Die Convention: Die Sache mit dem Logo#
(Über Vertrautes hinausdenken)#
von Martin KruscheWinfried Lechner ist Architekt, überdies Projektleiter des Vorhabens „Archipel Gleisdorf“. Das bedeutet unter anderem, er ist mit der Entwicklung und Umsetzung von Projekten in einer Größenordnung befaßt, wie sie innerhalb der „Inititiativenszene“ praktisch nicht vorkommt.
Das ist zum Beispiel deshalb von Belang, weil wir derzeit debattieren, wie ein gemeinsames Vorhaben ganz konkret funktionieren soll. Ein Vorhaben, in dem sehr verschiedene Milieus eine verbindliche Wechselwirkung suchen. Wir saßen eben an einem Tisch, weil Künstlerin Monika Lafer und ich uns mit Kulturmanagerin Eva Brandstätter getroffen hatten, um die Möglichkeiten einer Kooperation zu erörtern.
Ich bin seit der zweiten Hälfte der 1970er Jahre damit vertraut, was heute als „freie“, beziehungsweise „autonome“ Initiativenszene beschrieben wird, bin aktiver Teil dieser Entwicklung. Aber wie frei oder wie autonom kann eine Kultureinrichtung sein, die recht bald nur noch durch erhebliche Kofinanzierung aus öffentlicher Hand existiert?
Ich würde da von einem staatsnahen Betrieb sprechen, was bedeutet: Mit dieser Auflassung bin ich in meinem Milieu nicht gerade beliebt. Nun diskutieren wir also die Möglichkeiten anderer Modi, was zum Beispiel bedeutet, mit erfolgreichen Wirtschaftstreibenden gemeinsame Interessen zu finden. Und zwar nicht nach dem simplen Muster: „Seien Sie mein Sponsor!“ Da müssen ja noch andere Übereinkünfte möglich sein.
Ich erlebe dabei einerseits, daß ich in Arbeitsgesprächen für Augenblicke gegen eine Mauer renne, weil in einem anderen Milieu die Codes, Prioritäten und daher auch Strategien sich fundamental von dem unterscheiden, was auf meiner Baustelle üblich ist. Andrerseits bekomme ich immer wieder grundlegende Denkanstöße zu Themen, über die ich vorher noch nicht nachgedacht hab.
Dieser Text gehört zur Leiste „Convention“, die mit zwei Bereichen wachsen soll: a) Features über die Betriebe, mit denen wir eine Kooperationssituation haben, und b) dieses Feuilleton für laufende Erzählungen. Ich hab es eingeführt, weil ich Logo-Leisten oder Logo-Wände als nicht zufriedenstellend empfinde.
Winfried Lechner sagte nun, ein Logo sei wie eine persönliche Unterschrift. Das ist mir bisher noch nie durch den Kopf gegangen. Lechner: „Man muß sich das gut überlegen, wo man sein Logo hinsetzt.“ Denn das könne in diesem oder jenem Kontext auch Effekte auslösen, die man nicht haben möchte. „Und die kriegst du dann nur sehr schwer wieder weg.“
Lechner betont auch: „Durch die Social Media verändern sich die Gewohnheiten unserer Wahrnehmung komplett.“ Man sollte demnach ein Logo und dessen Einsatz sehr ernst nehmen, sehr bewußt handhaben. Da hab ich nun einiges zum Nachdenken, denn in meinem Milieu haben Logos hauptsächlich den Geruch einer lästigen Bürde, die uns für Deals aufgezwungen wird.
Das wird kaum je deutlicher als etwa bei einer Printpublikation, die mit EU-Mitteln des EADER-Programmes kofinanziert wird. Das Reglement sieht vor, daß eine ganze Leiste mit mehreren Logos auf des Frontcover gesetzt werden muß. Muß! In völliger Ignoranz des künstlerischen Konzepts einer Covergestaltung. Vergleiche ich das mit Lechners Ansicht, wird mir klar, daß die Behörde auf eine kluge Kommunikation nach außen offensichtlich nichts gibt, sondern einfach ihr Marke wo draufhaut. (Das wäre als Denkanstoß auch in kommunalen Bereichen anregend.)
Postskriptum: Mythos Puch#
Es gibt auch Kooperationspartner, die wollen überhaupt nicht vor den Vorhang kommen. Ich wurde direkt von diesem Meeting von einem Sammler abgeholt, um eine spezielle Rarität näher in Augenschein nehmen zu können. Er ist geneigt, an unserem „Bankett der alten Meister“ teilzunehmen, aber er wünscht keine Medienpräsenz. Der Mann restauriert gerade seinen Puch Alpenwagen.Johann Puch gilt als steirischer Parade-Industrieller. Und zwar nicht bloß in dem, was er erreicht hat, sondern auch mit seiner Lebensgeschichte. Der untersteirische Keuschlerbub (aus der Gegend um Ptuj), also ein ethnischer Slowene, wurde zum tüchtigen Handwerker und schließlich zum erfolgreichen Unternehmer, dessen eingedeutschter Familienname bis heute als ein Stück steirischer Folklore wirkt.
Es sind aus den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg annähernd keine Puch-Automobile erhalten geblieben. Ich weiß in Österreich von gerade einmal sieben Puch-Wagen. Fünf davon habe ich schon aus der Nähe gesehen, nun eben den sechsten, diesen Puch XII Alpenwagen. Ein über hundert Jahre altes Automobil (Baujahr 1919). Das sind Zusammenhänge, in denen wir unter anderem über altes Handwerk zu reden haben, von dem uns inzwischen immer mehr verloren geht.
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