Der Rest eines Mäanders I#
(Wo Altarm und Raab zusammenkommen)#
Von Martin Krusche#
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Von Weiz her quert eine Bahntrasse die Grazerstraße. Diese Kreuzung war eben noch unbeschrankt, hat Ende 2022 eine Schrankenanlage erhalten. Daneben die Haltestelle für den Zug, neu gestaltet und merklich komfortabler als die alte Variante. In diesem Bereich blickt man nach Süden auf ein Gewässer, das breit genug ist, um es für die Raab zu halten. Ist es nicht, aber doch.
Ansässige kennen den Altarm der Raab. Angler nennen ihn „Vorfluter“. Das Flußbett verläuft, zwischen der Rückseite des Autohauses Neffe und dem Areal von Binder +co kurz am Bahngeleis entlang. Dann trennen sich die Wege und die Zugänge zum Wasser sind mit eingezäunten Privatgrundstücken belegt.
Also ging ich auf die Suche, wo ich ans Ufer gelangen könnte, ohne über einen Zaun steigen und durch jemandes Garten gehen zu müssen. So eine Stelle gibt es am östlichen Ufer. Ich hätte ein Buschmesser brauchen können, um halbwegs aufrecht durch das Dickicht zu kommen, von dem das Wasser dort gesäumt ist. Zum Glück ist der Treffpunkt dieses Altarmes mit der Raab nicht gar so weit südlich der frei begehbaren Passage, denn es schien mir, im weiteren Gestrüpp wäre ich steckengeblieben.
Ich fand die Stelle bewegend schön. Das gesamte Areal wirkt fremdartig und die Wasserfläche ist beeindruckend; wenn man nicht grade von der Donau herkommt, die ja eine völlig andre Dimension hat. Ich stelle es mir so vor. Dieser heutige Altarm war ein Mäander im einstmals normalen Verlauf der Raab.
Das große S#
Der Fluß kam seinerzeit sehr viel näher an das Kloster (später Bezirksgericht, heute leerstehend) heran. Die neue/aktuelle Raab-Brücke macht anschaulich, wo die Raab ansetzt, in einem großen S um das Areal von Binder +co herumzuführen. Dieses S wurde offenkundig durch den menschlich herbeigeführten Mäanderdurchstich entschärft. (Ich betone das, weil es auch natürliche Mäanderdurchbrüche gibt.)Da es in jenem Teil der Stadt immer wieder zu Überschwemmungen gekommen war, ist in den 1930ern dem Wunsch nach einem Mäanderdurchstich nachgekommen worden. Robert F. Hausmann und Siegbert Rosenberger haben dem Vorhaben in „Gleisdorf 1229-1979“ eine kleine Notiz gewidmet. Demnach konnte die Umleitung der Raab am 28.2.1939 gefeiert werden. Wie man sieht, ist dabei ein Teil des Mäanders erhalten geblieben und bis heute am südlichen Ende mit der Raab verbunden. (Ich nehme an, daß es einen nördlichen Mäander-Teil gab, der zugeschüttet wurde.)
Von Facebookies erfuhr ich, daß man dort in den 1950er Jahren gebadet hat. Spätere Hochwasser konnten allemal bis zur Bürgergasse (im Bereich der Klosterkirche) reichen. Der Frisiersalon Prassl war davon auf jeden Fall betroffen, das Autohaus Neffe gewiß auch. (Dort wurden ursprünglich landwirtschaftliche Geräte produziert und verkauft, Schabermühlen und Obstpressen.)
Wo ein natürlicher Flußlauf mit den Interessen von Menschen kollidiert, kann es eben zu größeren Eingriffen, zu Regulierungsmaßnahmen kommen. Dem stand seinerzeit gegenüber daß viele bäuerliche Betriebe in jener Zeit, bevor Kunstdünger allgemein verfügbar war, von Überschwemmungen profitierten. Das Wasser brachte vieles mit, wodurch die Böden furchtbar sein konnten.
- Die Raab (Eine Erkundung)
- Wasserstand (Das regionale Netzwerk in ausgewählten Stationen)