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Gebhard König: Zu Gast im alten Mödling#

Bild 'König'

Zu Gast im alten Mödling. Hotels, Kaffee- und Wirtshäuser anno dazumal. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach. 132 S. ill., € 22,90

Zur Biedermeierzeit war Mödling mit seiner Umgebung ein beliebtes Ausflugs- und Sommerfrischenziel. Zehnmal täglich brachten Stellwagen Gäste aus Wien - und wieder retour. Der wohl prominenteste Tourist, Ludwig van Beethoven, wollte hier sogar ein Haus kaufen. Die gastronomische Geschichte der Stadt reicht jedoch viel weiter zurück. 1443 ist ein "Bürgerspital" nachweisbar, das nicht nur kranke, alte und arme Menschen aufnahm, sondern auch Reisende beherbergte. Im 17. Jahrhundert befand sich der "Große Gasthof am Körnermarkt" im Besitz des Leibarztes von Kaiser Leopold I. Als Freihof musste das Haus keine Abgaben an den Markt leisten. Während der kaiserlichen Sommeraufenthalte in Laxenburg diente es als spanische und mailändische Hofkanzlei. 1864 gelangte es in den Besitz des Bürgermeisters Johann Novotny von Mannagetta, dem Vorbild des "Ochs von Lerchenau" in der Oper "Der Rosenkavalier". Zur Maria Theresianischen Zeit gab es in Mödling nur zwei Wirte.

Der vorliegende Bild-Text-Band stellt mehr als 170 Gasthöfe, Kaffeehäuser und Hotels vor. Er ist das jüngste Buch von Gebhard König, dem früheren Direktor der NÖ Landesbibliothek und Leiter der Gruppe Kultur, Wissenschaft und Unterricht beim Amt der NÖ Landesregierung. Der "überzeugte Mödlinger" verfasste zahlreiche Veröffentlichungen, wie Das Land um Wien(2013), Marchfeld-Atlas (2016) oder Mein altes Mödling (2018).

Der Autor beginnt den historischen Rundgang zu den Lokalen seiner Heimatstadt beim Bahnhofsrestaurant und dem gegenüber liegenden "Café Südbahn" mit einer südländisch anmutenden Terrasse, das später zum Hotel erweitert wurde. Es besteht ebenso nicht mehr wie das Hotel-Restaurant "Zur Eisenbahn". Über dessen Schicksal ist zu lesen: Im Mai 1959 opferte man das Gebäude dem Modernisierungswahn, es wurde gesprengt und abgerissen, um an seiner Stelle die neue Bezirkshauptmannschaft Mödling zu errichten. Der neue Gebäudekomplex, dem auch das benachbarte Schürff-Haus weichen musste, beherbergte neben dem Capitol-Kino ein modernes Restaurant und den neuen Brauhaussaal, der neben dem Gewerbesaal 'der' Veranstaltungsort in Mödling wurde. Doch auch das ist schon Geschichte. Nach der Übersiedlung des Amtshauses übernahm eine Baugesellschaft den Standort.

Auch die renommierte Touristen-Unterkunft "Zum weißen Rössel" wurde durch einen Geschäfts- und Wohnbau ersetzt. Das Hotel "Kaiser von Österreich" überlebte die modernisierungsfreudigen 1960er Jahre ebenfalls nicht. An seiner Stelle entstand der Neubau einer Bank, deren Mödlinger Filiale nicht mehr existiert. 1968 setzte ein Umdenken in Sachen Altstadtpflege ein. Als Auslöser gilt die drohende Demolierung des seit 1628 bestehenden Bäckerhauses. Die darin produzierten Kipfel waren so berühmt, dass sie "Kipfelreiter" abholten, um sie dem Kaiser zu bringen. Als 1969 die Bäckertradition endete, kaufte eine Baugesellschaft das historische Objekt und begann mit dem Abbruch. In letzter Minute rettete ein engagiertes Aktionskomitee zumindest den straßenseitigen Teil. Danach wurde die gesamte Altstadt mit einer Bausperre belegt und viele Gebäude saniert. Bausünden …. konnten allerdings nicht mehr rückgängig gemacht werden, bedauert wohl nicht nur der Autor. Zahlreich und von nostalgischem Reiz sind die Ansichtskarten, mit denen die Lokalitäten um die 1900-Jahrhundertwende warben. Die meisten wurden in diesem Buch erstmals veröffentlicht. Wenn moderne Aufnahmen gegenübergestellt sind, können deren Motive den historischen nicht standhalten.

Der Weg Von der Spitalskirche in die Vorderbrühl beginnt erfreulich. Der "Kursalon" ist bis heute ein Veranstaltungsort. Der Kurpark entstand 1873 beim landschaftlich reizvollen Durchbruch des Mödlingerbachs. Fürst Liechtenstein hatte das Gelände gewidmet, das prominente Gartenarchitekten gestalteten: Von Josef Selleny stammt das Konzept des Wiener Stadtparks, Wenzel Hybler plante den Jubiläumspark des Mödlinger Kobenzl. Während der Nachbarort Hinterbrühl eine selbständige Marktgemeinde ist (und daher leider im Buch nicht vorkommt) zählt die Vorderbrühl zu Mödling. Auf der dortigen Meiereiwiese befanden sich drei große Beherbergungsbetriebe. Das einstige "Grandhotel" dient im 21. Jahrhundert als Unterkunft für Asylanten. Das benachbarte Hotel "Zwei Raben" war ein beliebtes Ausflugsziel. Ludwig van Beethoven, der dort gerne einkehrte, bezeichnete die Gegend als "göttlich". Er soll hier seine elf Mödlinger Tänze komponiert haben. In dem 1837 von Fürst Liechtenstein errichteten Neubau spielten Strauß und Lanner zum Tanz. Der Fürst bewirtschaftete auf seiner Meiereiwiese das "Schweizerhaus" als Hotel-Restaurant sowie den "Föhrenhof" zu Füßen seiner romantischen Burgruine. In Mödlings Süden shätzten der "Ersten Mödlinger Radfahrer-Verein" und der "Bicycle-Club", den Sommerfahrplatz des Hotel-Restauranta "Zukunft" .

In Mödlings Norden waren im Restaurant "Goldenes Lamm" die Sänger vom "Anningerbund" zuhause, eine Wiener Tanzschule hielt darin Kurse ab. Als die Dampftramway Mödling erreichte, ließ der Wirt mit Bezug darauf einen Garten-Salon errichten. Später spielte hier ein Kinematograph, und der Glassalon wurde zum Wintergarten mit Heurigenbetrieb. Jenseits der Südbahngleise erstreckt sich die Schöffelvorstadt. Hier befand sich mit "Biegler's Hotel und Restaurant bald ein beliebter Sammelpunkt der besten Gesellschaft. Es stand im Besitz eines liberalen Mödlinger Gemeinderats. Hingegen war das Gasthaus Holecek Treffpunkt der "Naturfreunde" und des katholischen Volksbunds. Im Haus "Zur neuen Hühnerstiege" trainierten die Stemmer des Arbeiter-Athletenklubs.

Mödlings Ruf als Kurort begründete das Eisenmineralbad in der Pfarrgasse. 1915 besaß es ein Café-Restaurant und einen Theatersaal. Eine weitere Wasserheilanstalt befand sich um 1850 am Anningerabfall. In der Vorderbrühl bestand ein Sanatorium mit verschiedenen Badeeinrichtungen. Ursprünglich für lungenkranke Kinder gedacht, wurde es zu einem Erholungsheim für Rekonvaleszente und Nervenkranke. Auch dieses ehemals mondäne Gebäude wurde geschleift. Das letzte Kapitel Wanderbares Mödling widmet sich dem reizvollen Anningergebiet, dessen Gastronomiebetriebe allerdings nicht auf Mödlinger Gebiet liegen. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts galt der Anninger als "wilder Berg", der ohne Führer nicht bestiegen werden sollte…. Ein Prospekt des Jahres 1905 sprach von der lieblichsten und beliebtesten Sommerfrische Österreichs. Wenn auch die meisten der beschriebenen Lokalitäten nicht mehr bestehen, wäre das Buch doch ein guter Anlass, die ehrwürdige Stadt und ihre Umgebung zu besuchen und kennen zu lernen.

hmw