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Havel, Václav#

* 5. 10. 1936, Prag (Tschechische Republik)

† 18. 12. 2011, Hrádeček (Tschechische Republik)


Schriftsteller, Politiker


Václav Havel
Václav Havel, 2009
Foto: Ondřej Sláma. Aus: Wikicommons, unter CC BY-SA 3.0

Václav Havel wurde am 5. Oktober 1936 in Prag als ältester Sohn einer bekannten intellektuellen Prager Unternehmerfamilie geboren.

Wegen seiner Herkunft aus einer "bourgeoisen", nach dem kommunistischen Umsturz 1948 enteigneten Familie, konnte Havel nur auf Umwegen höhere Schulbildung und Hochschulbildung erreichen. So absolvierte er ab 1951 eine Lehre als Chemielaborant und legte 1954 das Abitur an einer Abendschule ab.

Anschließend studierte er Wirtschaft an der Technischen Hochschule in Prag, die er jedoch nach zwei Jahren verließ. Havels Interesse konzentrierte sich schon in den 1950er Jahren auf Theater und Literatur; 1966 beendete er ein Fernstudium im Fach Dramaturgie an der Prager Theaterakademie.


1955 debütierte er mit Kritiken in der Zeitschrift "Kveten" (Mai), später publizierte er in allen wichtigen tschechischen Literaturzeitschriften. 1959 schrieb er sein erstes Stück, den Einakter "Rodinný vecer" (Familienabend). Von 1960 bis 1968 arbeitete er am Prager "Divadlo na zabradli" - zunächst als Bühnentechniker, später als Dramaturg und Hausautor.


Seine in der Tradition des absurden Theaters stehenden Stücke und seine Artikel prägten die Atmosphäre, die 1968 zum Prager Frühling führte, entscheidend mit.

Während des "Prager Frühlings" 1968 war er Vorsitzender des "Klubs unabhängiger Schriftsteller" und entwickelte sich zum prominenten Wortführer der nichtkommunistischen Intellektuellen, die den von Dubcek eingeleiteten Reformprozess unterstützten.


Die Gefahren totalitärer Machtansprüche für Staat und Individuum blieben das zentrale Thema seines Schaffens.
Nach der sowjetischen Okkupation bekam er Aufführungs- und Publikationsverbot (seine Werke wurden in dieser Zeit aber fast vollständig im Rowohlt-Verlag in Deutschland publiziert), wurde wegen der Beteiligung an zahlreichen Protestaktionen geheimpolizeilich observiert und schließlich 1977, als Mitbegründer und Sprecher der Charta 77, zu vierzehn Monaten Gefängnis verurteilt.

Nach Hausarrest aufgrund fortgesetzter Aktivitäten als Bürgerrechtler wurde er noch mehrmals verhaftet und verbrachte insgesamt fünf Jahre im Gefängnis.


Literarisches Zeugnis dieser Zeit sind die Briefe an Olga, also an seine Frau Olga Šplíchalová, die er 1956 kennengelernt, 1964 geheiratet hatte und die bis zu ihrem Tod 1996 seine Gefährtin war (1997 heiratete er die Schauspielerin Dagmar Veškrnová).


Havels Gefängnisstrafen wurden erst 1983 nach internationalen Protesten ausgesetzt, als Havel erkrankte und daraufhin in ein öffentliches Krankenhaus entlassen wurde.


1989 wurde Havel schließlich zu einer der zentralen Figuren in der zunächst hauptsächlich von Studenten und Künstlern getragenen Samtenen Revolution – er wurde zum Vorsitzenden des neugegründeten "Bürgerforums" gewählt und dann zum Präsidenten der Tschechoslowakei gewählt. In dieser Funktion führte er das Land im Juli 1990 zu freien Wahlen und wurde vom neuen Parlament als Präsident bestätigt.


Nach der friedlichen Trennung der Tschechischen Republik und der Slowakei 1993 wurde Havel im Jänner 1993 zum Präsidenten der Tschechischen Republik gewählt.

Václav Havel legte 2002 auch den Grundstein zur Eingliederung Tschechiens in die Europäische Union.


Nach zehn Jahren im Amt und etlichen schweren Krankheiten verabschiedete sich Havel 2003 aus der aktiven Politik und kehrte zu seinen literarischen Wurzeln zurück. 2011 erfüllt er sich einen Lebenstraum: er schriebt das Drehbuch und führte Regie bei der Verfilmung seines letzten Theaterstücks "Abgang".


Havel verstarb im Alter von 75 Jahren am 18. Dezember 2011 in seinem Haus in Hrádeček. Nach einer Trauerzeremonie im Veitsdom in Prag, an der Staatsoberhäupter und führende Politiker aus aller Welt teilnahmen, nahmen Tausende trauernde tschechische Bürger Abschied von Havel.
Die Urne mit der seiner Asche wurde im Familiengrab in Prag beigesetzt.

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • Österreichischer Staatspreis für europäische Literatur, 1969
  • Ehrenpreis der Société des Auteurs, Frankreich, 1981
  • Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, 1989
  • Simon-Bolivar-Preis, Venezuela, 1990
  • Rotary-Preis, USA, 1990
  • Olof-Palme-Preis für öffentliche Verdienste, Schweden, 1990
  • Internationaler Karlspreis der Stadt Aachen,1991
  • Ehrenmitglied im Club of Rome

Werke (Auswahl)#

  • Versuch, in der Wahrheit zu leben. (Originaltitel: Die Macht der Ohnmächtigen), 1978
  • Largo Desolato, Schauspiel in sieben Bildern, 1983
  • Die Vanek-Trilogie. Audienz, Vernissage, Protest. Versuchung. Sanierung, 1989
  • Briefe an Olga. Betrachtungen aus dem Gefängnis, 1989
  • Fernverhör, 1990
  • Die Gauneroper. Das Berghotel. Erschwerte Möglichkeit der Konzentration. Der Fehler. Theaterstücke, 1990
  • Moral in Zeiten der Globalisierung, 1998
  • Fassen Sie sich bitte kurz. Gedanken und Erinnerungen zu Fragen von Karel Hvízd'ala, 2007
  • Odcházení (= Abgang), Theaterstück, Uraufführung 2008 in Prag, deutschsprachige Uraufführung 2009 in Aachen
  • Fünfzehn Stimmungen. Briefe aus dem Gefängnis mit Photographien des Magnum Reporters Erich Lessing, 2011
  • Angst vor der Freiheit: Reden des Staatspräsidenten: Reden des Staatspräsidenten, 2012

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl