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Der Grüne See#

Smaragd des Hochschwabs

Blick von der Pribitz
Blick von der Pribitz

Ein besonderes Juwel, auf das Tragöß, ja die ganze Region stolz sein darf, ist der Grüne See, zu Füßen der Pribitz gelegen. Seine unverkennbare "leucht-grünblaue" Färbung verdankt er seinem glasklaren Wasser, seiner geringen Wassertiefe und den Reflexionseigenschaften des Untergrundes, bedingt durch spezielle Algenkolonien.

Er weist keinen uns sichtbaren Abfluss auf und sein Wasserspiegel ist innerhalb eines Jahres extremen Schwankungen unterworfen.
Im Winter trocknet er beinahe aus, aber bereits im Spätfrühling im Zuge der Schnee-schmelze füllen die am Fuße des Trenchtlings und der Pribitz heraustretenden Quellen den See bis zu einer Wassertiefe von elf Metern auf. Besonders Sporttaucher aus fern und nah schät-zen den Reiz dieser Naturschönheit und genießen Sichtweiten unter Wasser bis zu 40 Meter, wenn sie über blühende Blumenwiesen im See schweben. Ein einzigartiges Erlebnis und das Gefühl, der Natur "beim Erholen" ganz nahe zusein!

Das Regenmoor#

Regenmoor
Regenmoor
Eingebettet in einer flachen Mulde östlich des Grünen Sees erstreckt sich auf annähernd 1,4 ha ein Latschenhochmoor, das als "Regenmoor" bekannt ist. Dieses Moor ist aus einem kleinen See hervorgegangen und weist heute noch offene Wasserflächen von einigen Quadratmetern auf. Sehr seltene Pflanzen bereichern dieses Moor.

Vor allem Willi Kandlbauer machte sich schon vor vielen Jahren um das Moor verdient, als er auf den Artenreichtum hinwies und ihn dokumentierte. Zu den seltenen Pflanzenarten zählen vor allem das Sumpfblutauge (Potentilla palustris), der Rundblättrige Sonnentau (Drosera rotundifo-lia) und die Drachen- oder Schlangenwurz (Calla palustris). Verschiedene Seggen-Arten wie die Rispen-Segge (Carex paniculata), die Braun-Segge (Carex nigra), die Steif-Segge (Carex elata), die Stern-Segge (Carex echinata), die Behaarte Segge (Carex hirta) und die Schnabel-Segge als auch Torfmoosarten wie Sphagnum angustiffolium, S. magel-lanicum und S. papillosum tragen zum Artenreichtum bei.

Die Marienklamm#

In der Marienklamm
In der Marienklamm

Die Marienklamm nur einmal besucht zu haben, ist zu wenig. Man muss sie zu jeder Jahreszeit gesehen haben! Von Tragöß spaziert man ca. 1,5 km in den Haringgraben hinein, beim Hinweisschild "Marienklamm" folgt man dann einem kleinen Steg über den Bach, an den sich ein schmaler Wanderweg zum Eingang in die Klamm anschließt. Hier ändert sich die Landschaft und nimmt einen durch seine Schönheit gefangen. Circa zwanzig Meter hohe, senkrechte und überhängende mit Moosen und Farnen überzogene Konglomerate verzaubern den Haringgraben auf einer Länge von etwa 150 Metern. Im Winter verwandelt sich die Marienklamm in eine wunderbare Eiswelt. Meterlange Eiszapfen glitzern und strahlen dann im Licht.

Frauenmauerhöhle, Osteingang - In der Frauenmauerhöhle
Frauenmauerhöhle, Osteingang - In der Frauenmauerhöhle

Mit Peter Rosegger hat unsere Reise begonnen, lassen wir ihn am Ende des Tales wieder zu Wort kommen. Er war anscheinend sehr vom Tragössertal angetan. In seinem Steiermarkbuch schreibt er wörtlich: 

"Das Tragössertal, eines der schönsten in den Alpen, ist von drei mächtigen Bergriesen umschlossen. Der mit Legföhren reich bewachsene Felskegel des Hochturm; die wüste, in senkrechter Wand abstürzende Pribitz, die ihre Schuttfelder weit ins Tal hinabgießt; die gewaltige Kuppe der Meßnerin. Zwischen diesen drei Bergen gähnen zwei wilde Schluchten nieder ins idyllische Hirtental. In einer derselben, aus welcher die Laming kommt, liegt in einem verkümmerten Fichtenwäldchen der Grüne See. Das Wasser ist kristallklar, der Grund des Sees besteht aus weißen Steinen - aber das Ganze spielt seltsamerweise ins tiefe Grün. An beiden Seiten des Sees sind mächtige Schutthalden von den Felsspalten niedergegangen und im Engtale liegen ungeheure Wuchten von Stein- und Erdlawinen. Im Hintergrund ragt die Heuwieswand und die Griesmauer auf, zwei trotzige Felsblöcke, die an den Wänden keine rötlichen Bruchflächen haben wie etwa die ewig abrutschende, niederbrechende Pribitzwand, die grau und ehern den Jahrhunderten zu spotten scheinen. Noch weiter hinten ragt der Hochturm und die kronenzackige Frauenmauer. Hoch oben durch die Frauenmauer öffnet sich die merkwürdigste Höhle Steiermarks, die Frauenmauergrotte. Sie führt von Osten nach Westen durch den Berg hindurch, ein großartiger Naturtunnel von 430 Klaftern Länge.  
Das Meßnerin-Loch
Das Meßnerin-Loch

Von Tragöß ragt rechts eine Felsschlucht hinein in die Klause. In welchem Bergwinkel hätte seiner Tage nicht ein Klausner gehaust? Ich sehe sie noch knien in der Höhle vor dem bemoosten Kreuz und zur unbe-lauschten Stunde wildern im Wald und auf der Felswand. Manch ein frommer Einsiedler mochte ein Wehrpflichtiger, Faulenzer oder genau besehen gar ein Wegelagerer gewesen sein; oft auch ein Grübler und Fanatiker oder ein ehrlicher Wurzelgräber. Indes lasse ich gerne gelten, dass es wirklich Menschen gibt, die in der großartigen Wald- und Felseinsamkeit ihre Seele weiten, ihr Herz für die Menschheit bewahren und größer, vergeistigter und prophetischer werden als andere Kinder der Erde.

Von der Klause aus geht ein dürftiger Fußsteig die schrundigen Hänge des Schwaben hinan. Besser besteigt man in mehr als siebzig Schlangenwindungen die vom Tale aus uneinnehmbar scheinende Pribitz mit ihren weiten Almfluren. Möge der Tourist aber nicht zu übermütig vorwärts hüpfen, plötzlich bricht sich das Plateau in einen mehrere tausend Fuß tiefen Abgrund. An der gegenüber aufragenden Meßnerin bleibt unser Auge hängen. Dieser Berg hat hoch oben gegen die Kante der Wand hin ein viereckiges Loch, durch welches man das Firmament schimmern sieht. - "Ja", sagte mir einmal ein Halter, "es ist kein Spaß, dieses Loch hat der Teufel mit seinen Hörnern gestoßen, wie er mit der Schwaigerin abgefahren ist."

"Ei, was ihr sagt! So hat er doch einmal eine geholt?"

"Und ob er eine geholt hat! - Weil sie sich ihm verschrieben hat, da oben auf dem Pribitzboden. Warum? Weil ihr der Böse beim Käsen und Buttern hat helfen müssen und sie es den Schwaigerinnen auf der Sonnschienalm hat antun mögen, dass deren Kühe lauter Blut und Wasser haben gemolken."
"Und hat sie das zuwege gebracht?"
"Wird sie doch leicht zuwege gebracht haben, wenn sie eine Hexe ist gewesen! Deswegen hat sie sich ja dem Teufel verschrieben, dass sie eine Hexe hat sein können. Nu, wie die Zeit aus ist und sie der Schwarze darauf hätte holen sollen, hat sich die Schwaigerin, dass er sie nicht finden und erkennen möchte, in eine Schnecke verzaubert und ist oben in der hohen Pribitzwand herumgekrochen. Aber dem Teufel wird eins nicht zu gescheit; wie sie eine Schnecke ist, wird er ein Geier und fliegt an die Felswand. Just will er seinen langen Schnabel aushacken nach der Schnecke, da kollert diese schnurstracks hinab in den See und verzaubert sich in eine Forelle. Der Teufel, nicht faul, wird eine Seeschlange, jagt die Forelle ans Ufer. Auf grünem Gras hat sie wieder müssen die Schwaigerin sein. Da hat er sie gepackt um die Mitten, ist mit ihr durch die Lüfte gefahren und gerade der Meßnerinwand zu und mit einem Sauser durch den Berg. So ist das Loch heutigentags noch zu sehen."
Saatkartoffelausgabe
Saatkartoffelausgabe

Was der Teufel konnte, können heute viele Extremsportler mit genauerer Präzision. Gemeint sind die Paragleiter, die sich die Meßnerin als Abflugrampe ausgesucht haben und ohne Felsberührung bis ins Tal gleiten können.

Peter Rosegger bestieg den Hochschwabgipfel im Juli 1874 von der östlichen Seite, von Aflenz aus. Dieses Erlebnis muss ihn außerordentlich beeindruckt haben und so schreibt er über das Gefühl, dass er am Gipfel empfunden hat:

"Im Anblicke solcher Größe ist man still wie die Steine ringsum und das unvergleichliche Bild zieht ein in das Allerheiligste der Seele. Wir sehen das Leuchten der Karawanken, das Glitzern der Donau und das Morgenglühen des Großglockner. Die Schilder des dreizackigen Dachstein blinken uns zu; das wilde Heer der Ennstaler Alpen reckt seine unzähligen Riesen- und Greisenhäupter, mit Kronen und Diademen geschmückt, heran gegen den Hochschwab, wie Patriarchen der Vorhölle zum Allvater schauen.

Wer wollte all' die Berge und Täler mit Namen nennen? Der Pedant. Nicht wie sie heißen, sondern wie sie sind, das ist auch bei den Bergen die Hauptsache. Vom Schwab aus ist die Plastikkarte der Steiermark offen. Ein Meer von unzähligen Bergkämmen und Spitzen, aber wegen der breiten Vorberge des Hochschwab sieht man kein Tal, keine menschliche Ansiedlung."

Die Liebe zu dieser Region und Bergwelt, die Peter Rosegger in seinen Schriften ausgedrückt hat, ist auch in gleichem Maße Erzherzog Johann zuzuschreiben. Er war sehr oft hier in diesem Gebiet, um zu jagen und naturwissenschaftlich zu forschen. Vor allem aber lag ihm das Wohlergehen der Bevölkerung am Herzen. Dies kommt auch sehr gut bei dem Bild zum Ausdruck, das den Erzherzog bei der Ausgabe von Saatkartoffeln zeigt.

Nach Missernten rief Johann 1818 die Kartoffelunterstützungsanstalt ins Leben. Vor allem der Not leidenden obersteirischen Bevölkerung sollte durch Verbreitung des Kartoffelanbaues rasch geholfen werden. Anbauflächen wurden gepachtet, das Saatgut kostenlos beigestellt und, wie das Bild zeigt, an alle Interessierten abgegeben. Der Ertrag in Tragöß war besonders hoch, und zwar von 28 Metzen Samenkartoffeln - 522 Metzen Ertrag. Also beinahe das 19fache (l Metzen ist ein Getreidemaß, Höhe 31,5 cm, Durchmesser 59 cm).

Der Erzherzog war aber vor allem in "seinen Hochschwab" verliebt, und um diese Liebe zu dokumentieren, hatte er bei seinen Wanderungen im Hochschwabgebiet des Öfteren seine Kammermaler dabei, die die Schönheiten der Natur auf Leinwand festhalten mussten.

Kammermaler Karl Ruß#

Karl Ruß - der Fischer von Tragöß
Karl Ruß - der Fischer von Tragöß
Der Wiener Maler Karl Ruß (1779 -1843) wurde 1810 von Erzherzog Johann beauftragt, in die Steiermark zu reisen, um dort die Kleidung der bäuerlichen Bevölkerung malerisch festzuhalten. Die "Marschroute" des Kammermalers war - Mürztal: Trachten des Mürztales, Bürger in Kindberg, Hammerleute in Kapfenberg - Aflenz: Trachten in Seewiesen -Mariazell: Kirche und Trachten - Weichselboden: Holzknechte - Hieflau: Rechenarbeiter - Eisenerz: Bergleute - Radmer, Johnsbach: Trachten usw. Ruß gab sich dieser Aufgabe von 1810 bis 1818 mit Eifer hin. Diesem Eifer verdanken wir auch ein Aquarell, das einen Tragösser Fischer zeigt, und eines, das die Sackwiesenalm darstellt.

Wie sehr sich Erzherzog Johann der Tracht annahm, wird aus einem Brief an Anna Plochl erkenntlich, wo er ihr am 23. November 1824 scharfe Vorwürfe machte, da sie eines Tages städtische Kleidung bevorzugt hatte. Es heißt hier: 

"Als ich den grauen Rock in der Steiermark einführte, geschah es, um ein Beispiel der Einfachheit in Sitte zu geben - das Beispiel wirkte, der graue Rock, von manchem verkannt, von den Besseren erkannt, wurde ein Ehrenrock."

Er liebte unsere Gegend und er liebte die Berge. Er erkannte hier eine Bevölkerung, deren Qualität er suchte: 

Matthäus Loder - Sonnschienalm
Matthäus Loder - Sonnschienalm

"Unsere Alpen haben das, was ich bedarf, sie haben ein unverdorbenes Volk, welches Gott so erhalten möge; vom Jura bis an den Neusiedler See zieht sich der Gürtel, welcher diese Völker enthält - es ist meines Erachtens das beste in unserem erschöpften, veralteten, verdorbenen Weltteile"
und so fragte er, warum solle nicht von hier aus jene im Geiste fortschrittliche und das Wertvolle dennoch bewahrende Erneuerung, deren die Zukunft bedarf, ausgehen: So wie die Gewässer aus den Bergen in die Ebenen fließen, diese befruchten und beherrschen, so könnte es auch im Geistigen sein.

Vor allem die Sonnschien hatte es Erzherzog Johann besonders angetan, wie er nachfolgend in seinen Wanderaufzeichnungen ausführlich schildert. Er beschreibt sehr genau das alte steirische Almleben. Seine Beobachtungen sind heute von unschätzbarem Wert. Wie sonst wüssten wir, wie diese Hütten, von denen heute oft nicht einmal mehr die Grundfesten vorhanden sind, früher ausgesehen haben, wenn nicht seine Kammermaler sie für uns festgehalten hätten. Nachdem der Erzherzog am 13. Juli 1803 den Hochschwabgipfel touristisch erstbestiegen hatte, nächtigte er am selben Tag auf der Hochalm und von dort wanderte er am nächsten Tag weiter zur Sonnschienalm, über die er Folgendes schrieb:

"Am 14ten ging es über eine starke Höhe hinauf und dann durch ein Tal zu der Alpe Sonnschien, die nach Tragöß gehört. Sie liegt schon viel tiefer am Fuße des steilen und kahlen Ebensteins; niedere krüppelige Tannen wachsen nächst derselben mit Krummholz gemischt; auch fanden wir Juniperus nana, die ich auf dieser ganzen Gebirgskette an keinem anderen Orte sah. Die Sonnschien ist nach der Schneealpe die schönste Alpe; sie enthält 22 Schwaighütten, die auf einem fruchtbaren ebenen Boden zerstreut liegen. In Ansehung der Hütten verdient sie den Vorzug vor allen dieser Gegend. Sie sind groß, geräumig, zwar in Ansehung der inneren Einrichtung den übrigen gleich, aber alles von besserer Beschaffenheit. Die Türen sind hoch, sodass man aufrecht hineingehen kann; in manchen können 12 -13 Personen an einem Tisch sitzen. Einige traf ich von Stein gemauert mit drei Stuben an, wovon die mittlere die Küche, die eine die Milchkammer und die andere das Wohnzimmer ist. Hier blieben wir über Mittag und mussten neuerdings ein starkes Gewitter aushalten."

Von der Sonnschienalm setzen Johann und seine Begleiter die Wanderung dann in Richtung Androthalm fort.

"Wir gingen dann über die Stiege, einen elenden Felssteig, der wirklich diesen Namen verdient, dem Ebenstein zu und bei diesem vorüber bis an den Fuß des Brandsteins; da es schon anfing dunkel zu werden, suchten wir die nächste Alpe auf dem Androth zu erreichen. Sie liegt drei Stunden von der Sonnschien und besteht aus 16 Schwaighütten. Hier wurde übernachtet. Den 15ten setzten wir unseren Weg bei dem Brand und den Kolmerstöcken vorüber durch die Fobis hinunter bis in das waldige Seetal fort, wo wir nach fünf Stunden an dem Leopoldsteiner See ankamen."
Alte Wegmarkierung
Alte Wegmarkierung

Was würde man dafür geben, bei so einer Wanderung damals mit Erzherzog Johann dabei gewesen zu sein. Welche Gespräche hätte man mit dem Erzherzog wohl führen können? Einen Eindruck von Johanns Persönlichkeit gibt uns Karl Ruß, sein Kammermaler: "Welch ein Leben an des Erzherzogs Seite; seine vielseitige Bildung und seine erstaunliche Kenntnis der Geschichte, Geografie, Mineralogie, Chemie, Botanik, Montanistik versetzen mich in begeistertes Erstaunen. Was Erzherzog Johann uns damit bewahrte, war vor allem die tiefe Neigung zur Natur und Natürlichkeit."

Zurück zur Sonnschien, wie ist dieser Name zu interpretieren? Dr. Webinger ging in seiner Arbeit zur Ortsnamenkunde von folgender Überlegung aus: Weidevieh sucht unter natürlichem Bewuchs Deckung gegen Sonne und Fliegen. Die Sonnschienalm wurde früher als "Sonnschürm" bezeichnet. Ist von vornherein klar, dass z.B. auch die mit der Alm gleich benannten "Sunenschiengräben" des 17. Jh.s sachlich und sprachlich mit Sonnenschein kaum zusammenhängen dürften, so löst die Schreibung "schürm" das Rätsel: es liegt hier der Schirm=Scherm vor, also der Unterstand für das Almvieh; denn im "Sunnschirm" findet es Schutz wie im "Baumstall" oder "Premstall".


© Bild und Text Fritz Bayerl, Karl und Inge Friedl

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