Schlegel, Josef#
* 29. 12. 1869, Krásná Lípa/Schönlinde (Böhmen)
† 27. 4. 1955, Linz
Politiker
Der Sohn eines Lehrers und Bürgerschuldirektors besuchte das Gymnasium
in Leitmeritz und studierte in Wien Jus (Promotion: 1893). Während des
Studiums trat er der CV-Verbindung "Norica" bei. Nach Absolvierung des
Einjährig-Freiwilligen-Jahres schlug er die Richterlaufbahn ein und
bekleidete verschiedene Posten bei Bezirks- und Landesgerichten. Aus dem
1. Weltkrieg kehrte er als Hauptmann-Auditor zurück. Um 1900 war er auch
politisch aktiv geworden, gefördert von Landeshauptmann Ebenhoch.
1901-1918 hatte
Schlegel ein Reichsratsmandat der Katholischen Volkspartei,
die nach 1918 mit den Christlichsozialen vereinigt wurde, inne. Zu
dieser Zeit kämpfte er als Mitglied der katholischen Fraktion
entschieden für das allgemeine und gleiche Wahlrecht. Anliegen waren
auch eine weitere Regulierung der Donau, ein forcierter Ausbau des
Rhein-Main-Donau-Kanals sowie eine gesetzliche Alters-, Invaliditäts-
und Arbeitslosenversicherung. 1909 gründete
Schlegel den Schutzverein "Ostmark", der den Verkauf von Bauernhöfen an Tschechen verhindern
sollte. 1903-1934 hatte er ein Mandat im oberösterreichischen Landtag inne, 1919 wurde er
Mitglied der Landesregierung und Landeshauptmannstellvertreter. Die
Christlichsozialen bestellten ihn zum Sprecher in Verfassungs- und
Grundsatzfragen sowie in Problemen des Finanzausgleichs. 1919-1934 war
er auch Finanzreferent des Landes.
Schlegel versuchte den Wiederaufbau nach
dem Krieg mit Hilfe von Auslandsanleihen voranzutreiben. 1927-1934 war
er Landeshauptmann von Oberösterreich Unter seiner Führung zählten die oberösterreichischen
Christlichsozialen zum demokratischen Flügel der Partei.
Schlegel lehnte alle Wehrverbände und faschistischen Tendenzen ab. Heftig angegriffen von den
Heimwehren, wurde er von
Dollfuß nach den Februarunruhen 1934 eher rüde von seiner Funktion abgelöst.
Schlegel trat erst wieder nach 1945 in Erscheinung, als Kanzler Figl ihn bereden konnte, das Amt des
Präsidenten des Rechnungshofes zu übernehmen. 1947 wurde er mit hoher
Mehrheit im Parlament bestätigt und übte hochbetagt diese Funktion bis 1953 aus.
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992