteme und Flugzeugmotoren produziert.[2]

Die größten Produktionsanlagen für herkömmliche Glühlampen in Nagykanizsa mussten ab 2009 aufgrund der Ökodesign-Richtlinie, welche Herstellungs- und Vertriebsverbote in der EU für Glühlampen brachte, schrittweise stillgelegt werden.[16]

2018 wurde das Unternehmen Tungsram im Zuge eines Management-buy-outs des ehemaligen GE-Managers Jörg Bauer wieder selbstständig und übernahm im Zuge der Gründung des Tungram-Konzerns zugleich die Geschäfte von GE Lightning in Europa, dem Nahen Osten und Afrika.[17]

Im April 2022 wurden 1600 Mitarbeiter entlassen. Die Gesellschaft meldete am 11. Mai 2022 Insolvenz an.[18]

Literatur

  • The History of Tungsram, 1896–1945; Gutenberg Printing House, Ungarn 1990
  • Paul Marer and Vincent Mabert: GE acquires and restructures Tungsram : the first six years (1990 - 1995); In: Trends and policies in privatisation; Paris, OECD, ISSN 1021-3287; S. 149–185
  • Tarnschrift: Fingiertes Werbe-Faltblatt für Tungsram-Röhren.KPD, KPÖ, AdS und RSÖ, Ende März 1939. Aufruf zum Zusammenhalt “An die Arbeiter Deutschlands und Oesterreichs!” anlässlich der Annexion der Tschechoslowakei.
Commons: Tungsram  – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Tungsram - Innovation ist unser Erbe - News -. Abgerufen am 21. September 2021 (deutsch).
  2. 1 2 3 4 5 6 www.tungsram.hu: Kurze Geschichte von Tungsram teilweise mit historischen Fotos, (ungarisch und englisch), PDF-Datei, abgerufen am 26. Dezember 2009
  3. www.radiomuseum.org: Verschiedene Logos von Tungsram auf alten Verpackungen
  4. www.radiomuseum.org: Details zu Radioröhren von Tungsram in einem Museum, abgerufen am 27. Dezember 2009
  5. www.jogis-roehrenbude.de: private Homepage zur Geschichte der Röhre EL34, abgerufen am 27. Dezember 2009
  6. Roger Crespin: Memento Tungsram. Editions Crespin, Pavillons-sous-Bois 1947.
  7. ÖNB-ANNO - Europäische Rundschau. Abgerufen am 21. September 2021.
  8. www.light-electric.net: Glühlampen-Tungsram-Katalog des Werkes in Banja Luka@1@2Vorlage:Toter Link/www.light-electric.net (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 28. Dezember 2009
  9. sftp.slovenka.net: Glühlampen-Tungsram-Katalog des Werkes in Šoštanj@1@2Vorlage:Toter Link/sftp.slovenka.net (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 175 kB), abgerufen am 28. Dezember 2009
  10. bolthely.hu: Sortiment KLL auf der Homepage von Tungsram, abgerufen am 28. Dezember 2009
  11. www.tungsram.hu: The Hungarian Parliament illuminated by GE Genura™ Lamps, (englisch), abgerufen am 28. Dezember 2009
  12. bolthely.hu: Na-Lampen, abgerufen am 28. Dezember 2009
  13. bolthely.hu: Sortiment Autolampen, abgerufen am 28. Dezember 2009
  14. bolthely.hu: Sortiment LED-Lampen, abgerufen am 28. Dezember 2009
  15. bolthely.hu: Sortiment Glimmlampen, abgerufen am 28. Dezember 2009
  16. diepresse.com: Ungarn: Aus für Glühbirne kostet Jobs., Artikel vom 9. November 2009, abgerufen am 27. Dezember 2009
  17. Tungsram - Innovation ist unser Erbe - News -. Abgerufen am 21. September 2021 (deutsch).
  18. Ungarns Beleuchtungsunternehmen Tungsram beantragt Insolvenzschutz. 12. Mai 2022, abgerufen am 13. Mai 2022.