Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

Notiz 002: Intro#

von Martin Krusche

Diese Blätter für unsere Session auf Schloß Freiberg zeigten ein paar markante Motive, mit denen sich der jüngere Teil des Weges in die Vierte Industrielle Revolution skizzieren läßt. Das habe ich mit der Caravela Vera Cruz auf dem Rio Tejo eröffnet.

Blätter für die Freiberg-Session zur Neuordnung von „Mythos Puch“. (Foto: Martin Krusche)
Blätter für die Freiberg-Session zur Neuordnung von „Mythos Puch“. (Foto: Martin Krusche)

Der Fluß, auch Tajo genannt, durchfließt unter anderem Toledo. Die spanische Stadt hatte sich einst nicht nur als Schwertschmiede Europas profiliert, sondern beherbergte auch regelrechte Übersetzungsbüros, dank derer wir einen Teil der antiken Texte Europas (Aristoteles etc.) aus der arabischen Kultur zurückbekamen, denn unsere Leute hatten diese Stoffe verloren.

Ferner kommen hier Erzherzog Johann von Österreich und Alexander von Humboldt vor. Untypische Aristokraten, die ihre Mittel und Möglichkeiten dem Wissensgewinn widmeten. Zwei Zeitgenossen, von denen Humboldt freilich der radikalere war, welcher erkennbar unter dem Einfluß der Französischen Revolution, der Aufklärung und der poetischen Ära von Sturm und Drang stand.

Johann von Österreich, Bruder eines Kaisers, blieb stärker gebunden, dem Herrscherhaus verpflichtet, war aber von unbremsbarem Tatendrang. Seine gut dokumentierten England-Reisen handeln unter anderem von einem Besuch bei James Watt.

Daher ein Blatt mit dem Foto von dessen Werkstatt in meinen Händen. Außerdem die erste Seite der Patentschrift No. 913 von 1769, in der man Watt’s Optimierung der Dampfmaschine dargestellt findet.

Dazu gehört dann George Stephenson's „Rocket“, jene Lokomotive, mit der er das Rainhill-Rennen von 1829 gewann. Ausdruck der Ersten Industriellen Revolution. Die zweite erfolgte als ein Automatisierungsschritt rund 80 Jahre später, und zwar gleichermaßen in Europa und Amerika.

Erzherzog Johann von Österreich, 1859 (Joseph Kriehuber, Public Domain)
Erzherzog Johann von Österreich, 1859 (Joseph Kriehuber, Public Domain)
Alexander von Humboldt, 1807 (Frédéric Christophe de Houdetot, Public Domain)
Alexander von Humboldt, 1807 (Frédéric Christophe de Houdetot, Public Domain)
Caravela Vera Cruz. (Foto: Lopo Pizarro, cc-by-sa-2.5)
Caravela Vera Cruz. (Foto: Lopo Pizarro, cc-by-sa-2.5)

Die dritte industrielle ist dann die Digitale Revolution. Dafür steht hier das Blatt mit dem Steuerpaneel des „Mailüfterls“. So der Name eines Computers, den Heinz Zemanek ab 1955 mit seinem Team in Wien baute. Es war der erste voll transistorgesteuerte Computer auf dem Kontinent, von dem die wuchtigen Röhrengeräte abgelöst wurden.

In den Grazer Puchwerken befand sich während der 1970er Jahre noch die „Rechenschieber-Generation“ bei der Arbeit. Ein Computer stand anfangs nur in der Buchhaltung. Mitte der 1970er Jahre kamen dann programmierbare Taschenrechner auf den Markt, unter denen der HP-65 von Hewlett-Packard als erstes massentaugliches Modell gilt.

Rund zehn Jahre später waren „Mikrocomputer“ erschwinglich, die als PC (Personal Computer) in unseren Haushalten ankamen. (Mein erster Computer war noch ein CP/M-Rechner, danach kaufte ich mir einen IBM-kompatiblen 8088er.) So hat meine Generation den Umbruch von der zweiten in die dritte industrielle Revolution erfahren und lebt nun in der vierten.

In der historischen Steyr-Daimler-Puch AG ist ein guter Teil dieser jüngeren Geschichte abgebildet. Darin wurde Ende des 19. Jahrhunderts das Niederrad („Safety“) der Hauptgegenstand einer sozialen Revolution, indem es eine neue Vorstellung von individueller Mobilität entstehen ließ.

Werkstatt von James Watt. (Foto: Frankie Roberto, CC BY 3.0)
Werkstatt von James Watt. (Foto: Frankie Roberto, CC BY 3.0)
Stephenson’s Lokomotive „Rocket“. (Foto: William M. Connolley, CC BY-SA 3.0)
Stephenson’s Lokomotive „Rocket“. (Foto: William M. Connolley, CC BY-SA 3.0)

In diesem Prozeß erwuchs mit dem Steyr Waffenrad ein spezieller Kultgegenstand, der auf einem Lizenzprodukt der Firma Swift (Coventry) beruht. Über Fahrräder mit Hilfsmotoren bildete sich bei uns durch neue Gesetze nach dem Zweiten Weltkrieg die Moped-Welt heraus, während Automobile langsam allgemein leistbar wurden. Das erhielt 1957 mit dem Steyr-Puch 500 seine steirische Ikone der Volksmotorisierung.

Mit der eingangs erwähnten Caravela Vera Cruz, einem Beispiel des einst revolutionären Schiffstyps Karavelle, ist ein prägendes Vehikel genannt, das die Geschäfte und Prozesse der Renaissance bewegte.

Freilich hat unsere Technologiegeschichte auch wesentliche Wurzeln in der Antike, birgt in der Bronzezeit wichtige Beispiele, hat frühgeschichtliche Dimensionen mit allerhand atemberaubenden Belegen.

Steuerpaneel des Computers „Mailüfterl“. (Foto: Reinraum, Public Domain)
Steuerpaneel des Computers „Mailüfterl“. (Foto: Reinraum, Public Domain)

Dieser neue Abschnitt von Mythos Puch wird solchen Zusammenhängen gewidmet sein, weil ich mir den weiteren Verlauf als eine kulturgeschichtliche Betrachtung mit künstlerischen Optionen vorstelle. Dabei möchte ich auch nächste Optionen des Wechselspiels zwischen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft überprüfen…