Wildgans, Anton #
* 17. 4. 1881, Wien
† 3. 5. 1932, Mödling (Niederösterreich)
Jurist, Dramatiker und Lyriker
Anton Wildgans wurde am 17. April 1881 als Sohn des Ministerialvizesekretärs im k.k. Ackerbauministerium Dr. Friedrich Wildgans und seiner Gattin Therese in Wien geboren. Seine Mutter starb bereits 1885, so heiratete der Vater ein zweites Mal.
1898 erlitt sein Vater Friedrich einen Schlaganfall, verlor seine Sprache und begann an zunehmenden Lähmungserscheinungen zu leiden.
Nach dem Besuch von Volksschule und Gymnasium in Wien, wo er 1900 maturierte, begann er - nur seinem Vater zuliebe - ein Jusstudium an der Universität Wien.
1903 ermöglichten ihm zwei Schulfreunde das Erscheinen einer ersten Gedichtsammlung ("Vom Wege"), er begleitete zwischenzeitlich seinen erkrankten Freund Arthur Trebitsch auf Weltreise, von der er erst 1905 wieder zurückkehrte.
Er versuchte, verschiedene Gedichte und die Novelle "Frühlingssonate" in der Wiener Tageszeitung "Die Zeit" zu veröffentlichen, wurde aber von Felix Salten, dem Kritiker der Zeitung, abgelehnt. Nur einige Reisefeuilletons konnte Anton Wildgans veröffentlichen, die ihm endlich etwas Geld einbrachten; kurzfristig arbeitete er auch als Hilfsredakteur bei "Die Zeit".
1908 schloss Anton Wildgans das Jusstudium mit der Promotion zum Dr. iur.ab. 1909 trat er in den Staatsdienst als Advokaturkanditat ein, gleich danach wurde er Richteramtsanwärter beim Landesgericht für Strafsachen und war dann von 1909 bis 1911 als Untersuchungsrichter tätig.
1909 heiratete er Lilly Würzl, die er 2 Jahre zuvor bei seinem Freund Arthur Trebitsch kennengelernt hatte.
1911 entschied er sich auf Drängen seiner Gattin und von Freunden, einen einjährigen Urlaub vom Gerichtsdienst zu nehmen und als freier Schriftsteller zu leben. In diese Zeit fiel ein richtiger Schaffensrausch: er schrieb viele Gedichte, die Einakter "Freunde", "Der Löwe", "Vor dem Duell", "Ein Inserat", "Wechselfieber", einen Entwurf zu "In Ewigkeit Amen" und stellte den Gedichtband "Und hättet der Liebe nicht" fertig.
1912 beschloss er, den Gerichtsdienst endgültig zu quittieren und sich ganz seiner Kunst zu widmen.
Er schrieb u.a für die Grazer Zeitung "Herold", und überlegte auch, gemeinsam mit Arthur Trebitsch eine eigene Zeitung zu gründen oder den Grazer "Herold" zu übernehmen.
Am 16. Jänner 1915 wurde sein Stück "Armut" im Wiener "Deutschen Volkstheater" uraufgeführt und hatte beim Publikum enormen Erfolg, die Pressestimmen waren jedoch sehr kritisch. Etliche deutsche Theater nahmen "Armut" sofort an, darunter auch Max Reinhardt. In der Folge ging das Stück fast über alle deutschen Bühnen und erzielte zum großen Teil Serien bis zu 100 Aufführungen.
1921 erhielt er das Angebot für die Direktion des Wiener Burgtheaters und nahm dieses Amt auch schweren Herzens an, obwohl er damit sein geplantes Lebenshauptwerk "Moses" unterbrechen musste (blieb auch nur ein Fragment). Schon ein halbes Jahr später musste er unfreiwilligerweise zurücktreten.
1922 vertrat Wildgans Österreich in Paris bei der großen Feier zum 300. Geburtstag von Moliere und hielt dort seine Rede spontan in Französisch.
Am 21. Oktober 1929 reiste Anton Wildgans als Abgesandter und geistiger Vertreter Österreichs nach Stockholm, um am 12. November, dem Geburtstag der österreichischen Republik, gemeinsam mit Paula Grogger einen Vortrag zu halten. Dafür schrieb er die "Rede über Österreich"; er musste jedoch noch vor seiner Rede wegen seines schlechten Gesundheitszustands wieder abreisen.
Er verlas seine "Rede über Österreich" am Neujahrstag 1930 im Österreichischen Rundfunk (RAVAG) und löste damit einen unglaublichen Erfolgssturm aus.
Die bedrängte wirtschaftliche Lage war schließlich auch maßgebend, dass er sich trotz Abratens vieler Freunde entschloss, 1930 nochmals die Direktion des Burgtheaters zu übernehmen.
Anton Wildgans, der ein entschiedener Verfechter der Eigenständigkeit Österreichs in der 1. Republik war, wurde im Jänner 1930, 1931 und 1932 für den Nobelpreis vorgeschlagen. 1932 war Anton Wildgans aussichtsreichster Kandidat für Nobelpreis; er verstarb allerdings am 3. Mai 1932 an einer Herzattacke in seinem Arbeits- und Schlafzimmer in Mödling. Er ist in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof bestattet.
Der Anton-Wildgans-Preis der österreichischen Industrie wurde 1960 gestiftet und kommt jüngeren österreichischen Autoren zugute.
Anton Wildgans strebte in seinem dramatischen Schaffen, alle Tendenzen des Dramas seiner Zeit zu vereinen. Sowohl realistisch-naturalistische als auch symbolistisch-expressionistische Züge kennzeichnen seine Stücke, nüchterne Alltagssprache wird mit pathetisch-übersteigerter Sprache verschmolzen, um das Alltäglich-Reale zu einem Allgemeingültigen zu überhöhen.
Nach einigen Jugendversuchen waren es vor allem die "Bürgerlichen Dramen": In Ewigkeit Amen, Armut, Liebe und Dies irae, welche Wildgans im ganzen deutschen Sprachraum bekannt machten und ihm vor allem vor allem beim Wiener Publikum großen Erfolg bescherten.
Die projektierte "Menschheits-Trilogie"(Kain, Moses, Christus), kam nicht zustande - lediglich Kain wurde vollendet, von Moses existiert ein Fragment.
Sonderpostmarke 1957, 25. Todestag
Historische Bilder zu Anton Wildgans (IMAGNO)
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- Volkstheater-Preis für "Armut", 1916:
- Kaiser-Franz-Joseph-Orden, 1918
- Ferdinand-Raimund-Preis, Wien, 1919
- Ehrenmitglied des Beirats für Musik, Literatur und dramatische Kunst, Wien, 1920
- Ernennung zum "Officier d l'Instruction Publique", Frankreich, 1922
- Ernennung zum Hofrat, 1923
- Mitglied der Akademie für Kunst und Wissenschaft in Göteborg, 1931
- in seiner Heimatgemeinde Mödling wird eine Gasse in "Anton-Wildgans-Weg" umbenannt
- Johann-Wolfgang-Goethe-Medaille, 1932
Werke (Auswahl)#
Dramen- In Ewigkeit Amen, 1913
- Armut, 1914
- Dies Irae, 1918
- Liebe, 1916
- Kain, 1920
Prosa
- Ave Maria
- Beichte eines Mitleidigen
- Der Fall Zeidler
- Der letzte Besuch
- Save our Souls
- Schwestern
- Vom dunklne Heraklith
- Vom Tode
- Frühlingssonate - Beethove Op. 24
- Folgerungen aus Weimar
- Erlebnis in Australien
- Erste Autofahrt
Gedichte
- Akkord
- Aufblick
- Blick von oben
- Das Lächeln
- Dienstboten
- Dieses Haus wird demoliert
- Einem jungen Richter zur Beeidigung
- Freunde
- Glück des Alleinseins
- Ich bin ein Kind der Stadt
- Im Anschaun meines Kindes
- Kammermusik
- Letzte Erkenntnis
- Lied des Schmarotzers
- Sankt Othmar
- Sonette an Ead, 1913
- Stimme im Traume des Künstlers
- Tiefer Blick
- Triptychon der Liebe
- Vom kleinen Alltag
- Wiedersehen mit Gott
- Zueignung an die geliebte Landschaft
- Kirbisch oder der Gendarm, die Schande und das Glück (Hexameter-Epos), 1931
- Musik der Kindheit.Ein Heimatbuch aus Wien, 1928
Ausgabe: Sämtliche Werke. Historisch-kritische Ausgabe in 8 Bänden unter Mitwirkung von Otto Rommel, hrsg. v. Lilly Wildgans. Wien/Salzburg: Gemeinschaftsverlag Bellaria/Pustet, 1948-1958
Literatur#
- H. Gerstinger, Der Dramatiker A. Wildgans, 1981
- F. Hadriga, Der Mensch und Dichter Anton Wildgans
- C. Friedel, Der junge A. Wildgans, 1999
Quellen#
Redaktion: I. Schinnerl