Diese Liebe zur Natur wurde mir wahrscheinlich schon in die Wiege gelegt, denn solange ich mich zurückerinnern kann, galt mein Interesse den Blumen, den Tieren, den Bergen und vor allem den Höhlen und den Mineralien. Schon als kleiner Junge hatte ich im Gemüsegarten meiner Mutter eine kleine Ecke für mich alleine, die ich bearbeiten und pflegen durfte. Meinen ersten Baum pflanzte ich, als ich gerade mal sechs Jahre alt war. Es war ein kleiner Apfelbaum, den ich irgendwo in der Wildnis ausgegraben hatte. Er ist veredelt worden, doch im Gemüsegarten wurde er mit zunehmender Größe immer unbeliebter und so setzte ihn mein Vater eines Tages in die hinterste Ecke unseres Grundes. Heute ist er ein schöner, stattlicher Baum, er darf sich frei entfalten und dankt es uns mit köstlichen Früchten. Da sein Stamm mit Efeu bewachsen ist, erfreut er uns auch im Winter mit etwas Grün. In seiner Nähe habe ich einen naturnahen Badeteich angelegt und im Sommer schätzt die ganze Familie seinen Schatten.
Ich betrachte ihn als meinen Lebensbaum.
Mein Vater besaß einen alten Fotoapparat, den er sich während des Zweiten Weltkrieges in Belgien gekauft hatte. Mit diesem Apparat machte ich die ersten Schritte in die Welt der Fotografie. Zur Firmung bekam man in meiner Kindheit üblicherweise eine Uhr als Geschenk, ich wünschte mir aber einen Fotoapparat. Meine Eltern behielten meinen Wunsch aber für sich und so bekam ich wie alle Kinder von meinem Firmpaten eben auch eine Uhr zur Firmung.
Ich war schon einige Monate Lehrling, als ich endlich das Geld für eine einfache Kamera beisammen hatte. So machte ich dann Jahr für Jahr Erinnerungsaufnahmen, bis ich einen Diavortrag mit dem Titel „Dachstein im Wandel der Jahreszeiten" von Hannes Broer sah. Das wollte ich, nein das musste ich auch vom Hochschwab machen, und da war noch das Buch „Hochschwab" von Liselotte Buchenauer, das mich dazu inspirierte.
Inzwischen sind 40 Jahre vergangen, meine Liebe zum Hochschwab, zur Fotografie, zu den Mineralien, zum Wandern und zum Höhlenforschen sind gleich geblieben. Haben mir immer wieder Lebensfreude gegeben, die ich auch versuche weiterzugeben. Ich habe begonnen Diavorträge über meinen Berg, den Hochschwab, zu machen, präsentiert in der Schönheit aller Jahreszeiten, seine Mächtigkeit, seine Mystik, seine Vielfalt.
Der Hochschwab im Zauber der Jahreszeiten - nun auch als Bildband zum Blättern und Genießen!
Als Kind kam ich schon viel auf Almen herum, aber das war noch kein Bergsteigen und es waren auch immer die gleichen Almen, die Jauringalm, die Baumeralm und gelegentlich auch die Aflenzer Bürgeralm. Zwei meiner drei Schwestern waren Sommer für Sommer auf der Jauringalm Sennerinnen, und für mich und meine Freunde war es in den Schulferien immer eine willkommene Abwechslung, einige Tage bei ihnen auf der Alm zu verbringen. Normalerweise braucht man auf die Jauringalm nicht viel länger als eine Stunde, aber für uns Kinder war damals schon der Weg das Ziel und so vergingen oft auch fünf Stunden, bis wir auf der Alm ankamen. Es gab ja so vieles am Wegesrand zu sehen, einmal waren es die Ameisen, die wir mit den lästigen Fliegen fütterten, ein anderes Mal war es wieder der so genannte „Bauchwehbrunnen", den wir richten mussten, da das Wasser schon neben der Rinne floss. Uns wurde immer aufgetragen, ja kein Wasser von dieser Quelle zu trinken, da man davon Bauchweh bekäme. Aber einmal war der Durst doch zu groß und ich trank Wasser vom Bauchwehbrunnen, aber das musste ich dann auf der Alm büßen. (Vielleicht sollte man das Wasser dieser Quelle einmal untersuchen lassen!)
Heute führt die Forststraße weit ab vom Bauchwehbrunnen auf die Jauringalm und der Brunnen ist verfallen. - Ich liebte diese Tage auf der Alm. Besonders genoss ich die Wanderungen zum Höchstein, wo die Sennerinnen an schönen Sommertagen Heu machten. Das Heu wurde dann in ein großes Futtertuch zu einer so genannten „Foscht" zusammengebunden und auf dem Kopf zur Alm getragen, wo es im „Pfarrer", so heißt der Stall auf der Alm, unterm Dach gelagert wurde. Das Heu wurde dann bei Schlechtwetter an das Vieh verfüttert. Am Höchstein gab es auch immer die schönsten Blumen, besonders das Edelweiß und das Kohlröserl hatten es uns Kindern angetan. Im Mai blüht am Feistringstein oberhalb der Baumeralm Petergstamm in einer solchen Pracht wie sonst kaum wo am Hochschwab, und so stand am Muttertagsmorgen immer ein schönes Sträußchen Petergstamm auf dem Tisch meiner Mutter. - Zum eigentlichen Bergsteigen kam ich erst viel später.
Es war Ende Oktober und laut Wetterbericht sollte schönes Herbstwetter sein, aber im Tal war so richtiges „Waschküchenwetter". Eine dicke Nebeldecke lag über dem Hochschwab, meine Frau und ich wollten übers G'hackte, die Häuslalm und Sonnschien bis auf den Präbichl gehen. Am Ausstieg vom G'hackten kamen wir in dichten Nebel und alles war mit Eis und Raureif überzogen, das Fleischerkreuz (Bild rechts) war ein einziges Kunstwerk aus Eis und Raureif, die Markierungsstangen hatten ebenfalls kleine Eisfahnen.
Anfangs ging ja alles noch gut, man konnte noch von einer Stange zur anderen sehen. Teilweise war der Steig auch schon mit Schnee zugeweht und der Nebel wurde immer dichter, aber ich kannte den Weg schon recht gut, glaubte ich zumindest. Auf einmal war es dann auch schon geschehen, plötzlich waren da keine Stangen und auch kein Steig mehr. Wir wollten nach Westen, aber wo war Westen? Wir schauten uns an, keiner wusste es. Wir suchten und suchten, gingen links, gingen rechts und auf und ab, wir hatten uns verirrt! Das musste gerade mir passieren! Wir waren zwar gut ausgerüstet, hatten aber keinen Kompass.
Es muss in der Nähe vom Hochgang gewesen sein, wo wir am späten Nachmittag endlich einen Abstieg fanden. Es war eine steile Schotterrinne, und als wir unter der Nebelgrenze waren, glaubte ich im letzten Licht den Festelbeilstein zu erkennen. Vielleicht sind wir ja im Rauchtal, sagte ich zu meiner Frau (obwohl ich das Rauchtal damals noch gar nicht kannnte). Wir mussten noch über zwei Felsstufen absteigen und fanden dann im Dämmerlicht einen Jägersteig, dann war es finster. Mit der Taschenlampe gingen wir durch die Latschen einen sehr steilen Pfad hinab zu einem Bachbett, und ich glaubte immer noch, wir wären irgendwo in Buchberg und freuten uns schon auf ein gutes Nachtmahl und Nachtlager beim Bodenbauer.
Es war noch ein schönes Stück Weg, bis wir zu einer Straße und einer Brücke kamen, doch auf einer Tafel stand dann zu unserer Verwunderung zu lesen: „Göttenbachbrücke". Mit diesem Namen konnten wir nichts anfangen, aber eines war uns klar, beim Bodenbauer waren wir nicht. An der Straße fanden wir ein kleines Haus mit einer schönen, gelben Tafel: „Posthilfsstelle Gschöder", wir waren auf der Nordseite vom Hochschwab im Salzatal gelandet! Nach längerem Klopfen an der Haustüre wurde sie einen kleinen Spalt geöffnet und eine ältere Frau verwies uns auf das Nachbarhaus, wo wir zu unserer Freude ein sehr schönes Zimmer bekamen.
Wir hatten Glück gehabt und zufällig einen der wenigen Abstiege im Norden des Hochschwabs gefunden - das Weittal.
Eine Woche nach diesem Erlebnis wollten wir den Hochschwab vom Präbichl aus überschreiten. Bei schönem Bergwetter war es eine herrliche Wanderung bis auf die Sonnschienalm, wo wir dann auch die Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen weckte uns eine wunderschöne Morgenstimmung, aber das schöne Rot ging gleich in eintöniges Grau über und es begann auch bald zu nieseln, und so stiegen wir durch die Tragößklamm ins Lamingtal ab. Es war noch früh am Morgen und es fuhr auch in nächster Zeit kein Autobus nach Bruck, so gingen wir kurz entschlossen übers Riegnereck nach Etmißl. Der Nieselregen ging allmählich in einen Landregen über und unser Weg wurde einige Male von einer neu angelegten Forststraße unterbrochen. Nach einiger Zeit mussten wir dann auch noch feststellen, dass wir schon lange keine Markierung mehr gesehen hatten. Irgendwann im Wald war dann auch noch die Forststraße zu Ende und nur ein Steig führte ins Tal hinab. Nach zweieinhalb Stunden waren wir nicht in Etmißl, sondern wieder genau am Ausgangspunkt unserer Wanderung in Tragöß angekommen!
Seit ich jetzt einen Kompass zu meiner Bergausrüstung zählen kann, haben wir uns nie wieder verlaufen, aber verwendet habe ich ihn eigentlich auch noch nie.
Es war 1946, ein Jahr nach Kriegsende, und ich war ein zartes Kind; nicht dass ich daheim zu wenig zu essen bekam, wir lebten für die damaligen Verhältnisse sogar recht gut, meine Eltern hatten ja eine Kuh, eine Ziege, zwei Schweine und eine kleine Hühnerschar. Ich war eben schmächtig, das lag in meiner Natur, und so wurde ich für drei Monate in die Schweiz zur Erholung geschickt. Es war für mich eine wunderschöne Zeit. Bei einem Ausflug fand ich auf einem abgeernteten Feld einen wasserklaren Kieselstein, es war mein erster schöner Stein. Groß war mein Kummer Gepäck nicht zu schmächtig!
Von da an sammelte ich "Mineralien". Ein Stein aus meiner ersten Sammlung befindet sich auch heute noch in meiner Sammlung, eigentlich kein Mineral, sondern ein Fossil. Ich fand dieses Korallenstück in der Nähe des Höchsteins, am Zlacken. Neugierig wie ich war wollte ich damals wissen, wie Korallen zu uns auf die Alm gekommen waren. "Jo, do woar amoal dos Meer", war die Antwort, die ich auf meine Frage bekam. Ich konnte mir so viel Wasser nur schwer vorstellen, eigentlich konnte ich mir als Kind nicht einmal das endlose Meer vorstellen, denn die Zeit "...komm ein bisschen mit nach Italien, komm ein bisschen mit ans blaue Meer.." lag für mich noch in weiter Ferne.
Heute weiß natürlich jedes Kind über "Kontinentaltrift" und "Alpenauffaltung" Bescheid, nicht das Meer war bei uns auf der Alm, sondern unsere Alm war im Meer!
Es war kurz nach dem Krieg, vielleicht im Sommer 1946, als meine ältere Schwester von der Schule nach Hause kam und mit Begeisterung verkündete, dass ihr Schulausflug sie in die Lurgrotte führe. Da solle es schöne Tropfsteine geben. Ich konnte mir zuerst kein Bild von einer Höhle machen und schon gar nicht von Steinen, die „tropften". In meiner Phantasie stellte ich mir dann als Höhle ein hufeisenförmiges Loch in einem Berg vor. Doch Tropfsteine? Ich kannte ja nur Steine aus dem Feistringbach, abgerundete, sollten solche an einer Höhlendecke hängen? Vom Schulausflug brachte mir meine Schwester eine Ansichtskarte mit, so sah ich sie, die Höhle mit ihren Tropfsteinen. Aber es sollten noch Jahre vergehen, bis ich zum ersten Mal am Eingang einer Höhle stand.
Ich wusste, es gibt im Feistringgraben eine Höhle, die im Volksmund auch „Lurloch" genannt wird - aber weder meine Eltern noch sonst jemand konnte sie mir zeigen. Alles Suchen half mir damals nichts, erst als ich mit meinen Freunden Höhlenforschern nachging, fanden wir die Höhle. Sie befindet sich ca. eine halbe Stunde Fußweg, gerechnet ab dem letzten Haus im Freistringgraben, in einem engen Seitental versteckt. Der Eingang war nicht wie in meiner Vorstellung hufeisenförmig, er glich eher einem gekrümmten Hörn und er flößte uns Kindern auch einigen Schrecken ein. Wir mussten über eine Felsstufe hinaufklettern und befanden uns dann in einer für unsere Begriffe großen Halle. Mit unserem Licht, es waren ja nur Kerzenreste (meine Taschenlampe, die ich mir von meinen kargen Ersparnissen gekauft hatte, ging schon bei der Höhlensuche verloren), konnten wir den Raum kaum ausleuchten. Nach einigen Metern war es mit unseren Forschungen an diesem Tag ohnehin vorbei, denn als wir auf ein gähnendes schwarzes Loch trafen, jagte es uns einen solchen riesigen Schrecken ein, dass wir fluchtartig die Höhle verließen. Der Forscherdrang war dann aber doch größer als unsere Angst. Ausgerüstet mit einer Säge, einer Hacke und mit Nägeln besuchten wir am nächsten Tag die Höhle wieder. Aus zwei kleinen Fichtenstämmen bauten wir eine Leiter, mit der wir den Abstieg in einen weiteren Höhlenraum schafften. Eine ganze Woche lang gingen wir jeden Tag in „unsere" Höhle und jeden Tag kamen wir ein kleines Stück weiter - bis zum Kamin, einer engen „Schlucht". Da war dann für längere Zeit Schluss. Wir warfen noch brennende Zeitungen hinab, versuchten so die Tiefe auszuloten, doch wieder verließ uns der Mut.
Es dauerte dann ein volles Jahr, bis ich als Erster die Angst überwand und mit dem Zimmermannsseil meines Vaters diese enge Schlucht bezwang. Unten angekommen hörte ich Wasser rauschen und ich bildete mir ein, es müsse das Wasser vom See sein, den es in der Höhle gibt. Der Gang, aus dem das Rauschen kam, wurde immer enger, bis ich nicht mehr hindurchkam.
Heute weiß ich, dass man gleich nach der Schlucht links abzweigen muss, um zum See zu gelangen. Obwohl die Feistringgrabenhöhle im hinteren Teil eine aktive Wasserhöhle ist, kann man sie mit etwas Vorsicht und Übung gefahrlos befahren.
Dass Höhlenforschen auch gefährlich sein kann, konnte ich Jahre später am eigenen Leib erfahren. Mein Freund Sepp und ich machten eine Hochschwabüberquerung und wir kamen an der Frauenmauer vorbei, wo es ja die bekannte Frauenmauerhöhle gibt. Nach kurzer Überlegung, eine Taschenlampe hatten wir dabei, entschlossen wir uns zum „Durchgang".
Am Eingang begrüßte uns ein Höhlenführer, doch wozu brauchten wir diesen, wir sind doch schon in so vielen „Löchern" herumgekrochen, außerdem wollten wir natürlich auch das Geld für eine Führung sparen, das uns in unserer Jugend immer zu knapp wurde. Wir entschlossen uns zum Alleingang. Kaum waren wir in die „ewige Nacht" eingetaucht, mussten wir erkennen, dass sich unsere Taschenlampe in der Höhle als „Lichtfunzerl" entpuppte, deren Strahl gerade bis zum Boden reichte. Ich ging mit einem Stock voran, den ich in die Höhe hielt, um mir nicht den Kopf an einem Felszacken zu verletzen, und Sepp folgte mir wie ein „treuer Dackel". So kamen wir einige Zeit so recht und schlecht weiter, bis wir hocherfreut einen Lichtschimmer erblickten - ja, es war Tageslicht. Sepp meinte, dass es eigentlich ja gar nicht so schlimm und so lang war, wie wir es uns vorgestellt hatten. Wir hatten den Ausgang noch nicht erreicht, als plötzlich aus einem Seitenteil der Höhle dunkle Gestalten mit Fackeln auftauchten. Ich nahm an, dass es eine Gruppe sei, die die Höhle von der Westseite durchwandern wollte, aber eine dieser Gestalten, ein Mann mit einer Grubenlampe, kam auf uns zu und fragte: "Finds leicht nid durch?" Ich war noch immer davon überzeugt, dass wir uns auf der Westseite befanden, und erwiderte: "Wir san jo schon durch!" Als der Mann mit seiner Lampe näher kam, sah ich mit Erschrecken, es war der Höhlenführer, der uns am Eingang ansprach! Also waren wir nicht an der Westseite am Ausgang, sondern wieder an der Ortseite, am Eingang angekommen. Was war geschehen? Das Rätsel löste sich, als wir uns kleinlaut der Gruppe anschlossen, um die Höhle zu durchwandern. Wir hatten bei unserem Alleingang nicht bemerkt, dass wir in der Höhle wahrscheinlich um den so genannten "Kreuzgang" herumgegangen waren und wieder an der Ortseite, die unser Eingang war, das Tageslicht erblickten, mit der Annahme, es sei die Westseite, die unser Ausgang sein sollte. Was hatten wir falsch gemacht? So ziemlich alles! Mache nie einen Abstecher in eine Höhle, ohne jemanden darüber zu informieren! Gehe niemals mit nur einer Lichtquelle in eine Höhle! Es kann tödlich enden, der traurige Beweis sind die Menschen, die in der Frauenmauerhöhle ihr Leben ließen.
Oberhalb der Voisthalerhütte entspringt eine kleine Karstquelle, die das „Goldbründl" genannt wird. Dort soll ein Venedigermandl früher Gold gewaschen haben, das es aus einer Höhle gegenüber der Voisthalerhütte schürfte. Der Eingang sei mit Baumstämmen gestützt gewesen, erzählte mir ein Bekannter. Das klingt wie eine schöne Sage -Gold im Hochschwab? Nein, das gibt es nicht, oder doch? Mein damals sechsjähriger Sohn und ich machten uns auf, um dieses Goldloch zu suchen. Der Eingang war schnell gefunden, die angeblichen Baumstämme waren nur starke Latschenäste und der Gang in die Tiefe extrem eng. Eigentlich wollte ich die Höhle nur finden und erst später mit Forscherkollegen befahren, aber ein kleines Stück könnte ich ja hinunterkriechen, ich hatte ja eine Taschenlampe mit. Wenigstens so weit, solange ich noch Rufverbindung mit meinem Sohn hatte. Das klappte auch gut, bis der horizontale Schluff in einen Schacht mündete. Ich wollte schon zurückkriechen, da sah ich einen kleinen Stoff oder Lederfetzen auf einer Felsstufe liegen. Was sollte schon passieren? - Ich kletterte einige Meter in den Schacht hinab, sprang noch ca. zwei Meter tiefer auf den Vorsprung und dann war es finster um mich - stockfinster! Also, ich hier unten, mein Sohn alleine oben am Eingang, vielleicht hat meine Lampe nur einen Wackelkontakt? So sehr ich mich auch bemühte, sie gab kein Licht mehr von sich, und so laut ich schrie, mein Sohn hörte mich nicht mehr. Was nun? Wie lange würde das Kind am Eingang ausharren, bevor es versucht Hilfe zu holen? Hinaufklettern und ohne Licht ein winziges Loch oben in einer zerklüfteten Felswand finden? Ich versuchte es immer und immer wieder, aber ich kam nur bis zu einer Nische. Noch höher, mehr links - oder rechts? Ich wusste es nicht mehr. Nach mehreren Versuchen konnte ich mich noch einige Meter hocharbeiten und meine Hand ertastete ein Loch, in das ich mich mit aller Kraft hineinzwängte. Wieder rief ich nach meinem Sohn und es kam eine weinerliche Antwort zurück. Gott sei Dank!
Der Schacht ist über vierzig Meter tief und wurde angeblich vom ehemaligen Hüttenwirt, Ferdinand Fleischer, freigelegt. Gold fanden wir im Schacht nicht, aber um eine Erfahrung war ich reicher - nie mit nur einer Lampe in eine Höhle einsteigen. Aber wenn sich Leichtsinn und Unvorsichtigkeit einschleichen, ist oft schnell etwas passiert und meistens sind es die leichteren Kletterstellen, die einem zum Verhängnis werden.
Heute besitze ich eine moderne Schachtausrüstung, das Können und eine jahrzehntelange Erfahrung in Höhlen- und Schachtbefahrungen.
Da aller guten Dinge drei sind, müssen es auch bei den schlechten Dingen drei sein...
Es war Pfingsten und das richtige Wetter zum Höhlenforschen, (3 Nebel, Regen und außerdem noch sehr kalt. Wir saßen in der Voisthalerhütte und unser Ziel war ein Schacht südlich der Edelspitzen in der Bärenmauer mit über achtzig Metern Tiefe. Im dichten Nebel und Regen war es nicht leicht, den Schacht zu finden, und so waren wir schon unter Zeitdruck, als wir am Eingang ankamen. Ich war der Einzige, der den Schacht schon befahren hatte, und so stieg ich auch als Erster ein. Der Weg führt anfangs schräg in den Berg hinein und geht dann in eine ca. sieben bis acht Meter tiefe und enge Schachtstufe über. Aus Zeitmangel verzichtete ich auf eine Sicherung, denn man konnte sich ganz gut hinabstemmen. Nach einigen Metern wird der Schacht etwas weiter und ich stemmte mich hinein, um meinen Schleifsack nachzuziehen, und schon war es geschehen. Ich rutschte am nassen Felsen ab und stürzte rücklings in die Tiefe, polterte von Felswand zu Felswand und prallte am Schachtboden mit dem Rücken auf. Andreas, der zweite Höhlenforscherkollege, hatte von meinem Sturz nichts mitbekommen, er rief einige Male: „Kann ich nachkommen?" Ich hatte aber immer noch keine Luft, um ihm zu antworten, krabbelte mühsam hoch, setzte mich auf einen Stein und wollte so richtig durchatmen, aber es schmerzte höllisch. Als ich meine Stimme wiederfand, schockte ich die Kollegen mit den Worten: „l bin obgstürzt!" Willi, der dritte Höhlenforscherkollege, baute schnell ein Seil ein und kam zu mir herunter. Neben dem Stein, auf dem ich saß, lagen einige alte Knochen von einer Gämse, die ebenso unvorsichtig wie ich gewesen war. Willi ist ein Mensch, den nicht so schnell etwas aus der Ruhe bringen kann. Seine ersten Worte, als er mich sah, waren: „San deis deine Boana?" Da musste ich, oder besser gesagt, wollte ich lachen, wenn nur nicht diese großen Schmerzen gewesen wären.
Später im Spital wollte ich mich wegen der Schmerzen nicht auf den Röntgentisch legen. Ob man die Aufnahmen nicht im Stehen machen könnte, fragte ich die Krankenschwester. Sie meinte, ich solle nicht so zimperlich sein. Als sie aber mit den Röntgenbildern aus ihrem Kammerl herauskam, hatte sie Verständnis für mein Verlangen, es war nicht eine Rippe gebrochen, sondern gleich drei und das Schulterblatt dazu. Nun musste ich mir Zeit nehmen - und das wochenlang......
© Bild und Text Fritz Bayerl