Waldbahn Radmer
Die Waldbahn Radmer war eine Gütertransportbahn zwischen Radmer und Hieflau in der Steiermark in Österreich. Es wurde hauptsächlich Holz und Erz transportiert.
Vorgeschichte
Die Verwaltung der Fondsgüter des Kaiserhauses (nach 1918 Fürst. Hohenbergschen Besitz) begann bereits 1912 mit der Planung einer Waldbahn. Die für den Bau der Waldbahn Radmer in der Stube - Säge Hieflau reichten allerdings in diesem Jahr nur für den Trassensteig und 150 m Unterbau. Der Bau soll nach mündlichen Überlieferungen in 600 mm Spurweite begonnen worden sein und eine Dampflokomotive zum Ziehen der Bauzüge wurde beschafft. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges brachte jedoch den Eisenbahnbau zum Stillstand. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Planung und der Bau der Waldbahn wieder aufgenommen, da infolge von Sturmkatastrophen 1916/17 riesige Mengen Holz im Radmertal lagen.
Baubeginn
Im August 1919 begann der Bau und am 3. März 1920 konnte der Betrieb aufgenommen werden. Zufolge des großen Holzanfalles im Finstergraben musste die Strecke bis zur Ladestelle Neuhaus verlängert werden. Die 12,8 km lange Strecke war im November 1922 fertig. Alle Transportleistungen wurden bis zum Kauf einer eigenen Lokomotive von einer aus Eisenerz entliehenen Lok (Kr/Mü 7212/1917 Bt n2 Erzberg 33) erbracht. Die Bahn wurde sehr solide gebaut, denn man wollte neben Holz auch jährlich bis zu 4.000 Güterwagen mit Erz aus dem Bergbau Radmer abführen.
Die Strecke:
- Spurweite 830 mm (um Fahrzeuge vom Erzberg verwenden zu können)
- Minimalradius 80 m
- Maximalsteigung 30 Promille
- Schienen Metergewicht 18 – 22 kg (Finstergraben 12 kg)
Fahrzeuge:
- 1 Dampflok O&K 9977/1922 Ct n2 "SOPHIE" 1922-50 +1951
- 1 Draisine Austro-Daimler 35 PS
- 54 Trucks (Ladegewicht je Einheit 8 t)
- 2 Plateauwagen (Ladegewicht 12 t Schnittholz)
Strecke
Die Waldbahn berührte alle wichtigen Zufahrtsstraßen, Lagerplätze und Bringungsanlagen. Der Hauptladeplatz befand sich im Finstergraben, in Radmer ein Zwischenlagerplatz und Säge. Unterwegs befanden sich zwei Ausweichen (Krautgarten, Wasserofen), die Endstelle in Hieflau Säge. Die beladenen Wagen fuhren in der Regel mittels Schwerkraft von Radmer zur Säge Hieflau. Öffentlichen Personenverkehr gab es keinen.
Am 1. März 1939 beauftragte die Betriebsleitung des Eisensteinbergbaues Radmer die Fa. Kunath, Schmidt & Metzger in Wien mit der Erstellung einer Gleisverbindung von der Zwiebachbrücke zum Bergbau. Es wurden am 25. September 1939 provisorische Gleisjoche auf der Straße verlegt und eine Lok vom Erzberg (O&K 266/1899 Bt n2 Nr. 25/2 1939-41) bediente das Bergbaugelände. Fertig wurde die Anschlussstrecke erst 1941. Es kamen 2 weitere Loks (O&K 265/1899 Bt n2 Nr. 1/25 u. O&K 4030/1910 Bt n2 Nr. 6/40 1939-53) und Erzhaldenhunte mit einem Fassungsvermögen von 2,8 m³. Am 12. Dezember 1941 fuhr der erste Erzzug zum (nächst dem Bhf. Radmer gelegenen) Bodenbunker der bis am 15. Dezember 1941 gefüllt wurde. Danach gelangten ca. 2.000 t Roherz wöchentlich zur Verladung.
Es kamen 1942 weitere Loks vom Erzberg auf der Waldbahn zum Einsatz[1]:
- Nr. 4/60 Kr/Li 7155/1916 Bt n2 1942-47 (Donawitz 60.3)
- Nr. 5/60 Kr/Li 7310/1917 Bt n2 1942-47 (Donawitz 60.5)
- Nr. 6/60 Kr/Li 7311/1917 Bt n2 1942-47 (Donawitz 60.8)
- Nr. 17/100 Flor. 3236-38?/1939 Bt n2 1942-?
- Nr. 7/100 Kr/Li 6772/1913 Bt n2 1942-64 +1964
- Nr. 29/100 Kr/Li 7153/1916 Bt n2 1942-64 +1964
- Nr. 31/100 He 19385/1922 Bt n2 1942-64 +1964
- Nr. 32/100 He 19386/1922 Bt n2 1942-64 +1964
- Nr. 33/100 He 19387/1922 Bt n2 1942-64 +1964
- Nr. 34/100 He 19388/1922 Bt n2 1942-64 1964 nach Donawitz
Die Lokliste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die Angaben zum Teil differieren.
Pachtvertrag
1948 schloss das Hohenbergsche Forstamt mit dem Eisensteinbergbau einen Benützungs- und Pachtvertrag. 1950 kam das Ende der Lok "SOPHIE", ihr Namensschild wird heute noch in den Räumen der Forstverwaltung aufbewahrt. Schwerkraftfahrten hatten sich mit der Einführung der Erzzüge aufgehört, reine Holzzüge verkehrten noch bis 1954. Bis 1956 gab es noch gemischte Züge, dann wurde der Holzverkehr eingestellt und die Waldbahnstrecke zwischen Finstergraben - Radmer Abzw. und Bodenbunker - Hieflau Säge bis ca. 1964 abgebaut.
Seit 1956 wurde nur Erz Richtung Bodenbunker / Bf. Radmer abtransportiert. 1962 und 1965 kamen stärkere Dampfloks und Erzhunte mit 3,9 m³ zur Erzförderbahn:
- Nr. 14/200 Kr/Li 1478/1928 C1t h2 1962-67 (ex. BBÖ Uh1, ÖBB 498.01 +1967)
- Nr. 15/200 Kr/Li 1479/1928 C1t h2 1962-67 (ex. BBÖ Uh2, ÖBB 498.02 +1967)
- Nr. 16/200 Kr/Li 1513/1929 C1t h2 1962-67 (ex. BBÖ Uh5, ÖBB 498.05 +1967)
- Nr. 12/200 Kr/Mü 17234/1945 Bt n2 1965-67 (Bergbau Zangtal +1967)
- Nr. 13/200 Kr/Mü 17204/1944 Bt n2 1965-67 (Bergbau Zangtal +1967)
Umbau der Bahn
1967 wurde die Bahn umgebaut: Sie wurde auf 900 mm umgespurt und mit 1.200 V Gleichstrom elektrifiziert. Die Streckenlänge - mit schwerem Schienenprofil ausgeführt - betrug nach dem Ende der Holzförderung nur mehr 7,32 km. Die Fahrleitung wurde nach dem System Kummler & Matter ausgeführt. Die Einspeisung erfolgte in der Streckenmitte (Ausw. Krautgarten). Im Bergbauareal wurde mit 600 V Gleichstrom gefahren.
Fahrzeuge:
- Nr. 4/106 SSW 259/1930 Bo
- Nr. 6/250 GE 30546/1949 Bo
- Nr. 4/900 Lofag/BBC 17690/328/1952 BoBo
- Nr. 5/900 Lofag/BBC 17691/329/1952 BoBo
- Erzförderwagen (Zeltweger) 9 m³
Die Erzzüge wurden aus schweren BoBo-Elektrolokomotiven und 9-Wagenzügen mit 285 t gebildet. Die Bahn war, wenn auch nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form, die letzte in Betrieb stehende Waldbahn Österreichs. Sie wurde am 30. Juni 1979 nach der Betriebseinstellung des Eisensteinbergbaues Radmer eingestellt und abgebaut. Einige Fahrzeuge des Bergbaubetriebes stehen noch als Industriedenkmal in Radmer. Von den großen BoBo-E-Loks ist keine erhalten.
Literatur
- Manfred Hohn: Waldbahnen in Österreich, Verlag J.O. Slezak, Wien 1980, ISBN 3-900134-68-5
- Aus der Geschichte des Erzbergbaues im zentraleuropäischen Raum: Vorträge des 4. Erzberg-Symposiums in Eisenerz, 19.-22. Oktober 1988, Anton Karl Manfreda, Peter Sika, VWGÖ, 1992[2]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Waldbahn Radmer. In: pospichal.net. Abgerufen am 11. Januar 2015.
- ↑ Peter Sika: Aus der Geschichte des Erzbergbaues im zentraleuropäischen Raum. VWGÖ, 1992 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).