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Notiz 072: Drucksache#

von Martin Krusche

Es ist Jahre her, da konnte ich mir bei AVL List in Graz Objekte ansehen, die aus dem Bereich Instant Prototyping kamen. Filigrane Stücke, die teilweise auch farblich codiert waren, um verschiedene Temperaturbereiche kenntlich zu machen. Später hatte ich Gelegenheit, ein Unikat zu fahren, das zum Teil aus dem Computer kam, den Magna Mila. Das ist ein Konzeptfahrzeug. Ein Monoposto, mit dem man bei Magna Steyr in Graz gezeigt hat, wozu der Betrieb als Contract Manufacturer in der Lage sei. Dazu gehörte es, darzustellen, wie viel von der Autoentwicklung in die virtuelle Welt von Computersystemen verschoben werden kann, um den Prozeß zu optimieren.

Dieser Pinzi kommt aus dem 3D-Drucker, der Kuchen (noch) nicht. (Foto: Martin Krusche)
Dieser Pinzi kommt aus dem 3D-Drucker, der Kuchen (noch) nicht. (Foto: Martin Krusche)

Am meisten hat mich freilich vor nun fast 30 Jahren beeindruckt, wie da plötzlich sehr zarte und komplexe Architekturmodelle aus einem Drucker kamen. Inzwischen sind 3D-Drucker über sinkende Preise in privaten Büros angekommen. So nebenbei kann man erfahren, daß sich im Profi-Segment auch harte und weiche Stoffe zugleich verarbeiten lassen, um gemeinsam verschiedene Eigenschaften in ein Werkstück zu bringen. Sogar Lebensmittel können per Drucker verarbeitet werden. Es werden längst ganze Häuser ausgedruckt.

Wir hatten nun bei den drei Kulturtagen von Fokus Freiberg Helmut Haberl vom machquadrat zu Gast. Das ist ein Gleisdorfer Hackerspace. Hacker sind übrigens nicht die Leute, von denen in Systemen Schaden angerichtet wird. Das kriminelle Feld ist Sache der Cracker. Der Hacker macht aus vorgefundenen Materialien etwas Neues, tüftelt an Lösungen für aktuellen Bedarf.

Haberl machte Hacking folgendermaßen anschaulich: Ich möchte Toast, hab aber nur eine Kaffeemaschine zuhause. Also bau ich sie so um, daß sie Brot toastet. (Das ist nur ein Denkanstoß. Seiner Kaffeemaschine geht‘s gut.) Nun hatte Haberl seine Anlage im gleichen Raum aufgebaut, wie ich die kleine Ausstellung zu unserem Mythos Puch VI. Wir sprachen über allerhand Optionen.

Nach einer Weile kam er an, sagte, er habe so kurzfristig keine Datei für einen Haflinger finden können, aber dieser Pinzgauer sei es geworden. Über Nacht ließ er dann auch noch eine größere Version laufen. Ich hab den Kleinen zuhause zwischen zwei andere gelegt. Oben ein 6x6 im Maßstab 1:87, unten eine seltene Variante in 1:160. Der Pinzi aus dem Printer liegt also in seiner Dimension dazwischen.

Helmut Haberl vom machquadrat. (Foto: Martin Krusche)
Helmut Haberl vom machquadrat. (Foto: Martin Krusche)

Das sind vorerst flüchtige Eindrücke von einer Technologie, die dazu führen kann, daß Dinge meines Bedarfs bei mir ums Eck produziert werden. Das heißt, ganz egal, wo auf der Welt die Software für den Print erdacht und angefertigt wurde, ich kaufe das gewünschte Stück und hole es ein paar Gassen weiter ab.

Das sind auch schon Aspekte jener Entwicklung, die als Internet der Dinge beschrieben wird. Gegenstände kommunizieren eigenständig miteinander, selbstlernende Systeme organisieren Abläufe. Lassen Sie sich davon nicht in irgendwelche pessimistischen Terminator-Phantasien treiben.

Selbstverständlich werfen technische Innovationen auch soziale Probleme auf. Die lösen wir aber nicht, indem wir uns fürchten und Maschinen zerschlagen. Das hat schon Mitte des 19. Jahrhunderts nicht funktioniert, als automatische Spinnmaschinen und Webstühle der Anlaß für Weberaufstände und Maschinenstürmerei wurden.

Wir sollten uns um Wissen bemühen, sollten uns kompetent machen, wo die Menschen technisch inzwischen angekommen sind. So läßt sich klären, wie die aktuelle Koexistenz von Menschen und Maschinen geordnet ein sollte. Es läßt sich herausarbeiten, welche sozialen Bedingungen und kulturellen Konsequenzen damit verbunden sind. Daß bei all dem Fragen der individuellen Mobilität eine zentrale Rolle spielen, dürfte sich herumgesprochen haben.


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